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Amnion Omnibus

Amnion Omnibus

Titel: Amnion Omnibus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Donaldson
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Selbstbehauptungsvermögen schwand, so wie er es ihr vorausgesagt hatte. Schon jetzt wirkte es ausgeschlossen, daß sie je wieder genug Frechheit aufbringen könnte, um ihm nochmals zu drohen.
    Allem zum Trotz jedoch gab sie noch nicht auf... suchte sie nach irgend etwas...
    »Warum tun Sie das? Weshalb hassen Sie mich so sehr?“
    Sie hatte Ähnlichkeit mit der Strahlenden Schönheit: nämlich Überraschungen auf Lager.
    »Was bedeutet’s für ‘n Unterschied, so was zu wissen?« brummelte Angus, nur um überhaupt irgendeine Erwiderung zu geben. »Wie kommt’s, daß du das HyperspatiumSyndrom hast, ich es nicht habe?
    Wer weiß? Wen schert’s? Tatsache ist, ich habe dich am Schlafittchen.
    Alles andere interessiert doch gar nicht.“
    Morn hob ein wenig den Kopf; ihre Augen, rundum bräunlichschwarz verfärbt, als hätten sich darin Schwindsucht und Verfall eingenistet, lugten über die Kniescheiben. Ihre Stimme zitterte, als hätte sie Furcht oder wäre vom Wahnsinn umnachtet. »Sie sind zu ‘ner besseren Antwort fähig.“
    Angus nuckelte an seiner Oberlippe, gab sich gleichgültig nachlässig.
    Aus irgendeiner Ursache fühlte er sich mitteilsam, beinahe großmütig
    aufgelegt. Möglicherweise hatte Morn inzwischen wirklich den Verstand verloren. Selbstsüchtige Besitzgier erwärmte Angus’ Gemüt, als wäre sie eine Form von Zuneigung.
    »Na schön«, sagte er unvermittelt. »Ich werde dir was über mich erzählen. Eine kleine Geschichte, die dir vielleicht den Durchblick erleichtert.« Er schmunzelte hämisch. »Ich hatte da mal ‘n Zimmerkumpel.“
    Morn Hyland musterte ihn, ohne eine Reaktion zu zeigen.
    »Auf der Erde«, erklärte Angus. »Im Erziehungsheim. Als kleine Rotznase. Damals wußte ich zuwenig, um zu vermeiden, daß man mich aufgreift. Scheißbande ... Ich bin ertappt worden, wie ich mich an ‘m Fraßautomaten bediente. Aber denen ist’s natürlich egal gewesen, daß ich’s aus Hunger getan hatte. Denen ging’s nur darum, mich zu ›bessern‹.
    Aus mir ein mützliches Mitglied der Gesellschaft zu machen. Mich zu ‘m Bückling zu erziehen. Also hat man mich ins Heim gesteckt. Hat mir gar nicht gepaßt. Da hab ich mir eines geschworen: Daß niemand mich je wieder einlochen wird...« Damit allerdings schweifte er ab. Angus verspürte keinerlei Lust zu Gedanken ans Eingesperrtsein. Falls er daran dachte, wäre es aus mit seiner momentanen Laune des Wohlwollens, und er erlitte einen Wutausbruch. Im Verlauf der Jahre hatte er einige Verzweiflungsakte begangen, verwegene Taten, deren scheinbare Kühnheit wahrscheinlich den Eindruck von Tapferkeit erweckten. Aber mit Mut hatten die absolut nichts zu tun gehabt. Er hatte sich so verhalten, um der Gefahr des Eingesperrtwerdens zu entrinnen.
    »Ich hatte einen Zimmerkumpel«, wiederholte er. »Ich hätte Glück, hieß es, bloß einen zu haben. Meistens wohnten drei oder vier Heiminsassen in einem Zimmer. Es lag aber nicht am Glück. Sie hatten mich dort allein mit diesem Scheißtyp zusammengesteckt, weil sie dachten, das wäre gut für meine ›Erziehung‹. Sie waren alle wie Polizisten.« Bei der Erinnerung an die Gewalt, die sie über ihn gehabt hatten, hätte er am liebsten ausgespien. »Ähnliche Leute wie du. Sie
    quasselten von Förderung und Besserung, aber in Wahrheit hatten sie Freude an der Macht. Genau wie du. Der Macht, mich eventuell zu töten. Oder mich zum Wurm zu degradieren. Ist ja das gleiche. Ich bin ja bloß ‘n Straßenbengel gewesen, den man beim Plündern eines Fraßautomaten geschnappt hatte. Ich konnte mich nicht wehren.
    Deshalb dachten sie, mich könnten sie leicht zurechtbiegen. Mein Zimmergenosse sollte mir ‘n Vorbild sein. Sie kehrten ihn als einen ihrer Riesenerfolge raus. Er war ins Heim eingewiesen worden, weil er Scheine aus der Brieftasche seines Stiefvaters stibitzt hatte, und nach bloß fünf Jahren ›Förderung‹ und ›Erziehung‹ befand er sich auf dem Weg der ›Besserung‹. Er sollte mir bei der ›Besserung‹ helfen. Scarl lautete sein Name. Ein gewaltiges Arschloch ist er gewesen, die Sorte von Ganove, die Scheiße frißt und dabei lächelt. Er hatte ‘n richtiges Grinsgesicht. Und wie er mich fördern wollte, au ja. Er hätte alles getan, um gut dazustehen. Er hatte sich überlegt, um durchzukommen, war’s die beste Methode, der kleine Liebling des Heimpersonals zu sein, den Wärtern vorzuspiegeln, er sei ‘n nettes, harmloses Jüngelchen, sich ihre Gunst zu sichern. Und in mir sah er seine

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