Zurück in Virgin River (German Edition)
lag es einfach nur an seiner Einsamkeit oder daran, dass sie so weit von ihm weg war. Oder vielleicht war er unwillig, sich mit ihrer Karriere zu arrangieren. Vielleicht hatte er, egal, was er offiziell behauptete, tatsächlich von ihr erwartet, dass sie eine so fantastische Rolle sausen ließ, um bei ihm zu bleiben, und ihm ihre Liebe zu beweisen. Wenn sie an die Männer dachte, denen sie im Laufe ihres freien und unabhängigen Lebens schon begegnet war, konnte sie nur sagen: Pffff, komm drüber hinweg. Jeder hat nur ein Leben, Kleiner, und das trifft nicht nur auf Männer zu.
Genau das wollte sie ihm sagen, falls sich herausstellen sollte, dass er einfach auch nur einer von diesen schwierigen Männern war, die immer nur die erste Geige spielen wollten. Und wenner einer dieser Kerle war, die davon ausgingen, dass sie ihren Beruf, ihr Selbstbewusstsein und ihr Bedürfnis etwas zu erreichen, selbstverständlich hinten anstellte. So hatte sie Walt jedoch bisher nie eingeschätzt. Walt war anders als die anderen. Das hatte sie schon bei ihrer ersten Begegnung gespürt. Er hatte alle Eigenschaften eines Alphamannes – er war groß, stark, heldenhaft, herrisch und dominant. Und dann hatte sie ihn mit seiner Tochter und seinem Enkel erlebt und festgestellt, dass er so viel mehr war. Er war extrem zärtlich, loyal und zuverlässig, sodass sie ihn auf der Stelle umarmen und nie mehr loslassen wollte.
Muriel hatte sich entschlossen, ihre zehntägige Auszeit in Virgin River zu verbringen, um herauszufinden, ob Walt einfach nur so war wie alle anderen, oder ob er vielleicht nur ein bisschen einsam war und ein wenig Bestätigung gebrauchen konnte. Sie hatte sich diese Pause verdient. Und Walt, dachte Muriel, hatte einen Vertrauensbonus verdient.
Der Pilot ihres Privatflugzeugs hatte etwas herumgefragt und ihr eine Mitfahrgelegenheit organisiert. Sobald sie zu Hause ankam, rief Muriel Walt an. Doch niemand hob ab. Lieber Himmel. Hollywood mochte ja total oberflächlich sein, aber dort gab es wenigstens Handys!
Muriel suchte nach ihren Schlüsseln und fuhr schließlich mit ihrem Jeep in die Stadt. Ah, da war er – Walts Wagen parkte vor Jacks Bar. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es vermutlich Zeit fürs Abendessen war. Im Jack’s war es nie sehr laut. Muriel nahm den Hut ab, zerzauste sich mit den Fingern das Haar und schaute sich in der Bar um. Dann entdeckte sie Walts breiten Rücken. Er saß an der Bar und unterhielt sich mit seiner Nichte Shelby. Hinter ihnen stand Luke, der Shelby die Hand auf die Schulter gelegt hatte. Auf der anderen Seite von Walt saß Paul. Er hob ein Bierglas an den Mund.
„Hallo, wen haben wir denn da?“, hörte Muriel Jack sagen, und prompt sah der ganze Laden in ihre Richtung.
Muriel achtete schon seit Jahren auf die Mimik und Gestik ihrer Mitmenschen. Beides richtig zu interpretieren war wichtigfür ihre Arbeit, wo es auf kleinste Bewegungen und Blicke ankam. Walt lächelte zwar nur wenig, aber sein Blick war warm und zärtlich. Dennoch war Shelby die Erste, die es nicht mehr auf dem Hocker hielt. „Muriel! Was machst du denn hier?“
Muriel umarmte Shelby. „Ich lege immer mal gerne eine Drehpause ein. Wie geht’s dir?“
„Sehr gut! Aber was ist mit dir? Ist deine Arbeit sehr aufregend?“
Muriel lachte. „Nein, Süße. Sie ist eher ziemlich profan. Immerhin beschäftigt sie mich sechzehn Stunden am Tag, und danach bin ich ziemlich erledigt.“ Sie ging Arm in Arm mit Shelby auf die Männer zu. „Walt, ich habe versucht, dich zu erreichen. Du warst nicht zu Hause, und deshalb bin ich hierhergekommen.“
„Gut geraten“, sagte er und beugte sich zu ihr. Er schlang einen Arm um ihre Taille und gab Muriel einen Kuss auf die Wange.
Ah, das war es. Sie spürte seine Erregung. Er war froh, dass sie da war. Vielleicht sogar erleichtert. Sie wollte ihm vor den anderen nicht in die Arme fallen, deshalb wandte sie sich Luke zu. „Wie geht’s dir? Wie ich sehe, hat er dich doch nicht erschossen.“
Lachend schüttelte Luke den Kopf. „Noch nicht. Doch ich bin immer noch auf der Hut und rechne jederzeit damit.“
„Du lieber Himmel, ich übrigens auch!“, sagte Paul und nippte an seinem Bier.
Jack grinste. „Womit kann ich dir eine Freude machen, Muriel?“
„Wie wäre es mit einem Bier? Oder was auch immer du meinst.“
„Schon erledigt“, sagte er und legte ihr einen Untersetzer hin.
„Wie geht’s deiner Familie, Jack?“
„Großartig. Mel ist ganz besonders
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