Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Titel: Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Freiherr von Eichendorff
Vom Netzwerk:
funkelte recht auf ihren pfiffigen
     Augen, wie sie hervorguckten. Ich hielt den Atem an und blickte unverwandt hinunter. Es dauerte auch nicht lange, so trat
     wirklich die Gärtnerin, ganz so wie sie die Kammerjungfer gestern beschrieben hatte, zwischen den Bäumen heraus. Mein Herz
     klopfte mir zum Zerspringen. Sie aber hatte eine Larve vor und sah sich, wie mir schien, verwundert auf dem Platz um. – Da
     wollts mir vorkommen, als wäre sie gar nicht recht schlank und niedlich. – Endlich trat sie ganz nahe an den Baum und nahm
     die Larve ab. – Es war wahrhaftig die andere, ältere gnädige Frau!
    Wie froh war ich nun, als ich mich vom ersten Schreck erholt hatte, daß ich mich hier oben in Sicherheit befand. Wie in aller
     Welt, dachte ich, kommt die nur jetzt hierher? wenn nun die liebe schöne gnädige Frau die Blumen abholt – das wird eine schöne Geschichte werden! Ich
     hätte am Ende weinen mögen vor Ärger über den ganzen Spektakel.
    Indem hub die verkappte Gärtnerin unten an: «Es ist so stickend heiß droben im Saale, ich mußte gehen, mich ein wenig abzukühlen
     in der freien, schönen Natur.» Dabei fächelte sie sich mit der Larve in einem fort und blies die Luft von sich. Bei dem hellen
     Mondschein konnte ich deutlich erkennen, wie ihr die Flechsen am Halse ordentlich aufgeschwollen waren; sie sah ganz erbost
     aus und ziegelrot im Gesicht. Die Kammerjungfer suchte unterdes hinter allen Hecken herum, als hätte sie eine Stecknadel verloren.
    «Ich brauche so notwendig noch frische Blumen zu meiner Maske», fuhr die Gärtnerin von neuem fort, «wo er auch stecken mag!»
     – Die Kammerjungfer suchte und kicherte dabei immerfort heimlich in sich selbst hinein. – «Sagtest du was, Rosette?» fragte
     die Gärtnerin spitzig. – «Ich sage, was ich immer gesagt habe», erwiderte die Kammerjungfer und machte ein ganz ernsthaftes,
     treuherziges Gesicht, «der ganze Einnehmer ist und bleibt ein Lümmel, er liegt gewiß irgendwo hinter einem Strauche und schläft.»
    Mir zuckte es in allen meinen Gliedern, herunterzuspringen und meine Reputation zu retten – da hörte man auf einmal ein großes
     Pauken und Musizieren und Lärmen vom Schlosse her.
    Nun hielt sich die Gärtnerin nicht länger. «Da bringen die Menschen», fuhr sie verdrießlich auf, «dem Herrn das Vivat. Komm,
     man wird uns vermissen!» – Und hiermit steckte sie die Larve schnell vor und ging wütend mit der Kammerjungfer nach dem Schlosse
     zu fort. Die Bäume und Sträucher wiesen kuriose, wie mit langen Nasen und Fingern, hinter ihr drein, der Mondschein tanzte
     noch fix, wie über eine Klaviatur, über ihre breite Taille auf und nieder, und so nahm sie, so recht wie ich auf dem Theater
     manchmal die Sängerinnen gesehn, unter Trompeten und Pauken schnell ihren Abzug.
    Ich aber wußte in meinem Baume droben eigentlich gar nicht recht, wie mir geschehen, und richtete nunmehr meine Augen unverwandt
     auf das Schloß hin; denn ein Kreis hoher Windlichter unten an den Stufen des Einganges warf dort einen seltsamen Schein über
     die blitzenden Fenster und weit in den Garten hinein. Es war die Dienerschaft, die soeben ihrer jungen Herrschaft ein Ständchen
     brachte. Mitten unter ihnen stand der prächtig aufgeputzte Portier wie ein Staatsminister vor einem Notenpulte und arbeitete
     sich emsig an einem Fagott ab.
    Wie ich mich soeben zurechtsetzte, um der schönen Serenade zuzuhören, gingen auf einmal oben auf dem Balkone des Schlosses
     die Flügeltüren auf. Ein hoher Herr, schön und stattlich in Uniform und mit vielen funkelnden Sternen, trat auf den Balkon
     heraus und an seiner Hand – die schöne junge gnädige Frau, in ganz weißem Kleide, wie eine Lilie in der Nacht oder wie wenn
     der Mond über das klare Firmament zöge.
    Ich konnte keinen Blick von dem Platze wenden, und Garten, Bäume und Felder gingen unter vor meinen Sinnen, wie sie so wundersam
     beleuchtet von den Fackeln hoch und schlank dastand und bald anmutig mit dem schönen Offizier sprach, bald wieder freundlich
     zu den Musikanten herunter nickte. Die Leute unten waren außer sich vor Freude, und ich hielt mich am Ende auch nicht mehr
     und schrie immer aus Leibeskräften Vivat mit.
    Als sie aber bald darauf wieder von dem Balkon verschwand, unten eine Fackel nach der andern verlöschte und die Notenpulte
     weggeräumt wurden und nun der Garten ringsumher auch wieder finster wurde und rauschte wie vorher – da merkt ich erst alles
     – da

Weitere Kostenlose Bücher