Zwischen Olivenhainen (German Edition)
gemeint.“
„Was dann?“ Er klang wirklich gekränkt. Shit .
„Naja, ich werde nicht aussagen, weil ich … dich …“ Sie stockte. Traute sich nicht, es auszusprechen. „Weil ich dich so … mag.“ Sie spürte, wie sie knallrot anlief.
„Du ‚ magst ‘ mich?“ sagte er und hob eine Augenbraue. Ach, verflucht!
„Ja. Nein, ich –“
„Zerbrich dir nicht die Zunge.“ Er grinste und trank einen Schluck Wein. Leslie atmete erleichtert auf.
„Ich will nicht gegen dich aussagen“, sagte sie mit fester Stimme.
„Das ist gut“, sagte er lächelnd.
„Ist es das?“
„ Sì . Das bedeutet, dass ich die Salzsäure wegschütten und meine geschmierten Richter dazu bringen kann, die Verhandlung abzublasen.“
„Was?!“
Aber er lachte bloß laut auf.
„Nicht witzig“, knurrte Leslie, aber er schien sich köstlich zu amüsieren. Ob er tatsächlich die Wahrheit gesagt hatte oder nicht, darüber dachte sie am besten gar nicht erst nach. Scheinbar fand er seine Mafiawitze urkomisch – und Leslie fragte sich, wie viel Wahrheit in ihnen lag.
„Wo fahren wir hin?“, fragte sie nach einer Weile.
„Ans Festland. Kalabrien erst, an die Küste, von dort werden wir weiter ins Landesinnere fliegen.“
„Wohin?“
„Zu einem Freund“, sagte er nur. So nannten sie es auch immer in Filmen. Die Parallelen waren beinahe erschreckend.
Am nächsten Morgen zog Raffaello ihr die Decke weg, um sie zu wecken. Gähnend rappelte sie sich auf und blickte auf die Uhr. Viertel vor vier. Die Sonne war noch nicht einmal richtig aufgegangen.
„Warum so früh?“, knurrte sie. Raffaello zog die Vorhänge vor dem breiten Fenster, das den Blick auf das Meer und den Hafen, der in sichtbarer Nähe lag, freigab.
„Es ist nicht nötig, dass uns jemand sieht“, sagte er. „Beeil dich, wir fliegen bald ab.“ Dann war er verschwunden. Er schien es ziemlich eilig zu haben.
Leslie blies sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, dann stand sie auf und schaute aus dem Fenster. Am Horizont war bereits ein schwacher, goldener Schimmer zu sehen, in einiger Entfernung leuchteten helle Lichter im Hafen von Kalabrien zu ihnen herüber. Leslie seufzte. Jetzt war sie eindeutig nicht mehr auf Sizilien. Und sie schätzte, dass sie da auch nicht mehr so bald hinkommen würde, wenn es nach Raffaello ging. Was sie betraf, so hatte sie sich fest vorgenommen, nicht länger als drei Tage im Haus von Raffaellos ‚Freund‘ zu verbringen. Sie würde auf eigene Faust zu Anne zurückkehren, da konnte er machen, was er wollte. Aber es sollten mehr als nur drei Tage werden.
Ein Stück abseits des Hafens erwartete sie ein Helikopter. Als Leslie das riesige, schwarze Ding erblickte, fiel ihr die Kinnlade herunter. Sie war in Begleitung von Roberto von Bord gegangen. Eigentlich hatte sie gehofft, dass Raffaello sie begleiten würde, doch der schien zu beschäftigt zu sein.
„Wow“, machte Leslie, als Roberto sie auf den Helikopter zuschob, „was für ein Riesenteil!“
„Steigen Sie hinten ein!“, rief er gegen den entsetzlichen Lärm, den die Rotorblätter veranstalteten, an. „Signor Ruggiero wartet schon auf Sie! Viel Glück“
Leslie blickte sich verwirrt um. Wie war Raffaello unbemerkt an ihr vorbeigekommen? Sie blickte Roberto nach, der jetzt mit Lorenzo, dem Auftragskiller, und einigen anderen Männern in einen schwarzen Wagen stieg, von denen drei um den Hubschrauber verteilt parkten. Einige Wachen standen daneben, die Hände schießbereit am Gürtel. Was für ein Aufstand. Aber langsam fing sie an zu begreifen, wie wichtig Raffaello in seinen Kreisen zu sein schien. Und mächtig. Er war ihr mit einem Mal so unbekannt und fremd, dass sie fast schon Angst bekam.
Er erwartete sie tatsächlich im Inneren des Helikopters. Die Rotorblätter ratterten laut über ihrem Kopf und fegten ihr das lange Haar aus dem Gesicht, als sie einstieg. Dann wurden die Türen geschlossen und sie war allein mit Raffaello. Zögernd schnallte sie sich an. Sie hoben vom Boden ab. Als Leslie aus dem Fenster blickte, sah sie, wie alle drei Autos wie auf ein unsichtbares Signal hin losfuhren und hintereinander in den dunklen Straßen verschwanden. Ohne Scheinwerferlicht.
Sie lehnte sich zurück und atmete tief durch. Und hatte das Gefühl, dass von nun an nichts mehr so laufen würde, wie sie es sich vorgestellt hatte. Es war beinahe unerträglich, so ahnungslos zu sein. Sie spürte Raffaellos Blick, der auf ihr ruhte, sah aber nicht zu ihm auf. Nach
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