2012 - Folge 10 - Im Bann der Loge
Sie nur so etwas sagen?«, schluchzte Maria Luisa. »Es geht um das Leben meines Bruders. Um das der gesamten Menschheit. Und Sie denken nur an Ihre verdammte Pflicht?«
Der Commissioner lachte humorlos auf. »Sie haben keine Ahnung, woran ich denke, Miss Suárez. Wie sollten Sie auch? Ich bin gerne bereit, mir Ihre Geschichte anzuhören. Aber nicht hier und nicht jetzt, sondern in einem Interpol-Büro in Rom. Wenn ich Sie nun also bitten dürfte, die Handschellen aus der Tasche zu holen.«
»Tun Sie uns das nicht an«, jammerte Maria Luisa. »Bitte nicht. Bitte, bitte nicht.« Neben dem Auto sank sie in die Knie, das Gesicht tränenüberströmt. Mit einer Hand hielt sie sich am Griff der Beifahrertür fest, sonst wäre sie vermutlich umgekippt.
Tom trat einen Schritt auf sie zu und wollte sie stützen, doch McDevonshire hatte etwas dagegen. »Bleiben Sie stehen, Mister Ericson!«
Der Archäologe gehorchte.
Stattdessen ging der Commissioner einen Schritt auf Maria Luisa zu, hielt aber immer noch respektvollen Abstand, sodass sie ihn nicht erreichen konnte. »Seien Sie vernünftig, Miss Suárez. Stehen Sie auf und …«
In diesem Augenblick riss Maria Luisa die Tür des Fiat auf und schwang sie dem Polizisten mit Wucht entgegen.
Offenbar hatte McDevonshire in der bedauernswerten Frau keine große Gefahr gesehen. Selbst Tom war auf ihre Vorstellung hereingefallen.
Der Holm der Tür traf McDevonshire am Arm und prellte ihm die Pistole aus der Hand. Sofort hechtete sich Tom auf ihn und riss ihn zu Boden. Dort hielt er ihn so lange, bis er sah, dass Maria Luisa die Waffe aufhob. Er sprang auf, nahm die Pistole entgegen und richtete sie auf den Polizisten.
Der stemmte sich hoch, wischte sich den Dreck von der Hose und sah Tom erwartungsvoll, aber ohne jede Angst an.
»Tut mir leid«, sagte der Archäologe. »Ich hoffe, Sie sind nicht verletzt.«
»Nur in meinem Stolz.«
»Wir werden uns Ihr Auto ausleihen müssen. Aber ich versichere Ihnen, wir sind nicht die Bösen!«
»Sagt der Mann hinter der Pistole.«
»Noch einmal: Es tut mir leid! Aber uns bleibt keine andere Wahl.«
»Verstehe. Sie müssen ja die Welt retten.«
»Aus Ihrem Mund klingt es sarkastisch. Dennoch treffen Sie den Nagel damit auf den Kopf.«
McDevonshire sah zum Wagen. »Haben Sie etwas dagegen, dass ich meine Jacke hole? Bei Wind kühlt man rasch aus, und ich habe wohl einen längeren Fußmarsch vor mir.«
Tom winkte mit der Pistole Richtung Fiat und signalisierte so seine Zustimmung. »Aber keine Tricks!«
Der Commissioner beugte sich in den Innenraum, und Tom lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Was, wenn der Polizist eine zweite Waffe im Wagen deponiert hatte? Wie konnte er nur so blauäugig sein und McDevonshire die Jacke selbst holen lassen?
Er wollte ihn gerade auffordern, sich aufrecht hinzustellen und die Arme zu heben, da schob sich der Commissioner rückwärts aus dem Auto. In einer Hand das Jackett, in der anderen – nichts.
Tom atmete tief durch. Das war gut gegangen, aber noch so einen dummen Fehler durfte er sich nicht erlauben.
»Danke sehr«, sagte McDevonshire.
»Keine Ursache«, erwiderte Tom. »Auch wenn es nichts an Ihrer Einschätzung uns gegenüber ändert, versichere ich Ihnen noch einmal, dass auch wir nur die Opfer dieser Indios sind.«
Dieser letzte Satz schien McDevonshire mehr zu treffen als alle vorherigen, denn er zuckte erkennbar zusammen. Doch Tom vergeudete keine Zeit, nach dem Grund zu fragen.
Sie stiegen ein und fuhren davon. Dabei beobachtete Tom den Polizisten im Rückspiegel. Doch der stand nur da und sah ihnen regungslos nach.
Gerade als sie durch das Zentrum von Tivoli fuhren, kamen ihnen zwei blau-weiße Autos mit Blaulicht, Sirene und der Aufschrift POLIZIA entgegen. Maria Luisa zog hörbar die Luft ein und klammerte sich am Beifahrersitz fest.
»Keine Angst«, sagte Tom. »Die suchen nicht nach uns. Zumindest noch nicht. Die sind sicher auf dem Weg zur Absturzstelle des Ballons.«
»Meinst du? Warum sind sie nicht schon viel eher angerückt?«
Er zuckte mit den Schultern. »Italien.«
Die Autos zischten an ihnen vorbei, ohne mit der Geschwindigkeit herunterzugehen.
»Siehst du?« Tom war froh, dass er in seiner gespielten Zuversicht bestätigt worden war.
Für einige Minuten kehrte Ruhe ein und jeder hing seinen Gedanken nach.
»Glaubst du, dass der Typ wirklich von Interpol war?«, brach Maria Luisa schließlich das Schweigen.
»Ich weiß es nicht. Mich irritiert,
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