Atlantis
sprachen, war ihm nichts als eine vorübergehende Unpäßlichkeit, verursacht durch die anstrengenden Reisen der letzten Wochen. Juanita wußte es besser. In Kapstadt, da geschah es zum ersten Male, als sie nach jene Zusammentreffen mit Tredrup allein in ihrem Zimmer war. Ein ungekanntes Schwächegefühl hatte sie taumeln lassen. Ein heftiger Schmerz hatte ihre Brust zusammengekrampft. Stundenlang hatte sie gelegen, bis der Anfall überwunden war.
Am nächsten Morgen war sie abgereist. Die frische Seeluft über dem Atlantik hatte ihr die alte Spannkraft wiedergegeben… scheinbar… es war wiedergekommen… stärker. Bis sie nach der Rückkunft von Montegna in ihrem Heim zusammenbrach. Und nun war sie hier, nur mit Widerstreben von Guy Rouse freigegeben.
Wie lange würde sie hier bleiben können? Wie lange würde er sie hier lassen? Nur zu deutlich hatte er ihr gezeigt, wie schwer er sie entbehrte.
Er? Sein Herz? Nein! Sein Geist, dessen Werkzeug sie war… Willenlos?!
Was war es, was sie an ihn fesselte? Liebe? Hass? Der Rausch, in den er sie damals versetzte, war nur allzu rasch verflogen. Bald mußte sie fühlen, daß er gesättigt war, daß seine Augen nach anderer Schönheit suchten. Ihr Stolz hatte sich aufgebäumt. Fliehen? Wohin? Montegna war ihr verschlossen. Er erriet ihre Gedanken, wie er es auch verstand, in den verborgensten Falten ihrer Seele zu lesen. Und er wollte sie nicht verlieren. Nur zu gut hatte er erkannt, wie nützlich, wie wertvoll dies an Körper und Geist gleich hervorragende Geschöpf ihm bei seinen Plänen war. Als er sah, daß das glänzende Leben allein sie nicht an seiner Seite halten konnte, änderte er sein Verhalten.
Sein faszinierendes Wesen, dem alles unterlag, was mit ihm in Berührung kam, zwang auch sie. Vergeblich rang sie immer wieder dagegen. Sie blieb bei ihm… blieb, schwankend zwischen Neigung und Hass. Wie oft hatte sie in Stunden, wo sie fern von ihm war, geglaubt, sich von ihm lösen zu können. Immer wieder hatte diese rätselhafte Macht, die von ihm ausging, sie besiegt.
Jahre des Kämpfens waren es, bis sie resignierte, bis sie aufgab, bis sie sein willenloses Werkzeug war. Selten nur noch ein kurzes Rebellieren, wenn ihr Stolz allzu sehr getreten wurde, wenn allzu kraß das Unsaubere seiner Pläne ihr ins Bewußtsein trat.
Ein Rätsel, die Macht dieses Mannes… ein Rätsel ihr Herz. Die Hände der Liegenden preßten sich an die Stirn, als müßte sie sie finden, die Lösung. Im Fluge zogen die Jahre vor ihren Sinnen vorbei.
Die Schulreiterin… sie stockte… was war’s, was ihn zu dieser Frau zog? War’s auch hier nur der Trieb der Sinne? Nein! Hier schien es mehr zu sein. Durch einen Zufall war sie auf die Spur gekommen, war ihr nachgegangen. Sie hatte zurückgeführt bis zum Kanal.
In der gleichen Zeit, in der er in ihr Leben brach, hatte er auch jene umworben. Umworben? Ja! Hier war’s Werben, Werben um mehr als das jugendschöne Mädchen. Gefühlsmäßig hatte sie das erfaßt. Ein Hieb für ihren Stolz, für ihr Selbstbewußtsein.
Und dann hatte sie dieses Mädchen gesehen… im Zirkus in Kapstadt, und Hass und Neid hatten ihre Hand geführt, hatten sie jene Rosen schleudern lassen, die die andere zum Sturz brachten. Im letzten Augenblick wollte ihre Hand zurück, aber der Wurf war geschehen… und dann war Tredrup gekommen. Zu spät! Hätte sie ihn nur früher gesehen!
Alte, verborgene Wunden rissen damals wieder auf. Die Szene im Park in Kapstadt stand greifbar vor ihren Augen. Hätte er ihn nicht gesehen, den verhängnisvollen Wurf! Die Stunden des reinen Glücks, die sie mit ihm verlebt, waren in Sekundenschnelle an ihr vorübergegangen; ein reines Gefühl war in ihr aufgewallt, das sie zu ihm hinzog.
Da stellte der Mann die Frage, die sie zur Lüge zwang, zur Lüge, die mehr als alles andere sie für immer von ihm schied.
Ihre Hände sanken schlaff auf die Decke zurück. Unaufhaltsam liefen zwei Tränen über die blassen Wangen. Zu spät! Immer zu spät!
Erregt schleuderte sie die Decke zurück, sprang auf und eilte aus dem Raum.
Weg mit den Gedanken! Den Erinnerungen! Ablenkung! Was anderes! Da! Der Fernseher! Mechanisch betätigte sie ihn. Eine Weile stand sie… hörte und sah mit halben Sinnen.
Immer wieder der Kanal?
Da! Ihre Augen weiteten sich. Was vernahmen sie? Der ganze Isthmus erschüttert… in fürchterlichen Erdbeben, die alles vernichteten… die Zahl der Todesopfer ungeheuer… der Golfstrom… Europa… Sie schaltete
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