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Azathoth - Vermischte Schriften

Azathoth - Vermischte Schriften

Titel: Azathoth - Vermischte Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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sich um die immer geringer werdende Feuchtigkeit der Höhlen und erkannten endlich, daß das Ende nahe war. Sie waren so wenig herumgekommen, daß keiner von ihnen je die winzigen, sagenhaften Eisflecken gesehen hatte, die in der Nähe der Pole des Planeten übrig waren - falls es sie überhaupt noch gab. Selbst wenn es sie gegeben hätte und sie dem Menschen bekannt gewesen wären, hätte sie niemand durch die pfadlosen gewaltigen Wüsten erreichen können.
    Und so schmolzen die armseligen wenigen Stellen dahin...Sie entzieht sich der Beschreibung, diese furchteinflößende Kette von Ereignissen, welche die ganze Erde entvölkerte; die Tragweite ist zu ungeheuerlich für jeden einzelnen Menschen, als daß er sie sich ausmalen oder sie erfassen könnte.
    Von der Bevölkerung der glücklichen Erdzeitalter, vor Milliarden Jahren, wären nur einige wenige Propheten und Wahnsinnige imstande gewesen, sich vorzustellen, was da kommen sollte - die Visionen von stummen, toten Landstrichen und längst leeren Ozeangründen. Die übrigen hätten gezweifelt -
    gezweifelt am Schatten der Veränderung über dem Planeten und am Schatten des Untergangs über der Spezies. Denn der Mensch hat sich von jeher für den unsterblichen Herrn der Dinge gehalten.
    Sobald er die Todespein der alten Frau gelindert hatte, wanderte Ull in angsterfüllter Betäubung in den blendenden Sand hinaus. Sie war furchterregend gewesen,
    zusammengeschrumpft und vertrocknet wie verdorrte Blätter.
    Ihr Gesicht hatte die Farbe vergilbten Grases, das im heißen Wind raschelte, und sie war abstoßend alt.
    Doch war sie eine Kampfgefährtin gewesen, jemand, vor dem man über vage Ängste sprechen konnte, über diese unglaubliche Lage, eine Kameradin, mit der man seine Hoffnungen auf Hilfe von den stummen Kolonien jenseits der Berge teilen konnte. Er wollte nicht glauben, daß woanders niemand mehr lebte, denn Ull war jung und nicht so festgefahren in seinen Überzeugungen wie die Alten.
    Seit vielen Jahren hatte er niemand außer der Alten gekannt -
    sie hieß Miaddna. Sie war an jenem Tag in seinem elften Jahr gekommen, als alle Jäger auf Nahrungssuche ausgezogen und nicht zurückgekehrt waren. Ull konnte sich an seine Mutter nicht erinnern, und es gab wenige Frauen in der winzigen Gruppe. Als die Männer verschwanden, hatten die drei Frauen, die junge und die beiden alten, vor Angst geschrien und lange gejammert. Dann war die junge verrückt geworden und hatte sich mit einem spitzen Stock umgebracht. Die alten begruben sie in einer flachen Vertiefung, die sie mit den Nägeln scharrten, und darum war Ull allein gewesen, als die noch ältere Miaddna kam.
    Sie ging mit Hilfe eines knorrigen Stockes, einer
    unbezahlbaren Reliquie aus den alten Wäldern, von Jahren des Gebrauchs hart und glänzend geworden. Sei verriet mit keinem Wort, woher sie kam, sondern stolperte in die Hütte, als die junge Selbstmörderin begraben wurde. Dann wartete sie, bis die beiden alten Frauen zurückkehrten, und sie wurde ohne zu fragen aufgenommen.
    So ging es viele Wochen, bis die beiden erkrankten und Miaddna sie nicht heilen konnte. Merkwürdig, daß die zwei Jüngeren von der Krankheit befallen wurden, während sie schwach und uralt weiterlebte!
    Miaddna hatte sie viele Tage gepflegt, aber schließlich starben sie, so daß er mit der Fremden allein zurückblieb. Er weinte die ganze Nacht, bis sie schließlich die Geduld verlor und drohte, sich ebenfalls umzubringen. Daraufhin beruhigte er sich sofort, denn es verlangte ihn nicht nach völliger Einsamkeit.
    So lebt er also mit Miaddna, und sie sammelten Wurzeln.
    Miaddnas verfaulte Zähne waren kaum für diese Nahrung geeignet, aber es gelang ihnen, sie so zu zerkleinern, bis sie sie schlucken konnte. In diesem ermüdenden Einerlei von Nahrungssuche und Nahrungsaufnahme verlief Ulls Kindheit.
    Jetzt war er groß und stark, neunzehn Jahre alt, und die Alte war tot. Nichts mehr konnte ihn zum Bleiben bewegen, daher machte er sich kurzentschlossen auf, die sagenhaften Hütten jenseits der Berge zu suchen und bei den Menschen dort zu leben. Er besaß nichts, was er auf seine Reise hätte mitnehmen können. Ull schloß die Tür seiner Hütte - warum, hätte er nicht sagen können, denn seit Jahren schon gab es keine Tiere mehr hier - und ließ die Tote im Innern zurück. Halbbetäubt und voll Angst über seine eigene Kühnheit marschierte er stundenlang durch trockenes Gras und erreichte schließlich die Ausläufer der Berge. Der

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