Archer Jeffrey
Grübeleien, wie ich mein Vermögen aufteilen könnte, nun, da Millie nicht mehr die Haupterbin sein kann.«
Cornelius nahm einen weiteren langen Zug an seiner Zigarre, ehe er fortfuhr: »Seit ungefähr einem Monat habe ich mir Gedanken über die Menschen um mich herum gemacht – meine Verwandten, Freunde, Bekannten und ehemaligen Angestellten –, und ich habe mich gefragt, wie sie sich mir gegenüber verhalten haben. Das führte mich zu der Frage, wer von ihnen mir die gleiche Verehrung, Aufmerksamkeit und Loyalität zukommen ließe, wäre ich kein vielfacher Millionär, sondern ein mittelloser alter Mann.«
Frank lachte. »Hast du auch mich gewogen? Und für zu leicht befunden?«
»Nein, nein, mein lieber Freund«, rief Cornelius rasch. »Wenn ich bei dir auch nur die leisesten Zweifel hätte, würde ich dich nicht ins Vertrauen ziehen.«
»Aber sind solche Überlegungen nicht ein wenig unfair deiner Familie gegenüber, ganz zu schweigen von …«
»Vielleicht, aber ich will nichts dem Zufall überlassen. Deshalb habe ich beschlossen, die Wahrheit selbst zu ergründen, denn alles andere wäre unbefriedigend.« Wieder machte Cornelius eine Pause und paffte an seiner Zigarre, ehe er fortfuhr: »Ich brauche deine Mithilfe, um meinen Plan in die Tat umzusetzen. Aber lass mir dir zuerst nachschenken.« Cornelius erhob sich, griff nach dem leeren Cognacschwenker seines Freundes und ging zum Sideboard.
»Wie ich schon sagte«, Cornelius reichte Frank das neu gefüllte Glas, »habe ich mir in letzter Zeit Gedanken gemacht, wie meine Mitmenschen sich verhalten würden, wenn ich ein armer Teufel wäre. Und nach reiflicher Überlegung bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es nur eine Möglichkeit gibt, das herauszufinden.«
Frank nahm einen tiefen Schluck, ehe er fragte: »Was hast du vor? Einen vorgetäuschten Selbstmord?«
»Nichts so Dramatisches«, antwortete Cornelius. »Aber fast, denn …« Wieder legte er eine Pause ein. »Ich beabsichtige, Bankrott zu machen.« Er starrte durch den Rauch und hoffte, die Reaktion seines Freundes zu erkennen. Doch wie so oft blieb die Miene des alten Anwalts undeutbar, zumal er erkannte, dass sein Freund zwar einen überraschenden Zug gemacht hatte, aber das Spiel noch lange nicht zu Ende war.
»Und wie willst du diese Sache durchziehen?«
»Ich möchte, dass du morgen Vormittag den fünf Personen schreibst, die das größte Anrecht auf mein Vermögen haben: meinem Bruder Hugh, seiner Frau Elizabeth, ihrem Sohn Timothy, meiner Schwester Margaret und meiner Haushälterin Pauline.«
»Und was soll ich schreiben?« Frank bemühte sich, nicht zu skeptisch zu erscheinen.
»Erklär ihnen, dass ich mich aufgrund einer überstürzten Investition nach dem Tod meiner Frau einer hohen Schuldenlast gegenübersehe. Dass ich ohne ihre Hilfe wahrscheinlich Konkurs anmelden muss.«
»Aber …«, protestierte Frank.
Cornelius hob eine Hand. »Lass mich zu Ende reden«, bat er, »denn dir fällt die entscheidende Rolle in diesem Spiel zu. Sobald du sie überzeugt hast, dass sie keinerlei finanzielle Unterstützung von mir erwarten können, werde ich die zweite Phase meines Plans in die Tat umsetzen. Dabei dürfte sich herausstellen, ob sie sich etwas aus mir machen oder nur aus den Reichtümern, die sie sich von mir erhoffen.«
»Jetzt bin ich aber gespannt«, gestand Frank.
Cornelius blickte in sein fast leeres Glas.
»Wie du weißt, hat jede der fünf genannten Personen mich vor einiger Zeit um ein Darlehen gebeten. Ich habe mir keine Schuldscheine dafür geben lassen, sondern die Rückzahlung der Beträge als Ehrensache betrachtet. Diese Darlehen bewegen sich zwischen 100.000 Pfund für meinen Bruder Hugh, damit er den gepachteten Laden kaufen konnte – der, wie ich hörte, recht gut geht –, bis hinunter zu 500 Pfund als Anzahlung für einen Gebrauchtwagen, den meine Haushälterin Pauline erworben hat. Sogar der junge Timothy brauchte 1000 Pfund, um einen Kredit an die Universität zurückzahlen zu können. Er scheint in seinem Beruf recht gut voranzukommen; es dürfte also nicht zu viel verlangt sein, ihn und die anderen zu bitten, das Geld zurückzugeben.«
»Und der zweite Test?«, wollte Frank wissen.
»Seit Millies Tod hat jeder von ihnen mir bestimmte Gefälligkeiten erwiesen, die sie gern getan haben und die ihnen keine Mühe bereiteten – behaupten sie jedenfalls. Ich möchte herausfinden, ob sie bereit sind, sich diese Mühe auch für einen mittellosen alten Mann zu machen.«
»Aber
Weitere Kostenlose Bücher