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Julia Quinn

Julia Quinn

Titel: Julia Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mit List und Küssen
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Prolog
    Marcus Holroyd
war ein einsames Kind.
    Als er vier Jahre alt war, starb seine
Mutter, was sich jedoch erstaunlicherweise kaum auf sein
Leben auswirkte. Die Countess of Chatteris sorgte für ihren Sohn genau so, wie ihre Mutter sich um ihre Kinder gekümmert hatte – aus der Ferne. Dabei war sie
nicht leichtfertig: Sie gab sich vielmehr größte Mühe, für den kleinen Erben
ihres Gatten die beste Kinderfrau aufzutreiben, die es gab. Miss Pimm war
jenseits der Fünfzig und hatte bereits die Erben zweier Herzöge und eines
Viscounts versorgt. Lady Chatteris hatte ihr Baby in Pimms Arme gelegt, die
Kinderfrau noch rasch daran erinnert, dass der Earl keine Erdbeeren vertrug,
das Baby also wohl auch nicht, und sich dann erleichtert in die Vergnügungen
der Londoner Saison gestürzt.
    Marcus hatte seine Mutter bis zu ihrem Tod genau sieben Mal zu
Gesicht bekommen.
    Lord Chatteris konnte dem Landleben mehr abgewinnen als seine Frau
und war daher öfter in Fensmore anzutreffen, einem weitläufigen Tudorbau im
nördlichen Cambridgeshire, der den Holroyds seit Generationen als Familiensitz
diente. Er kümmerte sich um seinen Sohn, wie sein eigener Vater sich um ihn
gekümmert hatte. Das hieß, er sorgte dafür, dass Marcus mit drei Jahren aufs
Pferd gesetzt wurde. Ansonsten sah er keinen Anlass, sich weiter mit dem Kind
abzugeben, ehe es alt genug für ein halbwegs vernünftiges Gespräch war.
    Der Earl wollte nicht wieder heiraten. Als man ihm nahelegte,
einen zweiten Sohn zu zeugen, der seinen Erben notfalls ersetzen könne, nahm er
Marcus gründlich in Augenschein und sah einen recht intelligenten, erfreulich
sportlichen und hinreichend gut aussehenden Knaben. Vor allem aber war er
kerngesund. Da mit dem vorzeitigen Ableben seines Nachkommen also nicht zu
rechnen war, sah der Earl keinen Grund, noch einmal auf Brautschau zu gehen
oder, schlimmer noch, sich erneut mit einer Ehefrau zu arrangieren.
Stattdessen beschloss er, in seinen einzigen Sohn zu investieren.
    Marcus hatte die besten Hauslehrer. Seine Ausbildung war in jeder
erdenklichen Hinsicht die eines Gentleman. Er konnte die regionale Flora und
Fauna benennen. Er ritt, als wäre er im Sattel auf die Welt gekommen, und wenn
er mit seinen Fecht- und Schießkünsten auch keinen Preis gewinnen würde, so
war er doch besser als die meisten. Er konnte multiplizieren und Zahlenkolonnen
addieren, ohne dabei einen Tropfen Tinte zu verschwenden. Als er zwölf Jahre
alt war, konnte er Latein und Griechisch lesen.
    Ungefähr zu dieser Zeit befand sein Vater, der Sohn sei nun zu
einer vernünftigen Unterhaltung fähig – und damit reif für den nächsten Schritt
seiner Ausbildung.
    Marcus sollte Fensmore verlassen und nach Eton gehen. Alle
männlichen Holroyds hatten dort das Internat besucht. Für den Knaben war dies
die günstigste und glücklichste Wendung, die sein junges Leben nehmen konnte.
Denn was Marcus Holroyd, Erbe des Earl of Chatteris, nicht besaß, das waren
Freunde.
    Er hatte tatsächlich keinen einzigen Freund.
    Im Norden von Cambridgeshire wohnten keine
gesellschaftlich passenden Knaben, mit denen er hätte spielen können. Die
nächsten Nachbarn von Adel waren die Crowlands, und die hatten nur Mädchen. Die
nächstbeste Familie entstammte dem niederen Landadel, was in dieser Lage noch
akzeptabel gewesen wäre, doch die Söhne waren alle im falschen Alter. Bauernkinder
kamen als Gefährten für seinen Sohn nicht infrage, und so heuerte Lord
Chatteris einfach noch mehr Hauslehrer an. Ein Knabe, der viel zu tun hatte,
kam gar nicht erst dazu, sich einsam zu fühlen. Abgesehen davon konnte sein Sohn
ja wohl kaum Interesse daran haben, mit den wilden Bäckergören über die Felder
zu toben.
    Hätte der Earl Marcus gefragt, hätte er
möglicherweise eine andere Antwort erhalten. Doch er sah seinen Sohn nur einmal
am Tag vor der Abendmahlzeit für ungefähr zehn Minuten. Anschließend ging
Marcus hinauf in den Kindertrakt, der Earl begab sich in den eleganten
Speisesaal, und damit hatte es sich.
    Im Nachhinein betrachtet war es ein Wunder, dass Marcus in Eton
nicht kreuzunglücklich wurde. Schließlich hatte er keine Ahnung, wie er sich
seinen Altersgenossen gegenüber verhalten sollte. Während sich die anderen
Knaben am ersten Schultag wie ein Haufen Wilder gebärdeten (wie der
Kammerdiener seines Vaters, der ihn ins Internat brachte, pikiert angemerkt
hatte), stand Marcus am Rand, bemühte sich, die anderen nicht zu sehr
anzustarren – und so zu tun, als

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