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086 - Spukschloss im Mittelpunkt der Erde

086 - Spukschloss im Mittelpunkt der Erde

Titel: 086 - Spukschloss im Mittelpunkt der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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    Seit dem Tod ihres Mannes lebte sie allein in dem einsamen alten
Haus am Meer. Petulia Mansing stand am Fenster mit Blick zu der riesigen Wasserfläche. Von ihr war allerdings
um diese Zeit und bei diesem Wetter nicht viel zu sehen. Es war Abend und
regnete in Strömen. Was sich vor ihren Augen ausbreitete, war eine einzige
schwarzgraue Atmosphäre. Der Himmel, die Erde und das Meer ...
    Dies alles verstärkte den Eindruck der Einsamkeit noch. Es war schwer
sich vorzustellen, dass jemand in dieser
Abgeschiedenheit, zumal dann, wenn er allein lebte, sich wohl fühlte. Bei Petulia Mansing , die nicht mehr wusste , ob sie fünfundsechzig, achtundsiebzig oder
dreiundachtzig Jahre zählte, schien dies jedoch nicht zuzutreffen. Sie spürte
ihr Alleinsein nicht, schien nie darüber nachzudenken. Dazu trug mit Sicherheit
bei, dass die Frau mit der stets gepflegten
Hochfrisur seit ihres Mannes Tod ein Sonderling war. Sie ging nur noch an den
Markttagen in die rund drei Meilen entfernte Stadt. Cromer lag direkt am Meer, und Petulia Mansing fuhr die Strecke mit dem Fahrrad.
    In der Hauptsache ernährte sie sich von den Vorräten, die sie
selbst einkochte, und von Obst und Gemüse, die der große, verwilderte Garten
lieferte. Petulia Mansing war eine eigenwillige und eigenartige Person. Sie lebte in ihrem kleinen Haus
mit einem großen Aufwand an Arbeit. Die Tafel im Speisezimmer war stets perfekt
gedeckt mit feinsten Kristallgläsern, edlem Porzellan und Besteck in Stirling -Silber. Petulia Mansings Mann war bereits seit drei Jahren tot, aber noch
immer deckte sie seinen Platz mit und unterhielt sich mit dem unsichtbaren
Gast, der zu seinen Lebzeiten am anderen Ende der Tafel gesessen hatte. Die
Frau hatte in ihrem Lebensablauf nichts geändert. Sie deckte abends das Bett
auf, pflegte ihres Mannes Kleider und hielt Zwiesprache. So auch jetzt wieder
...
    Petulia löste sich vom Fenster und näherte sich der offenen Tür zum Speisezimmer. Es
lag parallel zur Bibliothek, in der sie sich bis jetzt aufgehalten und in die
sternenlose, windige Regennacht gestarrt hatte.
    »Einen Moment noch, Tommy ...«, rief sie in den Raum, dessen
Fenster mit schweren, dunkelroten Samtvorhängen geschlossen waren. »Ich bringe
sofort die Suppe ... du kannst schon deinen Platz einnehmen ...« Die alte
Standuhr schlug siebenmal. Dumpf hallten die Schläge durch das schummrige Haus. Petulia Mansing blieb
stehen und fasste sich an die Stirn.
    »Oh, Tommy, entschuldige ... ich hab ganz vergessen, die Kerzen
anzuzünden ... ich mach es sofort. Aber du hättest es in der Zwischenzeit auch
tun können. Du bist sehr faul, Tommy Mansing ...
diesen Vorwurf kann ich dir nicht ersparen .«
    Die Frau seufzte und lief in den halbdunklen Raum. Der lange Tisch
war bereits gedeckt. Die Witwe nahm ein Päckchen Zündhölzer aus dem Wandschrank
und zündete die halb heruntergebrannten Kerzen auf dem Kandelaber an. Sie
spendeten warmes, gemütliches Licht und bewirkten eine angenehme Atmosphäre. Petulia Mansing zündete auch die
beiden Silberleuchter auf dem Tisch an und nickte dann in Richtung des
dunkelrot gepolsterten, hochlehnigen Stuhls.
    »So ist's recht, Darling ... mach's dir nur bequem .« Sie lächelte dem leeren Stuhl zu. »Rat mal, was für eine
Suppe es heute Abend gibt ?« ,
fragte sie dann beiläufig, während sie die Schachtel mit den Zündhölzern
pedantisch genau wieder an die Stelle legte, von wo sie sie genommen hatte.
    »Ach ...«, fuhr die Frau fort und schüttelte verwundert den Kopf.
»Das ist aber sonderbar .« Sie unterbrach sich und
blickte auf ihre Hand. »Willst du mich denn nicht fragen, was ich sonderbar
finde? Du musst nicht immer so schweigsam sein ...
Schau her, ich will es dir trotzdem sagen ... Ich habe die Schachtel mit der
linken Hand in den Schrank zurückgelegt. Das ist wirklich merkwürdig, nicht
wahr? Ich war noch nie linkshändig .« Kopfschüttelnd
ging sie in die Küche, wo der Topf mit der Suppe auf der Herdplatte stand. In
der Backröhre befanden sich die Pasteten.
    »Nun, Tommy«, rief Petulia Mansing durch das stille, düstere Haus, »kannst du dir
denken, was für eine Suppe es heute gibt ?« Sie hob
verschmitzt lächelnd die Augenbrauen. »Nein, keine Ochsenschwanzsuppe, die
gab's doch erst vor zwei Tagen! Ja, ich weiß, dass du
die besonders gern magst. Aber du isst auch andere
gern. Rate weiter ... auch keine Hühnersuppe ... aber mit Geflügel hat sie zu
tun ... Du bist schon ganz nah dran ...« Während sie ihr

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