Blamage!
Peinlichkeitsempfinden und Scham? AnschlieÃend begeben wir uns auf einen historischen Rundgang durch die Geschichte der Peinlichkeit â vom Hof in Versailles, wo es als populärer Zeitvertreib galt, sich gegenseitig so eloquent wie möglich zu blamieren, bis zur Ãra Helmut Kohl, ein Politiker, der in den 1980ern einem ganzen Land peinlich war (und kurioserweise trotzdem immer wieder gewählt wurde). Wir unternehmen eine Weltreise zu den Fettnäpfchen, die überall auf dem Globus auf uns warten (oder hopsen elegant an ihnen vorbei). Und natürlich werfen wir einen Blick auf die peinlich enthüllten Reichen, Mächtigen und Berühmten. Häme und Schadenfreude liegen diesem Buch selbstverständlich fern (es sei denn, jemand hat es wirklich verdient), stattdessen übt der Autor auf mitfühlende und humorvolle Weise Solidarität mit allen peinlich berührten Leserinnen und Lesern. Letztlich ist dieses Kompendium ja auch als therapeutische Alltagshilfe und Ermutigung für alle Schüchternen gedacht. Denn am Ende der Lektüre stellt sich die berechtigte Frage: Lohnt sich die Mühe, alle erdenklichen Blamagen zu verhindern? Lohnt sich unser Streben nach Perfektion in Sachen Verhalten, Style und Sitten? Lohnt es sich überhaupt, cool zu werden?
Kapitel 1
Panorama der Peinlichkeiten I â Flirten & Feiern
Flirtdebakel â Pannen auf dem Feld der Liebe
Der Flirt, das Werben, die erste zarte Kontaktaufnahme â hier lauern unzählige Gelegenheiten, sich lächerlich zu machen. Auch die Promis kennen das. Harald Schmidt etwa beschrieb in der Zeitschrift Stern sein Jugend-Dilemma: »ScheiÃe ausgesehen und nichts draufgehabt, was den Mädels imponiert hätte. Die Dates hatten die Sportstars der Schule. Hätte ich bei den Bundesjugendspielen 4000 Punkte gemacht und keine Akne gehabt, hätte ich keine Witze machen müssen.« Die britische Schauspielerin Gemma Arterton (Bondgirl in Ein Quantum Trost) erinnert sich in einem Interview: »Als Teenie war ich dicklich und verschroben, die Jungs schwirrten immer um andere Mädchen herum. Auch heute bin ich eher diejenige, die nervös wird, sobald sie einen Mann attraktiv findet. Generell bin ich ein Blindfisch, wenn es ums Flirten geht.« Besonders heikel sind die ersten Annäherungsversuche in der Jugend. Barack Obama etwa denkt in seiner Autobiografie Dreams from my father an ein Mädchen in seiner Schulzeit zurück: »Coretta, so hieà sie, war bisher die einzige Schwarze in der Klasse gewesen. Sie war dick und hatte wohl nicht viele Freunde.« Nach einem harmlosen Fangspiel mit ihr auf dem Pausenhof zeigten plötzlich die Kinder auf das Paar und riefen Barry zu: »Coretta hat einen Freund! Warum küsst du sie nicht, los, mach schon!« Barack, dem die Sache mit dem uncoolen Mädchen nun höchst peinlich war, erklärte laut: »Ich bin nicht ihr Freund!« und stieà Coretta von sich. Dennoch fühlte er sich wie ein Verräter: »Den ganzen Nachmittag musste ich an Corettas Gesichtsausdruck denken, diese Mischung aus Enttäuschung und Vorwurf.« Auf den folgenden Seiten finden Leserinnen und Leser zahlreiche Beispiele desaströser Flirtunfälle.
Peinliche Anmachsprüche
Primitive, veraltete oder affektierte Anmachsprüche sind hochgradig lächerlich. Routinierte Womanizer sind allerdings davon überzeugt, dass es auf den Inhalt der Sprüche eigentlich gar nicht ankommt. Wenn die Chemie stimmt, ist per Blickkontakt bereits alles klargemacht; was man sagt, ist dann egal, Hauptsache, man sagt irgendwas.
Allzu routinierte Galanterie
BlumenstrauÃ, Tür aufhalten, Küss die Hand, gnädige Frau â Formvollendung alter Schule kann beeindrucken, muss aber gekonnt sein: Nichts ist schlimmer, als beim Handkuss die Lippen sabbernd aufzusetzen oder beim Feuergeben den Fransenpony der Dame zu versengen. Oder ihr noch unbeholfen in den Mantel hineinhelfen wollen, während sie schon patzig sagt: »Das kann ich selber!«
Im Ãbrigen: Der perfekte Galan hat ja auch etwas Langweiliges, geradezu verdächtig Routiniertes. Stattdessen gehören zu einem wirklich überzeugenden Flirt paradoxerweise auch einige wohldosierte Peinlichkeiten, die der Angebeteten die Authentizität einer aufgewühlten Gefühlswelt suggerieren: Erröten, Stammeln, lächerlich unpassende Komplimente oder mit ungelenken Worten formulierte Einladungen.
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