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2012 - Folge 10 - Im Bann der Loge

2012 - Folge 10 - Im Bann der Loge

Titel: 2012 - Folge 10 - Im Bann der Loge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei
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In einem blitzschnellen Reflex schoss Toms Arm nach unten. Er bekam das Handgelenk des Autisten zu fassen und umklammerte es, als ginge es um sein eigenes Leben. Und das stand durchaus ebenfalls auf dem Spiel, denn sein Oberkörper hing halb über den Korbrand.
    Er verlagerte das Gewicht nach hinten und zog Jandro so einige Zentimeter nach oben. Doch der Junge hing wie ein Sack in seinem Griff und half ihm nicht einmal dadurch, dass er seinerseits Toms Handgelenk umfasste.
    Die Kraft in Toms Fingern ließ nach. Schweißtropfen sammelten sich auf seiner Stirn und in der Handfläche.
    »Du musst mir helfen!«, keuchte er.
    Aber Alejandro half ihm nicht. Regungslos hing der Autist außerhalb des Ballonkorbs. Wie hoch mochte der Gasballon jetzt sein? Fünfzig Meter oder höher? Nur Toms glitschiger werdende Rechte bewahrte den Jungen vor dem Sturz in den Tod. Sein Blick ging an dem des Archäologen vorbei, so als nehme er Tom gar nicht wahr. Vielleicht entsprach das sogar der Wahrheit.
    Die Situation hatte für Maria Luisas Bruder jegliche Ordnung verloren. Häufig hatte er in solchen Momenten einfach abgeschaltet. So wie jetzt.
    Gerne hätte Tom die Linke zu Hilfe genommen, aber mit ihr krallte er sich im Korbrand fest und verhinderte, dass Alejandro ihn in die Tiefe riss.
    Und dann, als wäre sich der Junge seiner Situation urplötzlich doch noch bewusst geworden, erwachte er aus seiner Starre und verfiel ins andere Extrem. Er begann zu schreien und um sich zu schlagen!
    »Hör auf!«, brüllte Tom.
    Jandro achtete nicht auf ihn. Die Bowlingkugeltasche in der anderen Hand des Autisten schleuderte hin und her und mit ihr die Weltuntergangs-Maschine, hinter der die Loge um den Mann in Weiß her war. Tom fürchtete, der Junge würde sie fallen lassen.
    Im nächsten Augenblick schämte er sich für den Gedanken. Wie konnte ihm dieses schreckliche Gerät wichtiger sein als Jandro selbst?
    Weil von der Maschine nicht nur das Überleben eines einzelnen Mannes, sondern das der ganzen Menschheit abhängt! Wenn sie in die falschen Hände gelangt …
    Alejandros Schwester tauchte neben Tom am Korbrand auf. Die Panik war ihr ins Gesicht geschrieben. »Beruhige dich, Jandro!«
    Als der Autist Maria Luisas Stimme vernahm, entspannte er sich. Für Tom bedeutete das jedoch nur einen Zeitgewinn von wenigen Sekunden. Seine Finger verkrampften und pulsierten vor Schmerz. »Ich … kann ihn nicht mehr halten«, ächzte er.
    »Du musst! Tom, bitte! Du musst! « Sie beugte sich über den Korbrand, wollte Jandro ebenfalls zu fassen bekommen, aber sie reichte nicht bis zu ihm hin.
    »Es – geht – nicht«, quetschte Tom zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    »Alejandro!«, sagte sie bestimmt, aber um Ruhe bemüht. »Hilf Tom, dich hochzuziehen. Bitte, halt dich an ihm …«
    Da rutschte die Hand des Autisten durch Toms feuchte Finger. Ohne einen Laut von sich zu geben, verschwand er in der Tiefe.

    Mit großen Augen starrte Commissioner Spencer McDevonshire in den Himmel über dem Petersplatz in Rom.
    Zwanzig oder gar dreißig Gasballons stiegen unter dem Jubel der Zuschauer in die Höhe. Und in einem von ihnen stand Tom Ericson mit seinen Begleitern.
    Sie waren entkommen! Schon wieder.
    Und er hatte verloren.
    Nein! McDevonshire war noch nicht bereit, sich geschlagen zu geben. Er hatte zu viele Regeln übertreten, zu häufig die Anweisungen seines schnöseligen Vorgesetzten Walter Jorgensen missachtet. Da konnte, da durfte er nicht mit leeren Händen nach London zurückkehren.
    Er warf sich herum und hastete die Via della Conciliazone zurück. Immer wieder blickte er in den Himmel.
    Welcher war Ericsons Ballon? Dort, der dunkelrote! Noch konnte er die drei Personen darin deutlich ausmachen, aber das Luftgefährt stieg unaufhörlich.
    Endlich erreichte er seinen Wagen. Da er auf eigene Faust nach Rom gekommen war, verfügte er über kein Dienstfahrzeug. Stattdessen hatte er sich ein Leihauto besorgen müssen. Einen grauen Fiat 500, der so klein war, dass ihn eine Frau in der Handtasche mit sich hätte herumtragen können.
    Seit gestern war es mit über fünfundzwanzig Grad im Dezember ungewöhnlich warm in Rom. So reichte der kurze Spurt aus, McDevonshire den Schweiß auf die Stirn zu treiben. Er entledigte sich seiner Jacke, warf sie über die Lehne des Fahrersitzes hinweg auf die Rückbank und quetschte sich in den Kleinwagen. Durch die Windschutzscheibe versuchte er einen Blick auf die Ballons zu erheischen, aber die waren

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