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Ach, Herbert (German Edition)

Ach, Herbert (German Edition)

Titel: Ach, Herbert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Grzesiak
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nicht.
    Sag mal, muss Deine Tochter so Walle-Walle-Klamotten tragen? Ist sie etwa schon wieder schwanger? Und die Frisur von Deiner Schwiegertochter war ja wirklich unmöglich. Und seit wann haben Deine Jungs so zugenommen?
    Deine Enkelkinder sind aber wirklich süß. Aufgeweckt und selbstbewusst. Sehr aufgeweckt und sehr selbstbewusst. So sehr, dass mir eines der Kinder Kakao über mein gutes Kleid ge schüttet hat, kann ja passieren. Hoffentlich kriege ich die Flecken wieder raus. Nein, moderne Kinder entschuldigen sich scheinbar nicht...
    Aber trotzdem, vielen Dank für die Einladung. Den Muttertag einmal mitzufeiern war ein ganz besonderes Erlebnis für mich.
    Vielen, vielen Dank noch mal.
    Ach ja, nächstes Jahr am Muttertag kommt mein Lieblingsfilm im Fernsehen. Da kann ich leider nicht wieder mitkommen.
    Alles Liebe,
    Deine Anne
     

Das Klassentreffen
     
    18. Januar
    Liebe Else,
    hast Du auch schon Bescheid, dass am 1. Mai Klassentreffen ist? Ich bin schon ganz aufgeregt. Nach 40 Jahren! Du kommst doch mit? Was ziehst Du an?
    Bin in Eile. Grüße an Herbert.
    Bis bald,
    Anne
     
    22. Januar
    Meine liebe Anne,
    natürlich weiß ich Bescheid. Ach, bin ich aufgeregt. Sag mal, in der Einladung steht, wir sollen Bilder und unsere Poesiealben mitbringen. Hast Du Dein Album noch? Ich muss meins erst noch suchen.
    Ich glaube, Herbert hat seine Midlifecrisis-Krisis. Er wird so eitel.
    Was meinst Du, soll ich das graue Kostüm anziehen?
    Ganz liebe Grüße,
    Else
     
    2. Februar
    Liebe Else,
    bloß nicht das graue Kostüm. Das macht Dich alt. Denk dran, Gisela und Monika kommen auch, wo die doch immer so etepetete waren.
    Mein Poesiealbum brauchte ich nicht zu suchen. Du weißt ja, seit ich keinen Mann mehr habe, herrscht bei mir Ordnung.
    Ach ja, das Poesiealbum. Meine Mutter schrieb damals: „Was unausweichlich ist, dem gehe mutig entgegen!“ Ich weiß noch, wie ich gegrübelt habe, was sie damit meint. Das Diktat? Den Zahnarztbesuch? Jungs? Jedenfalls habe ich den Spruch später berücksichtigt bei meiner ersten großen Liebe, Günther. Dass ich davon gleich schwanger wurde war ja wohl die Schuld meiner Mutter, oder? Hast Du Dein Album schon gefunden?
    Was mit Herbert los ist? Das solltest Du rauskriegen. Denk an den Spruch meiner Mutter!
    Liebe Grüße,
    Deine Anne
     
    5. Februar
    Meine liebe Anne,
    gut, nicht das graue Kostüm. Dann eben den Schottenrock mit der weißen Bluse.
     
    Mein Album habe ich rausgekramt. Was für Sprüche!! Welche Poe sie! Herbert hat auch gestöbert, ihm gefällt am besten der Spruch von meiner Patentante.
    „ Beklage nie den Morgen, der Müh' und Arbeit bringt, es ist so schön zu sorgen für Menschen, die man liebt.“
    Er ist so begeistert, dass fast 30 Jahre meiner Erziehung an ihm ausgelöscht waren. Auf jeden Fall will er nicht mehr so viel helfen und meiner Patentante wollte er Blumen ans Grab bringen.
    Ich hab ihm dann den Spruch „Willst Du glücklich sein im Leben, trage bei zu anderer Glück. Denn die Freude, die wir geben, kehrt ins eigene Herz zurück“ ans Herz gelegt.
    Okay, das hat er dann verstehen müssen. Vielleicht ist es mit der Krise von Herbert doch nicht so schlimm.
    Ganz liebe Grüße,
    Deine Else
     
    15. Februar
    Liebe Else,
    der Schottenrock?? Also, ich will Dir ja nicht zu nahe treten, aber Du bist ja nun auch schon ein wenig rundlich um die Hüften. Und dann ein karierter Faltenrock? Un-mög-lich!
     
    Ach Übrigens, erinnerst Du Dich noch an Rolf? In den waren wir doch alle verknallt damals. Aber – jetzt kann ich es ja beichten, mir hat er geschrieben:
    „ Willst Du mein Sehnen reich belohnen, lass mich in Deinem Herzen wohnen“. Er schrieb das auf die letzte Seite, damit die anderen unser Geheimnis nicht gleich bemerken. Ist das nicht poetisch? Ach...
     
    Ich glaube, Marion war damals sehr eifersüchtig. Sie schrieb in mein Buch:
    „ Blüh' wie ein Veilchen im Moose, sittsam, bescheiden und rein. Nicht wie die stolze Rose, die immer bewundert will sein“
    Ausgerechnet Marion! Dabei musste sie einmal aus dem Unterricht nach Hause gehen, sich waschen. Sie hatte ihre Wimpern getuscht. Dabei fällt mir ein, kennst Du noch diese Spucktusche? Ein wenig eklig war das ja schon, wenn wir uns so einen Spucktuschestein geteilt haben und jede von uns hat mal darauf gespuckt, um ihn nass zu machen. Igittigittigitt, wie eklig.
    Also, was ziehst Du an? Und pass auf Herbert auf.
    Bis bald,
    Anne
     
    26. Februar
    Meine liebe Anne,
    ich zieh das blaue Kleid

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