1822 - Die neue Haut
auf sie einredend.
„... nicht weggehen, Marga ..." Das waren die ersten Worte, die Corben über seinen Minispion empfing.
Rudy nannte Thea in seiner Verwirrung Marga, nach seiner verstorbenen Frau. „... dir die Sache über den Kopf ... dich an Roi Danton ... verrate nichts über ..."
Thea verabschiedete sich mit einem Kuß von ihrem Vater und bestieg den Schweber. Aber sie startete nicht sofort. Erschöpft legte sie ihren Kopf auf das Armaturenbrett. Erst als ihr Vater sie von außerhalb anrief, straffte sie sich, winkte ihm mit gequältem Lächeln zu und startete.
Corben wußte nicht, was er von dieser Szene halten sollte. Er war nur überzeugt, daß viel mehr dahintersteckte, als er sich in seiner bescheidenen Phantasie ausmalen konnte.
Als Corben ins Werk zurückkam, war Thea bereits an ihrem Arbeitsplatz.
„Nanu", tat er erstaunt. „Ich dachte, du wolltest erst übermorgen zurückkommen."
„Die Sache hat sich erledigt", sagte Thea. Sie hob den Blick zu Corben. „Das heißt, ganz ist das Problem wohl nicht aus der Welt geschafft. Ich muß irgend etwas anstellen, um Rudy an einem Pflegeplatz unterzubringen. Irgendwann rastet er in der Einsamkeit noch aus, das sehe ich kommen."
„Wenn es nur das ist, könnte ich das sofort für dich arrangieren", sagte Corben hoffnungsvoll.
Wenn die Sorge um ihren Vater die Antwort auf alle offenen Fragen war, dann konnte die Angelegenheit nicht so schwer aus der Welt zu schaffen sein.
„Nicht sofort", widersprach Thea hastig. „Ich sagte doch, ich brauche einige Zeit. Und überhaupt würde ich mir wünschen, daß du dich da heraushältst, Corby. Das ist meine Privatangelegenheit, ich schaffe das schon."
Aber so leicht gab Corben nicht auf. Vielleicht lehnte Thea seine Hilfe aus Stolz oder Scham ab. Er war ihr Freund, auch wenn sie ihn manchmal nicht so behandelte.
*
Corben Matala flog tags darauf ein drittesmal zur Einsiedelei in den Bergen, jedoch unter völlig anderen Voraussetzungen. Er bezog nicht Position in einem Versteck, sondern landete direkt vor dem Haus. Corben hatte zudem einen Zeitpunkt gewählt, zu dem Thea nicht zu Besuch bei ihrem Vater war.
Rudy erwartete den Schweber vor dem Haus. Er rannte aufgebracht hin und her und ruderte mit den Armen, als wolle er das Fluggefährt wie eine lästige Mücke verscheuchen. Corben mißachtete diese eindeutigen Gesten und landete.
„Du kannst hier nicht so einfach landen", hörte er Rudys zornige Stimme in die Kanzel dringen.
„Verschwinde! Das ist Privatgrund! Wir machen mit unerwünschten Besuchern kurzen Prozeß!"
Das „Wir" ließ Corben aufhorchen. Er stieg aus, und Rudy stürzte sich sofort auf ihn und machte Anstalten, ihn durch das Schott in den Schweber zurückzudrängen. Der Alte war jedoch nicht kräftig genug, um Corben überhaupt von der Stelle zu bewegen.
„Sachte, sachte, Rudy", redete Corben beruhigend auf ihn ein. „Ich möchte Thea sprechen. Ist sie hier?"
Das bremste Rudy.
„Wer bist du? Was geht dich Marga an?"
Rudy akzeptierte, daß andere Thea bei ihrem Namen nannten; er blieb jedoch stur bei Marga. Das ließ den Verdacht aufkommen, daß er sehr wohl die Wahrheit akzeptierte und nur alle anderen zum Narren hielt.
Rudy zog das konsequent durch, auch Thea gegenüber.
„Ich bin Corby, ein Freund von Roi Danton. Du mußt dich an mich erinnern, Rudy. Ich war früher schon einige Male mit Thea hier."
„Aber klar erinnere ich mich", sagte Rudy versöhnlicher. „Ich mag ein alter Knochen sein, aber Gesichter vergesse ich nie. Und Margas Freunde merke ich mir ganz besonders." Er wurde sofort wieder mißtrauisch. „Was willst du? Marga ist nicht da."
„Könnten wir hineingehen, um uns in Ruhe zu unterhalten?" schlug Corben vor.
Er beobachtete während der ganzen Zeit das schmucklose Haus. Aber er konnte keine verdächtigen Bewegungen wahrnehmen und vernahm keinerlei Geräusche. Nur das leise Säuseln des Windes war zu hören.
Aus der Ferne drang das Kollern von Geröll herüber, das vermutlich von äsendem Wild losgetreten worden war.
Das Haus lag wie verlassen da, so daß Corben zu dem Schluß kam, daß Rudy mit „wir" lediglich sich und Thea gemeint hatte, obwohl sie gerade nicht da war. Corben bewegte sich dennoch auf das Haus zu.
„Das geht nicht!" sagte Rudy und versperrte ihm den Weg. „Ich habe nicht aufgeräumt. Ich möchte nicht, daß jemand die Unordnung sieht."
„Verstehe, verstehe", sagte Corben wissend. „Du meinst die vielen leeren
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