Alfons die Weihnachtsgans
zu, jetzt einen anderen, gut gefüllten Sack in der Hand. Mit feierlicher Miene reichte er Tore Äpfel und Nüsse. »Ja, wenn das so ist. Kleine Verwechslung«, sagte er versöhnlich. »Kann vorkommen ...«
Tore übergab das Zeug seiner Oma und behielt den Mann im Auge. Die Engel begannen wieder umherzuwirbeln, und er erkannte, dass die Sache tatsächlich noch nicht ausgestanden war.
Der Engelreigen endete bei ihm. Die Engel nahmen ihn in die Mitte und tanzten mit ihm einige wilde Runden. Endlich ließen sie ihn atemlos stehen. Dankbar vor allem.
Von Oma Käte, die inzwischen mit einem Tablett an der Tür stand, nahmen sie braune Küchlein und einen Schnaps entgegen, dann liefen sie wortlos die Ack hinunter, stiegen in ihr Auto und brausten davon.
»Was war das denn?«, fragte Tore aufgewühlt. »Wer waren die Leute überhaupt?«
»Robbert und die Kindschen«, antwortete Opa Fedder, der inzwischen in den Flur gerollt war, um dem Ereignis zuzusehen. Er spähte dem Auto hinterher, das ohne die Dunkelheit auf der schnurgeraden Straße noch lange sichtbar gewesen wäre.
»Die Aufnahmen sind gut geworden«, bemerkte Martin breit lächelnd. »Vermummte Gestalten im Schein einer Außenlampe. Die Erscheinungen waren ja wie aus einer anderen Welt. Und Sie wollten mir davon nichts erzählen, Fedder Postschiffer.«
Der schmunzelte verhalten. »Ich wusste nichts Genaues. Es ist ein alter Brauch, der aber über Jahrzehnte vergessen war. Wir kannten ihn als Kinder, unsere Eltern auch. Einige Leute von der Hallig wollten ihn gerne wieder aufleben lassen. Ich hörte unter der Hand davon. Nur ...«
»Nur?«
»Ich wundere mich etwas. Früher wurden die Engel von jungen Mädchen dargestellt – diese kräftigen Gestalten waren eindeutig Burschen. Ich weiß nicht einmal, wer sie waren ...«
»Bräuche ändern sich. Ist der Robbert der Weihnachtsmann?«
»Nein, wir nehmen an, dass er Knecht Ruprecht ist. Du hast sicher bemerkt, dass er dunkel angezogen und keinen Bart hat. Aber so ganz genau weiß das niemand mehr.«
»So etwas«, murmelte Martin. »Es gibt viel mehr zu schreiben, als ich dachte. Und Gescheiteres als über Ballermänner und ihre Sangria.«
Das Essen am Silvesterabend war eine Überraschung von Anfang bis Ende.
Die erste präsentierte Martin Meier. Er hatte Austern aus dem Watt geholt und bereitete sie in Omas Küche mit ihrer Hilfe zu. Vier für jeden, wie er erklärte, das würde die Bestände nicht schädigen.
Seine Austern als Vorspeise waren ganz anders, als Tore sie kannte. Die kochendheißen Austern lagen in ihrer eigenen Unterschale, waren mit Semmelbröseln bestreut und brutzelten in Butter. Schon in der Küche gaben sie einen Duft von Gegrilltem von sich. Tore stand daneben, als Martin sie mit Hilfe eines Topflappens aus dem Backofen holte. Er schnupperte. Herrlich!
»Wo hast du das nur gelernt, Martin?«, fragte Käte ungläubig.
»Ach, das schnappt man auf, wenn man sich als Journalist auf Restaurants spezialisiert«, antwortete Martin bescheiden.
»Ja, so etwas«, sagte Fedder erstaunt, während er etwas später den Sud mit Brot auftunkte. »Mir schmeckten bisher immer nur Blaumuscheln. Ich wunderte mich, dass die Leute Austern für eine Delikatesse hielten. Seewasser mit einem Gelatineklumpen tut’s auch, dachte ich.«
Martin grinste.
»Aber Austern, auf diese Weise zubereitet, können sich wirklich sehen lassen. Das wäre doch etwas für unsere Gäste, Käte, oder?«
»Es gibt noch viel mehr gute Rezepte, meistens amerikanische«, sagte Martin feurig. »Ich kann sie Oma Käte alle aus dem Kopf diktieren. Wenn du möchtest, Oma.«
»Selbstverständlich möchte ich«, sagte Käte und konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. »Wir sind doch nicht etwa zurückgeblieben oder so. Unsere nächsten Silvestergäste werden überbackene Austern bekommen, ganz bestimmt.« Siestand auf, sammelte die Teller zusammen und ging in die Küche.
»Martin«, sagte Opa ernster, »das Leben auf der Hallig ändert sich von Generation zu Generation und immer schneller. Vor kurzem fragten die Eltern den Lehrer der Schule noch, ob sie ihren Kindern bei Freizeiten auf dem Festland Messer für das gefährliche Leben dort mitgeben müssten – inzwischen haben wir alle begriffen, welch Unsinn das ist. Fortschritte wie Gefahren kommen zu uns, wir können uns dagegen nicht abschotten ...«
Aus der Küche drangen neue herrliche Düfte. »Kommst du mal, Tore?«, rief Oma.
Natürlich kam er. Oma brauchte Hilfe, die
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