1:0 Tüftelzapf
Käsemäuse und Krümelmäuse
Zwischen Käsemäusen und Krümelmäusen kam es seit Generationen immer wieder zu Reibereien. Warum? — Nun, man wird es gleich hören:
Die Käsemäuse waren ein wohlgenährter Mäusestamm, der sich unter der fetten Wiese bei der Käsefabrik „Kraftmeier & Co.“ eingenistet hatte — mit direkten Transportwegen zu den Kraftmeierschen Käselagerräumen versteht sich. Die Vorratskammern der Käsemäuse quollen über von Käse, selbst ausgereifte Sorten wie Limburger, Jahrgang 1925, oder ein 75jähriger Romadur waren keine Seltenheit.
So kam es, daß die Käsemäuse einen einträglichen Käsehandel mit aller Mäuse Länder führen konnten — und die Geschäfte liefen prächtig. Nur mit den Krümelmäusen wollten sie nichts zu tun haben. — Was hatten die schon anzubieten! Unter ihrem kargen Krümelacker, der dem Stoppelbauern gehörte, wurde selten eine Maus fett. Von ein paar Schlauschwänzen abgesehen. Aber die trieben auch dunkle Geschäfte. Der Gemischtwarenhändler Madenspeck war so einer und der Schlürfigel und... Man brauchte nur die Kulleraugen offenzuhalten!
„Ganz klar, daß sich da drüben allerlei Gesindel herumtreibt — bei dieser Abstammung!“ tuschelten die Käsemäuse. Und: „Was waren denn ihre Großeltern? Herumziehende Kesselflicker und liederliche Tanzmäuse! — Waaas, das wissen Sie nicht! — Na, hör’n Sie mal...!“
Oder: „Und erst diese Krümelmädchen...! Mit dem struppigen Pelz und den häßlichen, langen Schwänzen... Nein, pfui! — Kein Wunder, daß die bei den Miß-Maus-Wahlen immer nur auf den letzten Platz kommen.“
Und schon der kleinste Käsewicht wußte, daß es „da drüben“ nicht ganz geheuer war. Wie sagten doch die Käsemamas zu ihren Zappelmäusen: „Wenn du nicht brav bist, holt dich der Krümelschwanz!“ Das wirkte immer!
Nein, diese Krümelmäuse waren den Käsemäusen einfach zu — na, sagen wir: zu unterentwickelt.
Mit der schlecht gekleideten Abordnung, die sie von Zeit zu Zeit ins Käseland schickten, wurde man immer schnell fertig:
„Was habt ihr anzubieten?“ fragte dann die Käsewirtschaftsobermaus, indem sie ihren fetten Schwanz wie einen Regenschirm elegant in den Arm einhängte. „Fahrräder, Radios, Bananen, Kokosnüsse...?“
Aber die Krümelhandelsobermaus hatte selten etwas Besseres zu bieten als: getrocknete Brotkrümel — begrenzt haltbar — Maiskörner, von denen man einen Blähbauch bekam, und winzige Mengen saurer Weintrauben, die am Haus des Stoppelbauern kaum die Sonne gesehen hatten. — Sogar die Nebelkrähen hatten sie verschmäht.
Für so ein Angebot hatte die Käsewirtschaftsobermaus nur ein schmerzliches Lächeln übrig.
„Hihihi — Brotkrümel, Maiskörner, Sauertrauben... gestatten, daß ich lächle — hähähä! Nein, meine liebe Handelsmaus...“
„Ober...!“ verbesserte die Krümelhandelsobermaus und nestelte unruhig an ihren ausgefransten Manschetten. „Meinetwegen — Obermaus! — Nein, nein, mein Lieber, so kommen wir nie und nimmer zusammen! Aber wenn Sie einmal Besseres anzubieten haben — sagen wir: Radios, Fahrräder, Bananen, Kokosnüsse...! — Und wenn ich Ihnen noch einen freundschaftlichen Rat geben darf, Verehrtester, sagen Sie doch Ihren Krümeldamen, sie sollen sich nicht nur von schäbigen Maiskörnern ernähren — das schadet dem Pelz! Sie wissen ja: Bei der letzten Miß-Maus-Wahl erreichten Ihre Krümelmädchen nicht einmal die Zwischenrunde!“ Wenn die Käsewirtschaftsobermaus das Gespräch für beendet hielt, zog sie einfach ihre Jacke aus und ließ die Türen öffnen.
„Ihr... ihr Bäuche, ihr...!“ zischte die Krümelhandelsobermaus durch ihre zitternden Schnurrbarthaare und trat eilig den Rückzug an.
So schnell wurde man in der Käseburg mit diesen ungepflegten Krümelmäusen fertig, daß der letzte Mann der Delegation Mühe hatte, seine Schwanzspitze vor der zuschlagenden Tür in Sicherheit zu bringen.
„Lüften!“ krächzte dann die Stimme der Käsewirtschaftsobermaus aus dem Konferenzzimmer.
Und das, obwohl es in der Käseburg auch nicht gerade nach Veilchen duftete.
Mäuse haben große Ohren
Am nächsten Tag verkündete eine fettgedruckte Schlagzeile auf der ersten Seite der „Krümelpost“:
„KEIN KÄSE IN AUSSICHT!“
„Alice, hast du’s schon gelesen?“ rief Balduin Bimsfeigel seiner Frau zu, die gerade in der Küche wie alle Tage den madigen Maisbrei kochte. „Nix is’ mit Käse! — Weder zu Weihnachten noch
Weitere Kostenlose Bücher