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Berge des Wahnsinns: 2 Horrorgeschichten

Berge des Wahnsinns: 2 Horrorgeschichten

Titel: Berge des Wahnsinns: 2 Horrorgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard P. Lovecraft
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verschiedenster Art, Rundtürme mit knollenartigen Ausbuchtungen, zerbrochene Säulen in kuriosen Gruppierungen und fünfeckige oder fünfarmige Gebilde von geistverwirrender Absurdität. Als wir näherkamen, konnten wir an einzelnen Stellen durch das Eis hinabsehen und entdeckten einige der röhrenförmigen Steinbrücken, die in unterschiedlicher Höhe die verrückt gesprenkelten Bauwerke miteinander verbanden. Ordentliche Straßen gab es anscheinend keine, die einzige breite, offene Schneise befand sich eine Meile weiter links, wo zweifellos früher einmal der Fluß durch die Stadt und in die Berge geflossen war.
    Mit unseren Ferngläsern konnten wir feststellen, daß die horizontalen Friese fast ausgelöschter Reliefs und Gruppen von Tupfen an den Außenmauern sehr häufig waren, und wir konnten uns beinahe vorstellen, wie die Stadt einstmals ausgesehen haben mußte obwohl natürlich die meisten Dächer und Turmspitzen zerstört waren. Das Ganze mußte ein kompliziertes Gewirr von Sträßchen und Gassen gewesen sein, tiefen Schluchten vergleichbar und manchmal wegen des überhängenden Gemäuers und der sich darüber spannenden Brücken kaurh besser als Tunnel. So lag die Stadt zu unseren Füßen, düster drohend wie ein Traumgebilde vor dem Nebel im Westen, den die rötlichen Strahlen der tiefstehenden antarktischen Frühnachmittagssonne nur schwach zu durchdringen vermochten; und als für einen Moment die Sonne dichter verhüllt wurde und die Szenerie vorübergehend in dunklen Schatten getaucht war, nahm alles ein so bedrohliches Aussehen an, wie ich es nie würde beschreiben können. Selbst das schwache Heulen und Pfeifen des Windes in den hohen Gebirgspässen hinter uns schien mit einmal wilder und zielbewußt bösartig. Die letzte Etappe unseres Abstiegs in die Stadt war ungewöhnlich steil und beschwerlich, und ein freiliegender Felsen an der Kante, wo der abschüssige Hang begann, ließ uns vermuten, daß hier einmal eine künstliche Terrasse gewesen war. Sicher befand sich unter der Eisschicht eine Treppe oder etwas Ähnliches. Als wir schließlich unten in der Stadt angelangt waren und über herabgestürztes Mauerwerk kletterten, schaudernd ob der bedrückenden Nähe und schier unglaublichen Höhe der allgegenwärtigen, zerbröckelnden und ausgehöhlten Mauern, beschlichen uns abermals Gefühle von einer Art, daß ich mich wundern muß, welch hohen Grad an Selbstbeherrschung wir trotz allem bewahrten. Danforth war unverkennbar nervös und fing an, die absurdesten Mutmaßungen über die Greuel im Lager anzustellen die ich um so mehr bedauerte, als einige seiner Schlußfolgerungen sich aufgrund vieler Einzelheiten in diesen morbiden Überresten aus alptraumhafter Vergangenheit auch mir geradezu aufdrängten. Diese Mutmaßungen blieben auch nicht ohne Einfluß auf seine Einbildung; denn an einer Stelle wo eine mit Trümmern übersäte Gasse einen scharfen Knick machte wollte er partout schwache Spuren auf dem Untergrund gesehen haben, die ihm gar nicht gefielen; ein andermal wieder blieb er stehen und horchte auf ein schwaches, imaginäres Geräusch aus nicht feststellbarer Richtung ein gedämpftes, melodieartiges Pfeifen, meinte er, nicht unähnlich dem des Windes an den Höhleneingängen, aber doch auf beunruhigende Weise anders. Das immer wieder auftauchende Grundmotiv der Fünfeckigkeit in den uns umgebenden Bauwerken und die wenigen erkennbaren Arabesken an den Mauern hatten etwas finster Bedrohliches, dem wir uns nicht entziehen konnten, und erfüllten uns mit einer vagen, unterbewußten und doch schrecklichen Gewißheit über die urzeitlichen Wesen, die diese unseligen Bauwerke errichtet und in ihnen gelebt hatten.
    Doch trotz allem waren Forscherdrang und Abenteuerlust uns noch nicht ganz abhanden gekommen, und wir erledigten fast mechanisch unsere Aufgabe, Proben von allen verschiedenen Gesteinsarten abzuschlagen, die in dem Mauerwerk vertreten waren. Wir wollten eine möglichst vollständige Sammlung haben, um bessere Schlüsse auf das Alter des Ortes ziehen zu können. Nichts in den großen Außenmauern schien aus einer wesentlich späteren Periode als dem Jura zu sein, noch stammte auch nur ein einziger Steinbrocken in der ganzen Umgebung aus einem jüngeren Zeitalter als dem Pliozän. Kein Zweifel, wir wandelten inmitten eines Todes, der mindestens 500000 Jahre geherrscht hat, und aller Wahrscheinlichkeit nach sogar noch länger.
    Als wir unseren Weg durch das Zwielicht im Schatten der großen

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