Bis einer weint! - 20 böse Ratschläge für gute Menschen (German Edition)
bist.
17. HALTEN SIE SICH VON ANDEREN FERN!
Willst du was gelten, mach dich selten!
Deutsches Sprichwort
Wissen Sie, was ein MOF ist? Googeln Sie doch mal! Und fragen Sie sich dann, warum Menschen andere Menschen danach beurteilen, ob sie Freunde haben oder nicht. Wir haben die Freundschaft als zweite Währung entdeckt. Nur wer Freunde hat, der ist ein vollwertiger Mensch. Unter Schüler beobachtet man eine irritierende Tendenz: Mädchenfreundschaften werden nicht gepflegt, sondern öffentlich zelebriert. Im Internet werden Bilder und Treueschwüre veröffentlicht, die nur dann einen Wert erhalten, wenn möglichst viele sie kommentiert haben. Wenn andere es nicht sehen, ist es nicht passiert!, ist die Philosophie, die dahintersteckt.
Die Freundschaft ist nur so gut, wie sie nach außen wirkt. In einem immerwährenden Verfahren der eigenen Zurschaustellung feiern Menschen Privates nun öffentlich online. Ich weiß, es ist die alte Leier vom Verschwinden der Privatsphäre im Internet, aber da ist noch etwas: Denn man beurteilt nicht nur Menschen nach ihren Kontakten, sondern auch nach ihren Nichtkontakten . Die MOFS …
Nicht Kontakte zu haben, bedeutet heute nicht zu existieren . Dies ist natürlich völliger Blödsinn, aber es wird uns täglich suggeriert und was macht das mit uns? Es ist ein äußerst effizienter Anschlag auf unser Selbstbewusstsein. Lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen. Unser Bewusstsein von uns entsteht nicht mehr durch unsere Erfahrungen, sondern dadurch wie sie von anderen wahrgenommen werden. Im Prinzip ist das der erste Schritt zur Selbstaufgabe. An dieser Stelle muss jetzt der berühmteste deutsche Philosoph zitiert werden.
„Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ Kant
Aber das tun wir nicht, wir folgen der Botschaft der Masse. Ich bin nur da, wenn ich gesehen werde und das bedeutet:
Lassen Sie sich unterjochen und suchen Sie so viele Kontakte wie nur möglich. Nur dann sind Sie ein vollwertiger Mensch!
Nun habe ich einen bösen Ratschlag für Sie: Suchen Sie keine Freunde! Halten Sie sich von anderen fern. Es ist wie bei einem überstrapazierten Gummiband, je mehr Sie daran ziehen, umso intensiver will es sich zusammenziehen und zurückschnellen. Wer überall ist, ist nirgendwo.
Wenn Sie also in die soziale Falle tappen und denken, Sie benötigen viele Kontakte, viele Menschen um sich, dann wird man Ihnen genau das Gegenteil demonstrieren. Wer etwas dringend will, bekommt es als Letzter. Schließlich freut er sich dann am meisten darüber. Sie müssen sich in Zurückhaltung üben. Der Wert der Freundschaft ist durch das Internet völlig im Keller gelandet und niemand kann mehr unterscheiden, wer Freund und wer nur Onlinesymbol ist.
Sie chatten regelmäßig mit einem Menschen, denn Sie fast nie sehen? Ist das ein Freund? Oder nur eine kuriose Form von Unterhaltung? Zu Freundschaften gehören das Sehen, das Sprechen, das Fühlen und das Hören. Tippen fällt einem als Letztes dazu ein. Sie müssen andere Maßstäbe anlegen. Ihre Aufmerksamkeit ist kostbar. Verteilen Sie sie nicht an blinkende Namen im Internet. Aber gilt das auch für die Realität? Ja. So ist es und so war es schon immer.
Zurückhaltung und vorsichtige Auswahl wurde immer gepredigt. Bis sich durchsetzte, dass Gesellschaft ein gesellschaftlicher Wert wurde. Aber wer hat das eigentlich durchgesetzt? Sehen wir sie doch mal genauer an, die Menschen, die die Regeln bestimmen. Sie haben meist eines dieser drei Merkmale:
Reich, jung oder schön. Wir huldigen dem, was wir nicht haben können.
„Wenn du fragst, wie die Leute hier sind, muss ich dir sagen: wie
überall! Es ist ein einförmiges Ding um das Menschengeschlecht. Die
meisten verarbeiten den größten Teil der Zeit, um zu leben, und das
bisschen, das ihnen von Freiheit übrig bleibt, ängstigt sie so, dass sie
alle Mittel aufsuchen, um es los zu werden. O Bestimmung des Menschen!“ aus:
Die Leiden des jungen Werther.
Wieder lamentiert Werther über die Schwächen der Menschen. Was er meint, ist, dass wir vor der Freiheit so viel Angst haben, dass wir der Masse folgen.Und die liebt nun mal das Geld, die Jugend und die Schönheit. Und wenn Masse nun auch massenweise Freunde bedeutet, dann tun wir das auch.
Und wenn wir mal wieder bei den großen Klassikern sind, dann dürfen wir auch Heinrich Heine nicht vergessen. Achten Sie auf die letzten beiden Strophen. In ihnen
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