Atlantis
Harlessen.« Das breite, freundliche Gesicht des jungen Hamburgers lachte ihr zu.
»Wir kriegen sie doch noch.« Er reichte ihr die Hand und riß die Springende an Bord.
»Los! Los, Herr Mönkeberg!«
»Immer noch nicht, Fräulein Harlessen. Der Señor da drüben, der Vertreter der heiligen Hermandad, muß auch noch mit.«
»Hallo, Señor! Vamos! Andelante! Los!«
»Sofort! Sofort, Señor.«
Christie sah, wie der sich eben noch eine Zigarette drehte.
»Vorwärts! Los, los!« Christie war auf dem Sprung zum Land zurück.
»Ich bin schon da… schon da, Señorita!«
Tatsächlich kam er endlich in beschleunigtem Tempo an Bord.
»Los!«
Die »Hirundo« drehte vom Kai ab. Langsam ging’s durch das Gewimmel des Hafens.
»Halbe Kraft voraus«, schrie Mönkeberg, der auf der Brücke stand und das Steuer selbst führte. Mit einem Ruck zog die Jacht an. Schneller, immer schneller schoß ihr Kiel durch die leichte See. Minuten später, und die letzten Landmarken lagen zurück. Da!
»Volle Kraft voraus!«
Das Summen der Maschinen ging in helles Klingen über. Schneller, immer schneller wurde die Fahrt. Dann, als wenn das Boot Flügel bekäme, fing es an, sich zu heben. Höher… höher… Der Bug schien das Wasser zu verlassen.
»Höchstgeschwindigkeit!« gab Mönkeberg das Kommando. Aus dem Maschinenraum klang’s wie das Spiel höchstgestimmter Saiten. Und dann… ein Gleiten… ein Schweben. Wie ein Schlitten über Schnee fuhr der breite Kiel über das Wasser.
Hirundo… die Schwalbe! Wie das Spiel der Schwalben über dem Wasser war die Fahrt des Gleitbootes. Christie stand neben Mönkeberg. Das Gesicht des Hamburgers war verwandelt. Verschwunden das behäbige, gemütliche Lächeln. Die Augen starr über den Steven nach vorn, zwei tiefe Falten über der Nasenwurzel, die Lippen zusammengekniffen, die Hände um das Steuer gekrampft. Sportsmann in jeder Faser. Vergessen war alles, was ihn zu dieser Fahrt gebracht. Nur der eine Gedanke… sie einholen, abfangen vor dem Ziel, der Dreißigmeilengrenze, an der die chilenische Souveränität endete.
Wieviel Knoten? Sein Blick fuhr zum Zeiger des Tachometers. Neunzig Knoten! Nicht genug! Mehr Druck auf die Turbinen, mehr Kompression in die Gaskammer! Dann… wie ein Stöhnen ging es durch den Schiffskörper; die Maschinen heulten auf. Der Bug hob sich wie zum Sprung.
Christie taumelte zur Rückwand.
Der Vordersteven, hoch aus dem Wasser gehoben, schien, wie von Flügeln getragen, den ganzen Schiffskörper mit sich zu reißen. Kaum daß noch das Heck im Wasser blieb, die Schrauben im Wasser schlugen. Mönkeberg blickte aufs Tachometer. Er nickte. Achtundneunzig… neunundneunzig… hundert… hundertundeinhalb… Sein Gesicht flog zu Christie herum.
»Eine knappe Viertelstunde, zehn Minuten noch, und wir haben sie…«
Christie starrte hinüber zu den Simmons-Schiffen, jede Faser ihres Körpers bebte.
Bei Tagesgrauen war sie in Valparaiso angekommen… nach einem Eilflug von zwölf Stunden. Ihr erster Schritt war zum Hafen gewesen. Die beiden Schiffe lagen klar zur Abfahrt.
Sie war an Bord geeilt, hatte mit dem alten Kapitän gesprochen, ihm ihre Papiere, ihre Vollmachten gezeigt. Dieser hatte mit den Achseln gezuckt, sie an den Vertreter der Firma gewiesen. Alle Vorstellungen, alle Bitten waren vergeblich. Das Äußerste, was sie ihm abzuringen vermochte, daß er die Abfahrt um ein paar Stunden verzögern wolle.
Zwei Uhr nachmittags spätestens in See! Am Hafen hatte sie ein Taxi genommen, war zum Konsulat gefahren, hatte lange mit dem Mißtrauen des Konsuls zu kämpfen gehabt, der sie schließlich an die Gerichtsbehörde verwies, einen Anwalt empfahl. Diesen hatte sie aufgesucht. Er war nicht zu Hause, war im Gerichtsgebäude. Dorthin! Langes Suchen, endlich fand sie ihn. Ein kluger, ein ehrlicher Mann!
Sie gingen zum Richter, trugen die Sachlage vor. Christies Kenntnis der spanischen Sprache erleichterte die Verhandlung.
Der Richter zögerte, konnte oder wollte nicht an den ungeheuren Betrug glauben und lehnte jede gerichtliche Verfügung ohne Anhörung der Gegenseite ab.
Ein Expreßbote wurde geschickt, den Vertreter zu laden. Der war nicht aufzufinden…
Wieder begann der Kampf um einen Gerichtsbeschluß. Ein Funkgespräch mit der Hamburger Stammfirma! Das war die äußerste Konzession des Richters. Die Verbindung versagte… atmosphärische Störungen.
Christie war verzweifelt. Sie ließ den Anwalt bei Gericht zurück und raste im Wagen zum Hafen.
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