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Blaulicht

Blaulicht

Titel: Blaulicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nacke
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Knallkopf«, entgegnet Kalz gereizt. »Ist aber auch egal. Machst du da gerade Yoga oder irgend so ’nen anderen Esoterikmist? Ist hoffentlich gut fürs Gedächtnis.«
    »Hab dicke Füße. Die Hitze und der verdammte Biermuskel!« Er deutet auf seinen Bauch, der sich deutlich unter dem fadenscheinigen T-Shirt abzeichnet. »Und bei dir alles senkrecht, Mann?«
    »Passt schon. Wieso gehst du denn nicht an dein Telefon? Ich hab’s mindestens zehnmal probiert heute Vormittag.«
    »Hm.«
    »Was heißt das? War was Wichtiges? Bist du mit dem Fall weitergekommen?«
    »War im Krankenhaus. Handyverbot, weißt schon.«
    Wenn Kalz eines nicht ausstehen kann, dann ist es, einem Kollegen die Würmer aus der Nase ziehen zu müssen. Bei Zeugen oder Verdächtigen geht es meist nicht anders, okay, da gehört es eben zum Spiel. Aber Kollegen, die sich bitten lassen – ! Trotzdem weiß er, dass er sich jetzt zurückhalten muss. Menschen wie Milan Zahorka schalten sehr schnell auf stur, wenn man ihnen auf die falsche Tour kommt.
    »Komm schon, Milan! Weshalb warst du im Krankenhaus, und was ist mit dem Staufert?«
    »Ist beim großen Manitu.«
    »Ist was?« Kalz glotzt den Drogenfahnder mit einem Gesicht an, das aussieht wie ein aus Haut und Knochen geformtes Fragezeichen.
    »Ist in den ewigen Jagdgründen«, sagt Milan trocken, »trifft sich mit Mary Jane und ihren Jungfrauen im Paradies, singt mit den Engelein Halleluja, betrachtet das Gras von unten, hat den Löffel abgegeben – ganz wie du willst.«
    »Der Mann ist tot?«, flüstert Kalz und spürt, wie der Teppichboden unter seinen Füßen nachgibt.
    »Mausetot«, sagt Milan.
     
    *
     
    Kascha hatte ein Taxi genommen, um ins Nordklinikum zu fahren. Aus früheren Besuchen weiß sie, dass es am Freitagnachmittag schwierig ist, einen Parkplatz in einer der Straßen rund um das Klinikgelände zu finden, und bei den knapp dreißig Grad, die es heute schon wieder hat, dürfte das Suchen in dem Einbahnstraßenlabyrinth rund um den Kirchenweg eine Zumutung für Nerven und Kreislauf sein.
    Noch immer hat sie den Geschmack von Zitroneneis auf der Zunge und muss sich das Lachen über das verkneifen, was ihr die junge Kollegin auf Zeit über Häckel, den alten Gauner, erzählt hatte. Zusammen mit einem befreundeten Veterinär vom Nürnberger Tiergarten hatte er sich auf ein Experiment gestürzt, in dessen Mittelpunkt eine indonesische Schleichkatze steht. In freier Wildbahn, hatte Häckel der vollkommen perplexen Ermittlerin erzählt, seien diese Katzen geradezu süchtig nach den vollreifen Früchten wilder Kaffeesträucher und würden die prallen, roten Kaffeekirschen wie verrückt in sich reinstopfen, mit Stumpf, Stiel und – hoho, vor allem mit Kern. Kascha konnte sich den alten Zausel lebhaft vorstellen, als Zoe ihr die Szene wild gestikulierend und überaus plastisch schilderte. Im Magen der Katzen, hatte Häckel behauptet, würde das Fruchtfleisch dann verdaut werden, die unverdaulichen Kerne aber über den Darm wieder ausgeschieden, nicht ohne vorher durch die Magensäure auf ganz unnachahmliche Weise fermentiert zu werden. Bei dem Wort   unnachahmlich   soll er laut Zoe wie ein Wahnsinniger gegrinst haben. Irgendwer war dann wohl auf die Idee gekommen, diese Kerne aus dem Katzenkot zu klauben, zu reinigen, zu rösten und als Luxuskaffee an besonders betuchte Kunden zu verkaufen. Kascha muss immer noch über das Gesicht lachen, das Zoe gemacht hat, als sie ihr die Geschichte erzählte. Und es sieht dem Giftmischer Häckel absolut ähnlich, seinen Tierarztkumpel davon überzeugt zu haben, sich ebenfalls eine goldene Nase zu verdienen, genau wie der clevere Kaffeezüchter in Indonesien, der als erster auf diese lukrative Geschäftsidee gekommen war. So verrückt kann man gar nicht denken, als dass nicht irgendwo auf dieser Welt etwas viel Verrückteres bereits Realität ist, geht es der Psychologin durch den Kopf, als sie über das weite, hitzestarrende Klinikgelände geht, in dessen Zentrum sich eine riesige Baustelle befindet, die wirkt wie eine offene Wunde in einem Körper.
    Ein paar Wassersprenger mühen sich redlich, die spärlichen Gras- und Blumeninseln zwischen den einzelnen Stationen zu versorgen. Die traurig herabhängenden Blütenköpfe der ehemals bunten Pracht zeugen aber von der Aussichtslosigkeit dieses Unterfangens. Das Wasser stiebt durch die trockene Luft, erzeugt hier und dort noch einen kleinen Regenbogen und verdunstet zum größten Teil, noch bevor es die

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