Zwischen Mond und Versprechen
Peter freut sich, dass er auf die Junction High gehen kann. «
Peter machte definitiv nicht den Eindruck.
Officer Kent fügte noch hinzu: » Schulversager können wir hier nicht gebrauchen. «
» Von wegen « , murmelte der andere Junge– der laut Namensschild Maximilian hieß.
Der älteste der drei Männer gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf, anscheinend im Spaß, aber ich spürte, dass es eine Drohung war.
Ich nahm den Stundenplan und verglich ihn rasch mit meinem eigenen. Ich sah den Polizisten, dann Peter und dann wieder den Stundenplan an. Dann hielt ich Mr Maloy den Schülerpass hin. Während er unterschrieb, blieb mein Blick wieder an Peter hängen. Er schaute finster vor sich hin, ganz anders als der Ältere, der immer noch ein breites Lächeln zur Schau stellte.
Ich hätte Mr Maloys Unterschrift doch fälschen sollen.
» Okay « , sagte ich mehr zu mir als zu meinem stummen Schützling. » Wir sind beide in Ashtons Literaturklasse. Dann gehen wir gleich mal dorthin. «
Peter nickte kurz, doch seine versteinerte Miene verriet völliges Desinteresse.
Wir verließen das Büro. Meine Neugier unterdrückend zeigte ich ihm unterwegs die Orte, die für ihn als Schüler der Junction High wichtig waren. Ich erklärte ihm alles Mögliche, bis meine Arme ermüdet und mein Mund ganz trocken war. Er sagte die ganze Zeit kein Wort. Reagierte höchstens einmal mit einem Nicken. Toiletten, Bücherei, Cafeteria, Kunstsaal, Kiosk, Musiksaal, Turnhalle, Sekretariat, Krankenzimmer und… Nachsitzraum.
Ich sah ihn von der Seite an und überlegte. So ein Typ konnte schneller als man dachte dort landen. Er hatte diesen gewissen Blick, der Ärger verhieß. Und außerdem war er in Polizeibegleitung gekommen. Aber gefährlich war er wohl nicht… die Cops hätten mir bestimmt keinen echten Kriminellen anvertraut, oder? Ich ging weiter und redete und redete, vergrößerte aber langsam den Abstand zwischen uns.
Falls er es bemerkt hatte, ließ er sich nichts anmerken.
Der Gedanke, er könnte gefährlich sein, machte mich nervös. Und wenn ich nervös werde, fange ich an zu plappern. Ich sah mir noch mal seinen Stundenplan an. » Ach, du heißt gar nicht Peter « , bemerkte ich und überlegte, ob ich den Namen richtig aussprach. Huch. P-i-e-t-r. » Pi-eter … «
Er zuckte zusammen.
Ich versuchte es nochmal. » Äh, also Pieh-je-ter… «
Er starrte mich an.
» Pij-eter? « , probierte ich. Ich gab mir ernsthaft Mühe. Das hatte Mr Maloy mal wieder fein hingekriegt. Ich setzte zu einem weiteren Versuch an, aber er hob seine Hand und starrte mich an, als wäre er völlig schockiert. Oder als hätte er Schmerzen. Ich merkte, wie meine Ohren knallrot anliefen.
» Ich habe noch nie so viele– kreative– Aussprachevarianten meines Namens gehört. « Er lächelte, aber nur flüchtig. » Pieter « , sagte er. » Es wird wie Pieter ausgesprochen. Nur die Schreibweise ist etwas anders. « Er riss sich das falsch geschriebene Namensschild ab und zerknüllte es.
» Oh. « Womöglich war er doch nicht gefährlich… » Komisch « , sagte ich plötzlich. » Es schreibt sich nämlich ganz ähnlich wie mein Troststein… « Ich kramte in meiner Hosentasche und zog den großen, flachen Stein hervor. Goldene, silberne und milchig-weiße Schlieren zogensichdurch dunkles Blau. » Das ist ein Pietersit. P-I-E-T-E-R . « Ich hielt ihn auf meiner flachen Hand und glaubte, ein interessiertes Flackern in seinen Augen zu sehen.
» Ein Troststein? «
» Das war eine Idee von meinem Dad. Man nennt ihn auch Sturmstein. Angeblich hilft er einem, mit großen Veränderungen im Leben besser fertigzuwerden. Ach, und mit der Gallenblase, glaube ich. Oder der Milz. « Ich zuckte mit den Schultern und steckte ihn wieder in meine Tasche. Der Junge sah jetzt eindeutig interessiert aus. Vielleicht hatte er Probleme mit der Milz?
» Und was denkst du, wofür er gut ist? «
» Wenn ich gestresst bin, reibe ich daran. « Ich zuckte wieder mit den Schultern. » Und nun ja, wie schon Shakespeare sagte: ›Was ist ein Name?‹ «
Er sah an mir vorbei. » Romeo und Julia. Ich hasse dieses Stück. «
» Na ja. « Wie konnte jemand, der auch nur ein bisschen Geschmack besaß, diesen Klassiker hassen? » Ich finde, ein guter Dichter sollte die Gefühle des Lesers ansprechen können. « Ich ging weiter und hoffte, dass er mir zuhörte. Selbst wenn er mich direkt ansprach, wirkte er distanziert. Unerreichbar. Als ob ihn das alles nichts anging.
Was war mit
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