Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Malanger Fjord

Am Malanger Fjord

Titel: Am Malanger Fjord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Mügge
Vom Netzwerk:
der auf einem der hohen Felsentrümmer am Ufer der Malself saß und jetzt erst, als er sich aufrichtete, dem Sorenskriver sichtbar wurde.
Es war eine schlanke jugendliche Gestalt. Die Mütze mit einem grünen Zweig saß tief ins Gesicht gedrückt, das obenein von einer Binde bedeckt war. Sein Gürtel war mit Silber beschlagen, sein Hemd bunt bestickt, und auf seinem Stock mit der langen Stachelspitze hielt er den prächtigen Federmantel, der in der Sonne funkelte und glänzte.
Stureson sah, wie Mary den Felsblock emporklomm, wie der Lappe ihr die Hand reichte, vor ihr niederfiel und sogleich wieder aufsprang, um den schönen Schmuck um ihre Schultern zu werfen. Der Landrichter konnte nur langsam vorwärtskommen, denn unter dem schweren Mann schwankte der Sumpfboden. Er mußte seine Augen vorsichtig auf die dichten Grasbüschel richten, welche wie Inseln den festen Grund bildeten. Sprung auf Sprung war zu machen, wenn er trocken bleiben wollte.
»Was tut der Narr!« rief er endlich, als er in die Nähe gekommen war und die beiden Gestalten noch immer dicht beisammen sah. Aber im nächsten Augenblick stieß er einen wilden Fluch aus und stierte im höchsten Entsetzen den Lappen an.
Mary hielt diesen umschlungen; er hatte den linken Arm um sie gelegt, mit der Rechten Mütze und Binde vom Kopf gerissen. Kein Zweifel: es war Olaf.
Stureson begriff mit Blitzesschnelle alles. »Du bist es also«, schrie er, »der mein Haus umschlichen hat! Du bist der Musikant, der uns den Schlaf vertreibt!«
»Ja, ich bin es!« rief Olaf Helmböe. »Sieh mich an, Mörder, der du bist, deine Hand hat mein Blut nicht vergießen können!«
»Prahle nicht, Lappe!« rief Stureson in wütendem Zorn. »Flieh in deine Gamme zurück zu dem falschen Priester, der dich dort verborgen wußte, während er mir vorlog, dich vergebens zu suchen!«
»Du selbst lügst, falscher Mann«, sagte Olaf, »der Propst weiß nichts von mir, selbst meine nächsten Freunde wissen erst seit gestern, daß ich deinem Anschlag entkommen und durch Glück gerettet worden bin!«
»Reize mich nicht«, schrie Stureson. »Fort mit dir, ich höre Stimmen, es kommen Leute. Laß die Hand los, Schurke, laß die Jungfer los, lappisches Tier! – Mary! – Laß sie los, sage ich, du siehst, ich habe die Mittel, dich diesmal besser zu treffen!«
Er riß aus der Brusttasche seines Rockes ein Terzerol, das er dort verborgen trug, und streckte es gegen Olaf aus.
»Sage, was du haben willst«, rief er wut- und angsterfüllt, »fordere Geld, ich will es dir geben, aber betritt nie mehr diesen Ort. Höre, du Hund! – Um Gotteswillen, Mary! Dein Vater – dort kommt er! – Komm herab komm – komm! In meine Arme, Mary, ehe dich jemand so sieht! Komm zurück!«
»Nein!« rief das Mädchen mit Abscheu und größter Heftigkeit, »niemals zu dir, du Mörder! – Ich will nicht! – Ich hasse, ich verachte dich!«
Stureson sprang auf den Felsblock los und drückte das Terzerol ab, indem er wie ein Rasender das Geröll erklomm.
In dem Augenblick aber, wo er einen schwachen Schrei von Mary vernahm und diese an Olaf niedergleiten sah, wo er nur wenige Schritte noch zu tun hatte, um seine Hand nach dem verwegenen Lappen auszustrecken, wo seine Faust sich ballte, um ihn niederzuschlagen, und seine Augen vor wilder Begier funkelten, folgte einem starken Blitzen der Donner eines Schusses, und Sturesons mächtiger Körper richtete sich steil auf. Er stolperte, versuchte, sich zu halten, und stürzte rückwärts in den Sumpfboden des Tales.
Olaf hielt sein rauchendes Gewehr noch in der Faust, als Hvaland und mit ihm ein paar andere Männer laut schreiend an der Biegung der Felsen sichtbar wurden. Aber sie waren unsicher, wer die Gestalt gewesen sei, welche sich schnell in dem Gesträuch verbarg und nicht wieder sichtbar wurde.
Nach einigen Minuten standen sie jammernd um den blutbedeckten Körper des Landrichters, der seine krampfhaft zusammengepreßten Arme über die tödliche Wunde deckte.
Ein Greis kniete an seiner Seite nieder und suchte ihm seine Lage zu erleichtern; es war der Missionar, der mit Hvaland gekommen war, in äußerster Bestürzung Sturesons Kleider entfernte und einige Rettungsversuche machte. An der anderen Seite kniete Hvaland, die harten Hände um Stureson schlagend.
»Wer hat es getan?« schrie der alte Mann. »Um Gottes Barmherzigkeit, redet, Sorenskriver! Nur ein einziges Mal öffnet den Mund! – Ein Lappe muß es gewesen sein«, rief er mit zitternden Lippen, indem er auf die

Weitere Kostenlose Bücher