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Rettungskreuzer Ikarus Band 021 - Putsch der Heiligen

Rettungskreuzer Ikarus Band 021 - Putsch der Heiligen

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 021 - Putsch der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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1.
     
    Als Uhul noch ein Kind gewesen war, hatte er das Haus seiner Eltern verlassen
und war am Markttag in die Stadt gewandert. Er hatte natürlich gewusst,
dass er das an sich nicht durfte, doch er hatte es vor lauter Langeweile nicht
mehr im Haus ausgehalten. Ein unachtsamer Moment seiner Aufpasserin, der alten
Tahkla, und schon hatte er sich vom Hof gemacht. Das Haus lag unweit der Stadtmauern
und Uhul kannte den Weg genau, war er ihn doch des Öfteren an der Seite
seines Vaters gegangen, wenn dieser mit ihm den Gottesdienst besucht hatte.
Niemand auf der staubigen Straße hatte das allein daherspazierende Kind
beachtet, denn Uhul war groß für sein Alter gewesen und hatte einen
ausgesprochen selbstsicheren Eindruck gemacht. In seinem Beutel hatten zudem
einige Münzen geklimpert, verdient am Marktstand seines Onkels, den er
zu besuchen beabsichtigt hatte.
    Der Markt war das zentrale gesellschaftliche Ereignis in der Stadt und es gab
nichts Spannenderes. Nur, weil seine Eltern volle Vorratsräume hatten,
waren sie nicht bereit gewesen, den Weg dorthin anzutreten. Nun, Uhul hatte
anders entschieden.
    Als er das Stadttor durchschritten hatte, war aus dem losen Strom der Reisenden
ein reißender Fluss geworden. Uhul hatte sofort den Überblick verloren,
als er in diesen Fluss geworfen wurde, der aus zahllosen Erwachsenen, die ihn
immer noch deutlich überragten, und vielen Lasttieren bestand. Es wurde
geschrien, geflucht, geschimpft und geschubst, und nur, wenn ein Milizionär
oder ein Staubdiener in die Nähe kam, benahm man sich etwas zivilisierter.
Bald war Uhul, trotz seiner Bemühungen um zielsichere Fortbewegung ein
Spielball in den Wellen der Menge geworden und hatte rasch keine Ahnung mehr,
wo er sich befand. Doch Uhul war nicht dumm, und anstatt gegen die urwüchsige
Kraft der Massen anzukämpfen, hatte er sich treiben lassen, schonte seine
Kräfte und seine Stimme und rechnete damit, wie Treibgut an einen Strand
getrieben zu werden, von dem aus er seinen Weg dann fortsetzen konnte.
    Uhul hatte, wie nur zu oft, Recht und Unrecht zugleich.
    Nach weiteren zehn Minuten hatte ihn die wogende Masse tatsächlich an einen
Strand gespült. Dieser bestand aus einer etwas wackeligen Häuserfront
in einem der weniger angesehenen Viertel der Stadt, was auf so ziemlich alle
Bauten in relativer Nähe des Stadttores zutraf. Hier gab es einige kleinere
Geschäfte, die am Markttag geschlossen hatten, und ansonsten nur mehrstöckige
Wohnhäuser aus Lehm, Holz und noch mehr Lehm. Sie hatten braune, bröckelige
Wänden voller Flecken. Durch Löcher konnte man das gewobene Stroh
sehen, das in den Wänden den Lehm stützte, wenn er noch nicht ausgetrocknet
war. Jedes Jahr stürzten einige dieser Häuser ein, um dann auf Weisung
der Stadtoberen mit Stein und Holz wieder aufgebaut zu werden. Doch niemand
riss die alten Häuser ein, um stabileren Platz zu machen, denn viele der
Bauten waren fast 100 Jahre alt, und manche der angesehenen Familien führte
ihre Herkunft auf eines dieser Häuser zurück, die sie nun für
die weniger Wohlhabenden als Mietshäuser bereit hielt.
    »Psst, junger Mann«, war eine Stimme an Uhuls Ohr gedrungen. Er hatte
sich umgedreht, das Echtauge in die Richtung bewegt, aus der die Worte gekommen
waren. Er war neugierig und ohne Angst in das Halbdunkel getreten. Im schwummrigen
Licht hatte er eine alte Frau erkannt, die zusammengesunken auf einer Holzkiste
saß. Ihr Echtauge war blass, beinahe weiß, und sie nutzte ein Falschauge,
um Uhul anzusehen – das zeigte ihm, dass sie fast blind sein musste.
    »Uhul«, hatte sie gemurmelt. Der Junge hatte sie überrascht angeschaut.
    »Ihr kennt meinen Namen!«, hatte er geantwortet.
    »Er steht auf der Liste«, hatte sie geantwortet. »Es wird Zeit,
dass wir sprechen.«
    »Was für eine Liste?«, wollte Uhul wissen.
    »Die Liste«, hatte die alte Frau schlicht geantwortet, als hätte
sie seine Frage damit geklärt. Dann hatte sie noch gesagt: »Ist nicht
so wichtig. Du wirst es wissen, wenn es soweit ist. Bring mich zum Prior, mein
Sohn.«
    Uhul zuckte zusammen. Dieser Wunsch war nun völlig unvermittelt gekommen.
Der Prior! Haupt der Kirche, der in seinem wundersamen Amtssitz residierte,
die Gottesdienste zu den hohen Feiertagen leitete und eigentlich nur zur Prozession
die Stadt verließ. Uhul hatte ihn ein paar Mal von Ferne gesehen, ein
gütiges Gesicht

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