0047 - Unser Staatsfeind Nummer 1
Wenn zwei G-men der amerikanischen Bundespolizei im Dienstgebäude den Korridor entlangrennen, weiß jeder Bescheid. Da gibt es nichts mehr zu fragen.
Vor dem Lift standen sechs unserer Kollegen mit irgendwelchen Aktenstücken unter dem Arm. Als sie uns sahen, gingen sie sofort zur Seite und ließen uns den Vortritt.
Schweigend sprangen wir in den Lift. Schweigend fuhren wir hinunter. Erdgeschoß. Wir sprangen hinaus und rasten zur Hoftür. Ein paar Stufen hinab, ein paar Schritte an der Reihe der fahrbereiten Dienstwagen entlang, da stand mein Jaguar.
Türen auf, hinein. Phil beugte sich zurück und winkte. Ich ließ den Wagen vorsichtig aus der Reihe herausrollen. Eine enge Wendung, ein Tritt aufs Gaspedal, und der Jaguar schoß auf die Ausfahrt zu.
Phil schaltete die Sirene ein. Laut gellte der schrille Ton über das Verkehrsgetöse hinweg. Ich bremste ein bißchen, als die Schnauze meines Jaguar aus der Einfahrt bog.
Die Sirene hatte uns schon Platz gemacht. Ich riß den Wagen in die Kurve und gab wieder Gas. Unaufhörlich heulte die Sirene. Im Neunzigmeilentempo jagten wir durch die Straßen der City.
Ein verrückter Sonntagsfahrer kümmerte sich einen Dreck um unsere Polizeisirene. Er zottelte auf der Mitte der Fahrbahn entlang, als wäre die Straße nur für ihn da. Da wir uns gerade in einer schmalen Straße befanden, und die anderen Fahrer wegen unserer Polizeisirene rücksichtsvoll an den Straßenrand gefahren waren, gab es in der Mitte keinen Platz zum Überholen. Andererseits fuhr der Narr höchstens vierzig Meilen. Wir hätten eine halbe Stunde oder noch mehr verlieren können, wenn wir ihn nicht zur Seite zwangen.
Ich blieb dicht hinter ihm.
Ich gab Lichtsignale. Er kümmerte sich überhaupt nicht darum. Die Sirene mußte ihm beinahe das Trommelfell zerreißen, wenn er nicht taub war. Aber Taube bekommen keinen Führerschein.
Zwei oder drei Minuten lang versuchten wir vergebens, doch noch an dem Wagen vorbeizukommen, aber der Kerl dachte nicht daran, die Straße zu räumen, wie es alle anderen Fahrer beim Klang unserer Polizeisirene längst getan hatten.
Phil riß sein Notizbuch heraus und notierte sich die Wagennummer. Dann nahm er den Hörer des Funksprechgerätes in die Hand, das ich mir in meinen Jaguar hatte einbauen lassen.
Ich hörte seine leidenschaftslose Stimme: »Hallo, hier ist Decker! Mit Cotton im Einsatz! Ich rufe die Funkleitstelle!«
Aus dem UKW-Gerät kam die Stimme eines Beamten der Leitstelle: »Leitstelle an Decker! Wir hören. Geben Sie Ihre Meldung!«
»Wir sind in dringendem Einsatz. Trotz Sirene und Lichtsignalen räumt vor uns ein Personenwagen nicht die Straße. Wir verlieren eine Menge Zeit, wenn der Wagen nicht vor uns verschwindet.«
Er gab die Straße durch, in der wir uns gerade befanden. Einen Augenblick später hörten wir die Stimme des Beamten aus der Leitstelle wieder: »Ein Streifenwagen der Stadtpolizei befindet sich in der Nähe. Wir geben Bescheid, daß er den fraglichen Wagen stoppen und den Fahrer in Ihr Office bringen soll. Geben Sie uns die Kennzeichen des betreffenden Wagens!«
Phil nannte sie.
»Gut. Wir setzen den Streifenwagen ein!«
»Danke«, murmelte Phil.
Ich nahm das Gas weg und starrte gespannt nach vorn.
Und da waren die braven Cops auch schon. Ihre Sirene gellte uns entgegen. Sie benutzten wie wir die Mitte der gebäumten Fahrbahn.
Der Sonntagsfahrer vor uns rückte nach rechts, weil er es nicht auf einen Zusammenstoß mit den entgegenkommenden Cops ankommen lassen wollte.
Die Cops rückten — von ihnen her gesehen — nach links und stoppten ihren Wagen kurz vor dem Kühler des gestellten Wagens.
Ich stellte das Steuer nach links und trat den Gashebel wieder durch. Im Vorbeifahren sah ich noch, wie die Polizisten den Fahrer aus dem Wagen zerrten. Na, die Sache hatte geklappt. Keine drei Minuten hatte die ganze Geschichte gedauert.
Wir hetzten weiter. In den Kurven schlitterte ich nur so über den Asphalt. Einige Millimeter Profil dürften wir abradiert haben bei dieser wilden Fahrt. Ich hatte keine Zeit, den Blick von der Straße zu heben.
Phil schob mir eine brennende Zigarette zwischen die Lippen.
Ich dankte mit einem leichten Kopfnicken.
»Glaubst du, daß es stimmt?« fragte Phil nach einer Weile.
»Keine Ahnung«, brummte ich, während ich den- Kopf etwas schief hielt, damit mir der Rauch von der Zigarette nicht in die Augen stieg.
»Ich kann es mir nicht vorstellen«, murmelte Phil. »Das wäre doch zu
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