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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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die von Österreich und Preußen vor fünf Jahren zugestandene Erbfolge des Prinzen Christian von Sonderburg-Glücksburg nie sanktioniert und dies als Selbstmord deutscher Nachgiebigkeit bezeichnet. Als jetzt die frechen Danskes einer kerndeutschen Bevölkerung das Joch der Danisierung mit Verfassungsbruch aufzwingen wollten, mußte der Aufschrei in ganz Deutschland den Bundestag zur Tat rufen.
    Anfang Juli erschien plötzlich auf Durchreise nach Paris der kleine Fürst Gortschakow in Frankfurt, den Otto sofort aufsuchte, weil er wußte, daß dies etwas zu bedeuten hatte. Nach gegenseitigen Komplimenten putzte der Russe seine Brillengläser: »Da hätten wir also wieder die dänische Frage, die unserem hochseligen Zar so naheging!«
    »Auch Seiner Majestät dem Zaren Alexander II.?«
    »Rußlands System bleibt immer das gleiche,« versetzte der kleine Mann hochtrabend. »Wie ich weiß, beredeten Sie sich darüber mit dem Kaiser der Franzosen.« »Allerdings«, bekräftigte Otto ruhig. »Ich stellte vor, daß es Ehrenpflicht sei, die deutschen Untertanen der Krone Dänemark in ihren verbrieften Rechten zu schützen.«
    »Pflicht von Preußen?« fragte der Russe mit einem Anflug von Spott.
    »Pflicht von Deutschland. Ich bereite Sie darauf vor, daß diesmal Einstimmigkeit am Bundestage herrscht.«
    »Sapristi, geschehen noch Wunder? Das wäre das erstemal! Darf man fragen, wie sich der Kaiser Napoleon dazu stellt?«
    »Man darf, denn Sie werden das gleiche in Paris erfahren.« Gortschakow lächelte fein, er lebte und starb in dem Glauben, daß jeder Staatsmann immer zwei verschiedene Eisen im Feuer hat, die er abwechselnd hervorzieht, und daß bewußte Doppelzüngigkeit das wahre Wesen echter Politik sei. Daß dieser Preuße und der unheimliche Empereur beide bis zu einem gewissen Grade das Eindeutige liebten, weil bei unnötiger Falschheit nichts als Aufenthalt und Verwirrung herausschaut und Winkelzüge nur Toren täuschen, begriff er nicht. »Frankreich wird Preußens Forderung in Kopenhagen unterstützen, vorausgesetzt, daß man nicht das Dasein Dänemarks gefährdet.«
    »Und wenn die Dänen trotzig bleiben und die Deutschen Gewalt anwenden?«
    »Dann behält er sich Aktionsfreiheit vor, jedoch in uns wohlwollendem Sinne.«
    »Dieser Sinn richtet sich nach den Umständen, wie bei uns.«
    »Rußland hat hier nur das gleiche Interesse wie wir: territoriale Integrität Dänemarks.«
    »Freilich. Doch ich dachte mir –«
    »Jede Änderung wäre uns unbequem. Doch eben diese neue oktroyierte Generalverfassung ändert den legitimen Rechtszustand.«
    »Hm! Diese deutschen Untertanen gaben Proben genug von revolutionärer Unruhe.«
    »Heut nicht mehr. Jetzt liegt die Demokratie ganz auf dänischer Seite, wie immer bei nationalistischer Strömung.«
    »Demokratie und Nationalismus nahe verwandt? Das läßt sich hören.« Der kleine Herr nahm wieder Zuflucht zu seiner Brille, deren Beschaffenheit er bessern mußte, um klarer zu sehen.
    »Jawohl, die Revolutionäre hetzen stets Nationalitäten gegeneinander wie in Italien, Ungarn und Polen.« Das saß!
    »Ah, ah! Ich muß gestehen, Sie legen Beziehungen dar ... ich glaube, wir werden handelseins.« –
    Es kam sehr gelegen, daß Prinz Friedrich von Hessen ihn zu einer Jagdtour nach Skandinavien einlud. Das bot guten Vorwand, die dänische Frage aus der Nähe in Augenschein zu nehmen.
    *
    Durch die weiche Augustluft über Kreidefelsen der Küste hin schwamm ein roter Mond, dies Farbenphänomen auf hoher See, das sich allmählich in grasgrüne, orangegelbe, weißliche Tinten wieder auflöst. Auf den Wogenbusen spielten die Mondstrahlen in leuchtenden Ringeln wie Nixenreigen. Hier also längs der Terasse von Helsingör wandelte Hamlet und sah seines Vaters Geist in Waffen. Otto starrte nach dem Seeland hinüber und sah auch einen Geist in Waffen.
    König Friedrich VII., der ihn zur Audienz erwartete, hatte sich den Degen umgeschnallt und einen Helm aufgesetzt. Er begann taktvoll mit Schilderungen des letzten Krieges zwischen Dänemark und Preußen, wo er oft allerhöchst dabei war. »Als ich vor Kolding rückte, ha, da hagelte es Granaten. Ich gab den Befehl zum Sturme und setzte mich an die Spitze.« Natürlich saß er damals hübsch zu Hause und ein weiblicher Schatten, den eine sonnige Nebengalerie an die Wand warf, belehrte Otto, daß der ganze Speech an die Gräfin Danner gerichtet war, die mit ihrem Liebhaber wie mit einem Leibeigenen verkehrte. »Ja, die herrliche neue

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