1822 - Die neue Haut
er bereits auf Mimas in dieser Richtung aktiv war. Das sagt doch dem Dümmsten, daß er nach einem bestimmten kosmischen Objekt forscht. Etwa nach seiner Heimatgalaxis?"
> Stell keine solche Fragen, Thea!"
„Das ist auch eine Antwort. Und was will er mit den Unterlagen über die GILGAMESCH? Falls er vorhat, den Stolz der Zellaktivatorträger zu kapern, dann rate ihm besser davon ab. Bruno, an einem solchen Vorhaben muß Kummerog scheitern!"
„Das klingt wie ein schlechter Witz. Du machst dir doch nicht wirklich Sorgen um Kummerogs Sicherheit, Thea?"
„Das ist kein Witz. Ich mache mir vor allem Sorgen um Rudy. Denn diese Daten, die ich beschaffen soll, sind hochbrisant. Das meiste ist Geheimmaterial. Wenn mir jemand auf die Schliche kommt, dann habe ich einen Erklärungsnotstand. Und ich möchte nicht, daß sich Kummerog bei einer Wendung zum Negativen an Rudy vergreift."
„Mach so weiter wie bisher. Ich weiß, daß du vorsichtig genug bist, um keinen Verdacht zu erregen.
Diese Phase dauert ja nicht ewig."
„Da ist noch etwas. Kummerogs Freßgier, seine Unersättlichkeit. Was passiert eigentlich mit ihm? Er wirkt nicht sehr gesund. Weißt du, was Lepra ist? Es sieht so aus, als leide er unter einer ähnlichen Krankheit."
„Kummerog macht nur eine Regenerationsphase durch."
„Und wie lange noch?"
„Ich hoffe, nicht mehr lange. Dann wird sich alles in Wohlgefallen auflösen."
2.
Als Rudy sie an ihrer Arbeitsstätte anrief und erklärte, es gäbe „Probleme", da hatte sich Dorothea Ringent sofort bei Corben Matala abgemeldet und sich vorsichtshalber auch gleich für den nächsten Tag frei genommen.
Corby wollte wissen, ob mit Rudy etwas nicht stimmte, und Thea fiel nichts Besseres ein, als einen Paranoia-Anfall vorzugeben. Corby, ihr stiller Verehrer, wurde in letzter Zeit immer aufdringlicher. Sie hätte sich von ihm, so wie früher, mehr Zurückhaltung gewünscht.
Aber seit Kummerog einen unglaublichen Heißhunger entwickelt hatte und sie, Thea, deswegen die zehnfache Nahrungsration für ihren Vater abforderte, da kam sie ins Gerede und mußte es sich gefallen lassen, daß man sie deswegen aufzog. Nicht so Corby. Er nahm dies zum Anlaß, sich plötzlich penetrant fürsorglich um sie zu kümmern. Das war für sie schlimmer als die Hänseleien der anderen.
Es gab Momente, da überlegte Thea ernsthaft, ob sie sich Corby nicht anvertrauen sollte. Sie hätte in dieser schlimmen Situation einen Verbündeten brauchen können. Aber Corby war für solcherart Probleme nicht der richtige Ansprechpartner. Das mußte sie sich immer wieder vor Augen halten.
Der so überaus korrekte und phantasielose Corby konnte ihr- gewiß nicht helfen. Er hätte bestimmt darauf bestanden, daß sie dem Sicherheitschef Armin Assitar Meldung erstatten sollte. Nein, Corby war für ihre Probleme nicht der richtige Ansprechpartner. Aber einen anderen Freund hatte sie auf Camelot nicht, seit Reginald Bull auf Trokan verschollen war.
Als Thea an diesem 20. Januar mit dem Schweber das Haus in den Bergen erreichte, kam ihr Rudy aufgeregt aus dem Haus entgegengestürzt, kaum daß sie gelandet war. Daran merkte Thea, daß irgend etwas nicht stimmte. Aber zumindest war Rudy unverletzt, das erleichterte sie.
„Marga! Marga!" rief ihr Vater ihr mit sich überschlagender Stimme entgegen. „Deine Freunde wollen mich von hier wegbringen. Sie wollen nach Port Arthur übersiedeln."
„Das mußt du mißverstanden haben, Rudy", sagte Thea verwirrt.
„Nein, nein, sie haben ganz genau das gesagt", beharrte Rudy. „>Rudy<, hat Kummerog gesagt, >es maß sich endlich was tun. Wir werden nach Port Arthur übersiedeln.< Das waren seine Worte. Sollen sie doch gehen. Ich will nicht von hier weg. Das mußt du Kummerog und Bruno klarmachen."
Thea verstand diesen Gesinnungswandel nicht. Kummerog und Bruno Drenderbaum, der ehemalige Sekretär des LFT-Kommissars Cistolo Khan, waren unter falschen Namen nach Camelot gekommen und hatten einen tödlichen Unfall vorgetäuscht. Sie konnten sich nirgendwo auf Camelot blicken lassen und waren nur in diesem Versteck sicher. Was sollte also das Gerede von einer Übersiedlung nach Port Arthur?
Als Thea vor Rudy das Haus betrat, wurde sie von Bruno Drenderbaum bereits im Flur erwartet. Der kleine, unscheinbar wirkende Terraner mit dem rundlichen Gesicht, dessen Kopf mit kaum 40 Jahren nur noch ein schmaler Haarkranz zierte, stand ganz im Banne Kummerogs. Er war seinem außergalaktischen Partner
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