Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur
der Finsternis stehen. Hätte das Phantom nicht den Lichtschalter gefunden und gedrückt, hätte die Finsternis sicher noch länger angehalten. Als das Licht anging, starrten sich Behzat Ç und der grauhaarige Mann immer noch an, ohne dem Blick des anderen auszuweichen. Der Mann brach die Stille, indem er sagte: »Wir haben von dir gehört, du sollst ein fähiger Beamter sein.«
Als er die Treppen herunterstieg, drehte er sich noch einmal um: »Der Ton macht die Musik.«
Von der Bar führte nur ein sichtbarer Ausgang auf die Terrasse. Sie bot eine Postkartenaussicht. Der dichte Schneefall zauberte aus den Lichtern der Sakarya ein Ensemble warmer Farbtöne. Ein Mann mit einem um den Kopf gewundenen Schal sammelte aus Mülltonnen Bierdosen zusammen und kälteunempfindliche Betrunkene schlitterten Arm in Arm die Straße entlang, bald fallend, bald sich aufraffend, immer mit Schlagseite dorthin, wo der schwerste von ihnen ging.
Das Geländer der Terrasse, das Sıtkı nach Spuren untersuchte, war etwas höher als einen Meter. Behzat Ç fragte in einer Lautstärke, die nur das Phantom vernehmen konnte: »Was haben die denn hier gemacht?«
»Wer weiß?«
»Metin von der Terrorbekämpfung war auch unten. Er wollte mal auf einen Sprung bei uns vorbeischauen…«
Behzat Ç bemerkte das ausgefuchste Lächeln auf den Lippen des Phantoms und lachte mit einem ähnlichen Gesichtsausdruck zurück. Als er auf der Herrentoilette eine in Zeitungspapier eingewickelte Tüte mit Captagon-Pillen fand, trug er immer noch das gleiche Lächeln. Als er aber auf der Damentoilette eine im Wasserkasten versteckte Pistole fand und sah, daß ihr ein Schalldämpfer aufgeschraubt war, verschwand das selbstsichere Lächeln aus seinem Gesicht und er gab den Gedanken auf, nach Hause zu fahren.
3
Behzat Ç las die ersten Aussagen und versuchte sich, da die Teeküche noch zu hatte, an einem schlammtrüben Nescafé. Er betrachtete die eingetütete Waffe der Marke Beretta vom Kaliber 22. Um den Schalldämpfer aufsetzen zu können, war ein Gewinde geschnitten worden, vielleicht hatten sie dafür sogar den Lauf ausgewechselt. Harun kam mit einer Tüte Poğaça herein.
»Frühstück. Möchtest du mit Käse oder mit Oliven?«
Er drückte die 216 in dem bis zum Rand mit Zigarettenstummeln gefüllten Aschenbecher aus und brummte mit kratziger Stimme: »Laß mal.«
Cevdet stürmte tollpatschig ins Zimmer. Er war von Haus aus Agraringenieur und hatte von einem Gesetz profitiert, das arbeitslosen Akademikern die Möglichkeit gab, sich für den Polizeidienst zu bewerben. Ausgerechnet für die Mordkommission hatte er sich entschieden. Als habe er eine äußerst bedeutsame Nachricht zu überbringen, richtete er aus: »Herr Vorgesetzter, der Inhaber der Bar wünscht Sie zu sprechen.«
Behzat Ç massierte seine Augen.
»Er soll warten, ich komm gleich«, sagte er. »Besorg du mir mal ein Aspirin.«
Das Telefon auf seinem Tisch schrillte hektisch. Er zuckte zusammen und nahm den Hörer ab. Er hörte zwei bis drei Minuten lang zu und machte sich eifrig Notizen. Als er auflegte, war sein Gesicht bewölkt.
»Wer war das?«, fragte Harun.
»Metin. Vor vier Monaten haben sie das Mädchen wegen einer politischen Straftat verhaftet. Jetzt ist mir auch klar, warum der Metin da rumstrolcht.«
»Genau, am zweiten Tag wurde sie entlassen«, sagte Harun, »und bekam eine Anklage wegen Teilnahme an einer verbotenen Demonstration und Widerstand gegen die Staatsgewalt, ist aber nichts draus geworden.«
»Woher weißt du das?«
»Hat mir auch Metin erzählt.«
»Was ist das nur für ein Diensteifer in aller Herrgottsfrühe? Hm… Egal, laß uns mal die Mitbürger draußen vorknöpfen.«
Harun nahm einen großen Bissen von seinem Poğaça.
»Erstmal will ich aufessen.«
Bevor er die Aussagen der Zeugen aufnahm, faßte Behzat Ç den Hergang folgendermaßen zusammen: »Das Todesopfer Betül Gülsoy studierte an der Fakultät für Geschichts- und Kulturwissenschaften im dritten Jahr türkische Sprache und Literatur. Gegen ein Uhr nachts tritt sie auf die Terrasse. Die letzte Person, die mit ihr gesehen wurde, ist Ayşen. Waren die beiden eng befreundet?«
»Ja. Nach eigenen Angaben soll sie ihre beste Freundin gewesen sein.«
»Also war das die Verheulte im Minibus?«
»Richtig.«
»Hat sie ihre beste Freundin von der Terrasse gestürzt? Könnte durchaus sein. Freundschaft ist ja heutzutage auch nicht mehr das, was sie mal war. Es gibt nur einen bekannten Ausgang
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