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Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Titel: Zwischen Olivenhainen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Wirthl
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dann paddelte sie los, als hinge ihr Leben davon ab. Und vielleicht tat es das ja auch. Er sollte sie nicht zurückholen. Nicht gegen ihren Willen.
    Vergiss es, dachte sie trotzig und bahnte sich weiter ihren Weg durch die Wellenkämme. Bestimmt pflaumte Raffaello jetzt seine Männer an, warum sie denn den Fluchtversuch des Mädchens nicht bemerkt hätten und drohte ihnen, sie zu entlassen. Einige Meter hinter ihr schlug etwas laut platschend auf dem Wasser auf. Scheiße, dachte Leslie panisch, jetzt hat er Lorenzo oder Roberto ins Wasser geworfen! Sie schwamm, so schnell sie konnte und bekam kaum noch Luft, weil ihr eine Welle nach der anderen ins Gesicht klatschte. Ihre Beine fühlten sich allmählich an wie Pudding. Und sie taten weh. Verflucht.
    „Leslie!“ Zu Tode erschrocken riss sie die Augen auf – ihr war gar nicht bewusst gewesen, dass sie sie geschlossen hatte. Raffaello war vor ihr aufgetaucht, schnell und unsichtbar wie ein Hai. Sein sonst so widerspenstiges Haar klebte nass an seinem Kopf. Er spuckte einen Schwall Wasser aus.
    „Verdammt, was soll das, Leslie?!“, fuhr er sie an. „Du kommst jetzt sofort wieder mit mir zurück!“
    „Ich denke gar nicht dran!“, rief sie erschöpft. Erneut schlug ihr eine große Welle ins Gesicht. Sie hustete ihm Wasser über den Kopf.
    „Ich komme nicht mit! Nur wenn du mich höflich bittest und es irgendwie schaffst, dass ich dir verzeihe, dass du mich entführt hast! Außerdem hast du keine Pistole wie dieser Lorenzo!“
    „Ach nein?“, entgegnete er. Au Backe, das hätte sie nicht sagen dürfen. Er zog seine Waffe aus dem Gürtel. Er war doch tatsächlich voll bekleidet ins Wasser gesprungen.
    „Sie ist geladen, Leslie“, sagte er und irgendetwas in seinem Tonfall ließ sie nicht daran zweifeln. „Also komm bitte mit mir, damit du in Sicherheit bist.“ Fast flehend sah er sie an, während sie auf der Stelle schwammen und von den Wellen auf und nieder getragen wurden.
    „Bitte, Leslie.“ Er sah sie genauso verzweifelt an, wie vor einem Jahr, als er sie geküsst hatte. Sie fluchte innerlich. Zögerte.
    „Wer garantiert mir, dass du mich nicht erschießt?“, fragte sie. Er hob die Waffe. Sicherte sie und steckte sie zurück in seinen Gürtel. Wobei sie das nicht wirklich beruhigte.
    „Ich will dich nicht erschießen“, sagte er und raufte sich verzweifelt die Haare. „Verdammt, ich will, dass du in Sicherheit bist und –“.
    „Vor wem in Sicherheit?“
    „Ich sagte doch, ich erkläre dir alles nachher.“
    „Hm“, machte sie. „Na gut …“
    Verdammt. Er hatte es schon wieder geschafft, dass sie ihm folgte. Ohne zu widersprechen, schwamm sie ihm nach auf die protzige Jacht zu, die die Maschinen gestoppt hatte und jetzt ruhig im Wasser lag.

35
    Sobald sie wieder an Deck angekommen waren, hatte Raffaello ihr die Kajüte, besser gesagt, die Suite, in der sie schlafen würden, gezeigt. Das Zimmer war groß, hell und um Einiges komfortabler als ein Hotelzimmer der besten Klasse.
    „Schlafen?!“ hatte Leslie erschrocken ausgerufen, aber Raffaello hatte nur gemeint, dass sie einen Tag lang unterwegs sein würden. Einen Tag und eine Nacht. Leslie hatte vorsichtshalber darauf verzichtet, ihn danach zu fragen, wo sie hinfuhren. Jetzt saß sie mit ihm an einem Tisch unter Deck und stocherte in den Gnocchi mit Tomatensoße herum, die ihnen ein Kellner gebracht hatte.
    Es dämmerte bereits, von der langen Fensterfront aus konnte man hervorragend die untergehende Sonne sehen, das hellblaue, mit Gold überzogene Mittelmeer und einige Möwen, die kreischend über den niedrigen Wellen kreisten. Es war beinahe schon kitschig. Beunruhigt, weil Raffaello so lange nichts gesagt hatte, spielte Leslie mit ihrer Kette herum.
    „Trägst du sie immer?“, fragte er irgendwann lächelnd. Sie nickte und ließ den Olivenzweiganhänger und die kleine Muschel los und linste zu ihm hin.
    „Du wolltest mir da was erklären“, sagte sie und musterte ihn aufmerksam. Fast machte er den Eindruck, als habe er die ganze Zeit über gehofft, dass sie es vergessen hätte. Da hatte er sich geschnitten. Aber gewaltig. Er seufzte und schaute aus dem breiten Fenster.
    „Ich kann dir eigentlich nicht viel sagen“, sagte er. „Geschäftliche Dinge oder etwas, das die ‚Familie‘ betrifft, sollten wir beide nicht besprechen.“
    „Hmpf“, grummelte Leslie verärgert. Sie hatte nichts Anderes von ihm erwartet.
    „Vielleicht sollte ich dich aber wirklich informieren.

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