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Blut und Rüben

Blut und Rüben

Titel: Blut und Rüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Voehl
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genauso anhörte. Wahrscheinlich waren wir beide keine Frühaufsteher. »Um vier Uhr haben mich die Kollegen aus den Federn geholt und in die Pampa gehetzt. Aber da hatte die Polizei schon alles abgeriegelt. Zur Falkenburg kommen Sie nicht hoch. Ziemliche Sauerei, die der Mörder da hinterlassen haben muss. Sie kennen diese Wolfsangeln?«
    Im Mittelalter streiften Wölfe noch rudelweise durch Lippe. Mit den sogenannten Wolfsangeln rückte man ihnen zu Leibe. Zwanzig Zentimeter lange Fanggeräte, mit Widerhaken versehen. Die Widerhaken wurden mit Fleischködern verdeckt und das Ganze an Bäumen aufgehängt – bis die arme Sau am Angelhaken hing und grausam zu Tode kam. Ich war schon immer der Ansicht gewesen, dass der Mensch das schlimmste aller Raubtiere ist.
    »Schon mal irgendwo auf Bildern gesehen, ja«, sagte ich. »Wieso?«
    »Der aufgefundene Kopf hing an einer Wolfsangel. Das haben wir natürlich nicht übers Radio verbreitet. Wir wollen unseren Hörern ja nicht den Appetit aufs Frühstück verderben.«
    »Ich bin weniger zart besaitet«, antwortete ich. »Wo lag denn der Rest von diesem Ludwig, der da gefunden wurde?«
    »Den Rest sucht man noch. Ehrlich gesagt darf ich darüber gar nicht mehr reden. Man hat mir einen Maulkorb verpasst.«
    Ich wurde hellhörig. »Einen Maulkorb?«
    »Mord ist nicht unbedingt gut fürs Image. Wir leben von der Werbung, ich meine, als Fremdenverkehrsregion, und wir als Radiosender ja schließlich auch.«
    Sein Tonfall klang sarkastisch. Offensichtlich wiederholte er genau die Worte, die man ihm eingetrichtert hatte.
    »Und Werbekunden bekommen wir damit auch keinen einzigen mehr rein. Oder können Sie sich den aktuellen Gerry-Weber-Jingle und den coolen Herforder-Pilsener-Spot als Einrahmung eines möglichst blutigen Fundberichtes vorstellen?«
    »Ihre Steffi könnte das bestimmt entsprechend verkaufen«, schlug ich vor. Dann bedankte ich mich und legte auf.
    Luna hatte es sich zu meinen Füßen bequem gemacht. Ich war noch immer ein gutes Stück zu früh dran, daher nervte sie nicht.
    Dennoch zog es mich nicht wieder zurück ins Bett. Es drängte mich hinaus. Ich musste mehr über den Mord wissen. Allein um zu erfahren, ob es wirklich Ludwigs Kopf war, der gefunden worden war. Nicht nur weil ich es Armin versprochen hatte. Inzwischen hatte ich selbst Blut geleckt.
    Anstatt ausgiebig zu duschen, gönnte ich mir nur eine Katzenwäsche. Aufs Rasieren hatte ich eh seit einigen Tagen mal wieder verzichtet. Wenn einen ständig nur der eigene Spiegel ansieht, vergisst man jegliche Eitelkeit.
    Auf dem Weg nach unten begegnete mir zunächst Duffy. Duffy war das Faktotum des Hauses. Er selbst wäre über diese Bezeichnung wahrscheinlich entsetzt gewesen, denn er bezeichnete sich als Butler alter Schule. Duffy hieß eigentlich Dieter. Dieter Grabowski. Aber er war britischer als jeder Zugereiste von der Insel. Er hatte den Butlerberuf in London von der Pike auf gelernt. Inzwischen war er eigentlich in einem Alter, in dem er bei manchen Tätigkeiten selbst einen Diener nötig gehabt hätte – aber in stoischer Treue dachte er nicht ans Abdanken. Wie immer war er auch an diesem frühen Morgen wie aus dem Ei gepellt. Sein schwarzer Anzug schien frisch aus der Reinigung zu kommen.
    Duffy hatte nur einen Fehler – wenn man denn eine gewisse Vorliebe von ihm so bezeichnen wollte. Er hatte stets ein Kaugummi im Mund. Er entschuldigte es damit, dass er drei Jahre lang bei einem texanischen Milliardär in Dienst gewesen sei. Dort hatte er es sich angewöhnt – und war seitdem nicht mehr davon losgekommen.
    Im Gegensatz zu seinem ansonsten stoischen Gesichtsausdruck strahlte er an diesem Morgen geradezu. Zumindest verzog er einen Mundwinkel nach oben, als ich ihn grüßte.
    »Morgen, Duffy«, knurrte ich. Noch immer war ich nicht so gut drauf, dass ich zu einem längeren Gespräch mit ihm bereit gewesen wäre. Ich wollte mich an ihm vorbeidrücken, aber er schüttelte den Kopf. Tadelnd, aber nicht unfreundlich.
    » Good Morning, Sir! Aber Sie wollen doch nicht in diesem, verzeihen Sie, Aufzug heute hier herumlaufen?«
    Ich verharrte. Er brachte es tatsächlich fertig, mich aus der Fassung zu bringen. Ich sah an mir hinab. Die Jeans trug ich seit einer Woche, aber dafür war sie ja geschaffen. Das T-Shirt mit der verwaschenen Neil Young-Aufschrift hatte wahrscheinlich auch schon bessere Tage gesehen, aber immerhin wurde es von der Cordjacke verdeckt. Die war mein bestes Stück. Bester

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