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Blutfeuer

Titel: Blutfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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Ferkel zu verwirren, aber es hatte nichts
genutzt. Riemenschneider hatte alles gefunden. Sogar Lagerfelds Unterhose.
    »Komm, Bernd, wir müssen jetzt ins Bett und wenigstens ein paar
Stunden schlafen«, meinte Haderlein zu seinem Kollegen und streckte sich.
»Draußen wird’s bald hell, und unsere sportlichen Mädels müssen wir auch noch
verabschieden.«
    Mit diesen Worten packten die drei Ermittler/-innen ihre
Siebensachen, Riemenschneider kam an die Leine, und gemeinsam verließen sie
müde die Bamberger Polizeidirektion.
    Der bärtige Fremde hatte seine Prozedur in vier der fünf Zimmer erledigt, und nirgendwo war er auf Schwierigkeiten gestoßen. Die Altenheimbewohner lagen
im Tiefschlaf. Für sie würde es kein Erwachen mehr geben, dachte der Mann und
öffnete die Tür zum fünften und letzten Zimmer. Gerade als er die Dose wie
zuvor auf den Boden gestellt und den roten Knopf gedrückt hatte, hörte er ein
Geräusch. Ein sanftes Rascheln, als ob eine Bettdecke zurückgeschlagen würde.
Dann sah er, wie sich zwei nackte, geschwollene Beine direkt neben ihm aus
einem Bett schwangen und auf den Boden stellten. Eine alte Frau mit
schlohweißem, leicht gelocktem Haar saß auf der Bettkante und starrte ihn an.
Langsam näherten sich seine Finger dem Metallstift am Kopf der Dose. Sie waren
nur noch wenige Millimeter entfernt, als eine heisere alte, doch kräftige
Frauenstimme ertönte.
    »So, des isses etzerd also. Die Kisten sin da.«
    Der schwarz gekleidete Fremde war einen Moment lang verwirrt. Dann
fasste er sich, lächelte und nickte freundlich.
    »Die Kisten, genau, die Kisten. Die von den Amerikanern«, fuhr die
alte Frau fort, während sie den Fremden mit ihren wässrigen Augen fixierte.
Seine Hand näherte sich wieder dem Metallstift.
    »Des sind bloß die Amis«, konnte man aus dem Mund der alten Dame
hören. »Wechen dena krieg ich die Kisten da nimmer nei. Überall Soldaten. Da
drüben steht scho widder aaner und nimmt mer den ganzen Platz weg. Diese
ausländischen Soldaten, des is des Lästiche an so am Krieg. Wie ist die
Parole?« Sie deutete aufgeregt in die hintere Ecke des Zimmers und fuchtelte
mit ihrem Arm in dieselbe Richtung. Der Fremde schaute sich kurz im Zimmer um.
Natürlich gab es hier keine Kisten und keine Amerikaner. Und Soldaten schon
gleich gar nicht.
    Er schüttelte leicht genervt den Kopf. Alles halb so wild, man hatte
ihn ja vorgewarnt. Er wusste, wie man die Frau beruhigen konnte. Man hatte ihn
genau instruiert. »Parole Schabeso?«, sagte er und wartete.
    Die angesprochene alte Frau blickte ihn strahlend an. »Schabeso,
jawoll! Endlich gibt’s a Schabeso bei dera Hitz! Alle ham dermaßen aan Durscht!
Her mit die ganzen Kästen!«, rief sie euphorisch und begann dann sofort leise
und in sich gekehrt eine Melodie zu summen. Auf ihr Gesicht hatte sich ein
versonnenes Lächeln gelegt, ihr Blick schien in weite Ferne gerichtet.
    Der Fremde berührte sie kurz mit der Hand, aber die alte Dame war
wohl bereits, eine Melodie summend, wieder in ihrer eigenen, sehr speziellen
Welt gelandet. Auch gut. Er bückte sich und zog schnell den Splint aus dem
Dosenkopf. Er konnte das ihm wohlbekannte Zischen hören, ein weißlicher Nebel
drang aus dem geöffneten Ventil und breitete sich, über den Boden kriechend,
zügig im ganzen Zimmer aus. An der Wand staute sich das Gas und begann nach
oben zu steigen. Schnell verließ er das Zimmer, ohne die alte Frau noch eines
Blickes zu würdigen. Als er die neongrüne Schrift auf der Wand im Flur sah,
musste er fast laut loslachen. Was für eine dämliche Idee. Aber für Humor war
keine Zeit. Er verließ die Station auf dem gleichen Weg, auf dem er gekommen
war. Als er durch den leeren Rahmen nach draußen gesprungen war, befestigte er
das Fenster wieder in seinem Scharnier in gekippter Stellung. Er glättete
notdürftig das frisch angesäte Beet, das er niedergetreten hatte, und
verschwand danach so lautlos, wie er gekommen war. Zwei Minuten später schien
es, als wäre der schwarz gekleidete Fremde nie hier gewesen.
    Die alte Frau wandte den Kopf, als der Mann die Tür zugezogen hatte.
Während sie eine altbekannte Weise weitersummte, wackelte sie schwerfällig, aber
ohne zu zögern, zu dem zischenden Objekt in der Raummitte. Lächelnd watete sie
durch die geschlossene Dunstdecke, die sich schon circa fünfzig Zentimeter hoch
auf dem Fußboden des Zimmers ausgebreitet hatte. Genau über der Dose, die
weiterhin wie ein kleiner Vulkan vor sich hin rauchte,

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