0573 - Tanzplatz des Teufels
werdet schon sehen, was ihr davon habt. Ihr werdet auf jeden Fall die Hilfe eines Drachen benötigen. Aber rechnet bloß nicht mit mir! Ruft mich erst gar nicht. Geht schon und seht euch die Hexen an. Wenn sie euch verhexen -das ist nicht mein Problem.«
Als er die Tür erreichte, hielt Nicole sekundenlang den Atem an. Sie rechnete damit, daß der Jungdrache, der nun wild mit den Armen ruderte, gegen die geschlossene Tür rennen würde.
Aber er stoppte und wandte sich um, während er mit einer Hand nach der Klinke faßte.
»Paßt auf euch auf«, bat er. »Nicht alles ist so, wie es scheint, und ihr werdet wirklich Hilfe brauchen.«
Dann war er verschwunden.
Kopfschüttelnd sah Nicole ihm nach. Sie wurde plötzlich unsicher. Meinte Fooly das, was er sagte, ernst?
Hin und wieder hatten seine manchmal recht mysteriösen Andeutungen einen ziemlich realen Hintergrund. Auch in diesem Fall? Wenn ja, was wollte er seinen Freunden sagen?
Nicole zuckte mit den Schultern. Es hatte keinen Sinn, ihn jetzt zu fragen. Fooly schmollte.
***
Er war alt geworden. Sehr alt. Sie hatten ihn auch schon lange nicht mehr gesehen.
Wie lange war es her? Sieben Jahre, seit sie zusammen auf einem Schiff unterwegs gewesen waren? Und neun Jahre lag es bestimmt zurück, daß sie ihn hier im Harz aufgesucht hatten.
Seither hatte sich viel getan. Sie alle hatten sich verändert.
Zamorra und Nicole ebenso wie Stephan Möbius…
Aber während sie jung geblieben waren, war Möbius gealtert. Erschreckend gealtert. Eigentlich hätte er wesentlich jünger wirken müssen, aber er war nur noch ein Schatten seiner Selbst, nicht mehr der Mann, der einst ›der alte Eisenfresser‹ genannt worden war. Er trat immer noch energisch auf, doch ihm fehlte die Kraft.
»Ich weiß, daß ich schlecht aussehe«, knurrte er, noch ehe die beiden eine Bemerkung machen konnten. »Also spart euch die Kommentare. Es reicht, daß Walter es mir jeden Tag unter die Nase reibt. Außerdem bin ich verdammt sauer auf euch.«
»Weshalb?« fragte Nicole.
»Weshalb?« stieß der ›alte Eisenfresser‹ hervor. »Weshalb, fragt diese Frau! Zamorra, hast du das gehört? Sie fragt, weshalb! Kannst wenigstens du es dir denken?«
»Weil wir uns jahrelang nicht mehr haben sehen lassen«, sagte Zamorra nachdenklich. »Sicher, aber unsere Freizeit schrumpft seit Jahren immer mehr zusammen.«
»Ihr habt es immerhin geschafft, Carsten in Frankfurt zu besuchen. Die paar hundert Kilometer mehr bis hierher hättet ihr ja auch noch zurücklegen können, oder? Ich glaube, ihr reagiert nur noch auf Begriffe wie Hexen, Monster, Ungeheuer, Dämonen, Teufel und so weiter, aber an alte Freunde wollt ihr euch nicht mehr erinnern. Die sind euch lästig, ihr vergeßt sie, verdrängt sie.«
Zamorra hob die Hand. »Soll das heißen, daß du einen Begriff wie Hexen, Monster, Ungeheuer, Dämonen, Teufel und so weiter mißbraucht hast, um uns hierher zu locken?«
Stephan Möbius beugte sich vor.
»Du gibst also zu, daß du nichts mehr mit mir zu tun haben willst.«
»Das ist Unsinn!« protestierte Zamorra. »Es gibt eine Menge auf dieser und auf anderen Welten, das uns immer wieder in Anspruch nimmt. Dunkle Kräfte, Menschenleben, die in Gefahr sind… Und wenn wir mal ein paar Tage Ruhe haben, solltest du verstehen, daß wir sie für uns haben möchten. Verstehst du das, alter Eisenfresser? Denk an deinen Sohn. Früher, als du deinen Kramladen noch selbst geleitet hast, konnten er und Micha Ullich mit uns zusammen auf Dämonenjagd gehen, nachdem du ihm die die Firma aufs Auge gedrückt hast, hat er dafür keine Zeit mehr.«
»Kramladen?« echote der alte Mann mißtrauisch. »Hast du Kramladen gesagt, Professorchen?«
Zamorra grinste ihn an.
Stephan Möbius hatte ein weltumspannendes Wirtschaftsimperium aufgebaut, er hatte sich nichts schenken lassen, sondern zeitlebens hart dafür gearbeitet, bis er sich schließlich ins Pensionärs-Dasein zurückgezogen hatte, um wenigstens noch für ein paar Jahre ein Privatleben zu haben. Der Möbius-Konzern umfaßte Firmen vieler unterschiedlicher Branchen, um Rezessionen in bestimmten Bereichen oder Ländern abfangen zu können. Damit war Stephan Möbius ähnlich vorgegangen wie seinerzeit Robert Tendyke, dessen Holding die größte Konkurrenz für den Möbius-Konzerns darstellte. Mit beiden war Zamorra befreundet und verhandelt.
Natürlich hatte der alte Möbius recht. Der Kontakt zwischen Zamorra und ihm war bis auf ein Minimum geschrumpft - ein
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