Abschied Von Freistatt
sich zu einem knappen Lächeln. »Gute Neuigkeiten machen in dieser Stadt langsamer ihre Runde als schlechte, aber sie kommen auch an.«
»Das schloß ich bereits aus Eurer ersten Bemerkung. Meine Frage sollte wohl besser lauten: warum hat Euch diese Neuigkeit aus Eurem Versteck gelockt? Verzeiht, aber es fällt mir schwer, zu glauben, daß Ihr nur hierhergekommen seid, um mir eine gute Reise zu wünschen. Früher habt Ihr Euch mit mir lediglich in Verbindung gesetzt, wenn Ihr Euch Profit irgendwelcher Art erhofft habt. Was versprecht Ihr Euch von meiner Ernennung?«
Der Verbrecherkönig lachte schwach und schüttelte den Kopf.
»Eure Zeit am Hof hat Eure Zunge zweifellos noch geschärft, alter Mann. Aber wir redeten auch früher nie um den heißen Brei herum, wenn es um Geschäftliches ging. Nun gut, ich werde direkt zur Sache kommen.«
Er ließ den Blick rasch durch die Schankstube schweifen, beugte sich vor und senkte die Stimme.
»Ich will Euch einen Vorschlag machen. Kurz gesagt, ich möchte Euch auf Eurer neuen Mission begleiten.«
»Das ist absurd!«
Die Worte waren Hakiem rasch und unbedacht entschlüpft. Jubals Miene verfinsterte sich.
»Was ist so absurd daran?« fragte der ehemalige Sklavenhändler barsch. »Findet Ihr meine Gesellschaft so unerfreulich oder meinen Rat so wertlos, daß.«
»Nein!« unterbrach ihn der Geschichtenerzähler hastig. »Ich meinte, daß Ihr hier in Freistatt doch alles habt, was man sich wünschen kann - Geld, Macht -, ich kann mir keinen Grund vorstellen, weshalb Ihr alles aufgeben wollt, um in ein fremdes Land zu reisen, wo Ihr unbekannt seid und wieder ganz von vorn anfangen müßtet. Das ist es, was ich absurd finde - schon die Vorstellung ist es.«
Er lachte bitter und langte nach seinem Krug. »Es ist völlig widersinnig, daß irgend jemand sein gewohntes Leben freiwillig für eine derart unkalkulierbare Zukunft aufgibt. Wenn ich die Wahl hätte - aber ich habe sie nicht. Ich muß den Auftrag annehmen - um des Prinzen, der Beysa und Freistatts willen. Was zählt da schon der Wunsch eines alten Geschichtenerzählers?«
»Es hängt davon ab, wie hoch man schätzt, was man zurückläßt«, sagte Jubal und ignorierte Hakiems trübsinnige Bemerkungen. »Es ist merkwürdig, daß Ihr glaubt, ich hätte hier alles. Aber Ihr habt ja auch immer das eine für selbstverständlich angesehen, was ich nie hatte.«
»Und was wäre das.?« fragte Hakiem wider Willen neugierig.
»Respekt.« Der Verbrecherkönig zuckte mit den Schultern. »Ich dachte, ich hätte sie, als ich mir die Freiheit aus der Gladiatorenarena erwarb. Doch dann mußte ich erkennen, daß die bessere Gesellschaft in mir nicht viel mehr als ein Tier sah.
Ich konnte keine Stellung finden, die das nötige Geld für das Leben eingebracht hätte, das mir vorschwebte. Also stahl ich es mir.«
»Und habt Euch eine gewisse Art von Respekt dabei erworben.« Der Geschichtenerzähler lächelte.
Jubal blickte ihn stirnrunzelnd an. »Tut nicht so gönnerhaft, Hakiem, das paßt nicht zu Euch. In dieser Stadt hat man mich noch nie respektiert. Gefürchtet ja, aber wir wissen beide, daß das etwas anderes ist, als hochgeachtet zu werden. Respekt läßt sich nicht kaufen oder mit der Klinge erzwingen. Man muß ihn sich verdienen.«
»Und warum versucht Ihr nicht, ihn Euch hier zu verdienen?« Hakiem zog die Brauen hoch.
»Denkt Ihr, das hätte ich nicht versucht?« Der ehemalige Sklavenhändler verzog das Gesicht. »Das Problem ist, daß mich zu viele Leute von früher kennen und deshalb das Schlimmste annehmen. Ich nenne Euch nur ein Beispiel: Seit Monaten versuche ich bereits, eine Audienz beim Prinzen zu bekommen.«
»Bei Kadakithis? Für welches Geschäft wollt Ihr ihn interessieren?«
Jubal schaute sich rasch um, dann beugte er sich näher und senkte wieder die Stimme.
»Ich wollte ihm die Dienste meines Geheimdienstnetzes anbieten. Es war für meine nicht so ganz gesetzlichen Aktivitäten sehr brauchbar, und ich dachte, er würde seinen Wert für die Regierung dieser Stadt erkennen.«
»Und er hat es abgeschlagen?« Hakiem runzelte die Stirn. »Das sieht dem Prinzen gar nicht ähnlich.«
»Ich bin nie bis zu ihm vorgedrungen«, entgegnete der Verbrecherkönig. »Die Einstellung der Terminplaner des Prinzen ist offenbar, daß ich ihn nur zu sehen kriegen soll, wenn er zu Gericht über mich sitzt. Ich versuchte es auch auf Umwegen, indem ich ein wenig Druck auf einen gewissen >Freund< des Prinzen ausübte, von
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