Brigitta
kannte. Das Gut hieß Marosheli, woher auch der Name der Familie stammte. Nach der Scheidung nahm sie ihren ursprünglichen Namen Marosheli wieder an, und begab sich in das Haidehaus, um sich dort zu verbergen.
So wie sie einstens, wenn man ihr wohl aus Mitleiden eine schöne Puppe gegeben hatte, dieselbe nach kurzer Freude wieder weg warf, und schlechte Dinge in ihr Bettchen trug, als Steine, Hölzchen und dergleichen: so nahm sie jetzt auch ihr größtes Gut, das sie hatte, nach Marosheli mit, ihren Sohn, pflegte und hüthete ihn, und ihr Auge hing einzig und allein über dem Bettchen desselben.
Wie er größer wurde, und sein kleines Auge und sein Herz sich erweiterte, that es auch das ihre mit; sie begann die Haide um sich zu sehen, und ihr Geist fing an, die Oede rings um sich zu bearbeiten. Sie nahm Männerkleider, stieg wieder, wie einst in ihrer Jugend, zu Pferde, und erschien unter ihrem Gesinde. Wie der Knabe sich nur auf einem Pferde halten konnte, war er überall mit, und die thätige, schaffende, heischende Seele seiner Mutter floß allgemach in ihn. Diese Seele griff immer weiter um sich, der Himmel des Erschaffens senkte sich in sie; grüne Hügel schwellten sich, Quellen rannen, Reben flüsterten, und in das öde Steinfeld war ein kraftvoll weiterschreitend Heldenlied gedichtet. Und die Dichtung trug, wie sie thut, auch ihren Segen. Manche ahmten nach, es erhob sich der Verein, Entferntere wurden begeistert, und hie und da auf der öden blinden Haide schlug sich ein menschlich freies Walten, wie ein schönes Auge auf.
Nach fünfzehn Jahren, während welchen Brigitta auf Marosheli hauste, kam der Major, indem er seinen Landsitz Uwar, wo er sonst nie gewesen war, bezog. Von diesem Weibe lernte er, wie er mir selber sagte, Thätigkeit und Wirken - und zu diesem Weibe faßte er jene tiefe und verspätete Neigung, von der wir oben erzählt haben.
Nachdem nun, wie am Eingange des Abschnittes erwähnt wurde, dieser Theil aus Brigitta's früherem Leben erzählt ist, gehen wir wieder in der Entwicklung der Zustände weiter, wo wir sie gelassen.
4. Steppengegenwart.
Wir ritten nach Marosheli. Brigitta ist wirklich jenes reitende Weib gewesen, das mir die Pferde mitgegeben hatte. Sie erinnerte sich mit freundlichem Lächeln an unsere alte Bekanntschaft. Meine Wangen wurden roth, weil ich auf das Trinkgeld dachte. Es war niemand anderer zum Besuche da, als der Major und ich. Er stellte mich als einen Reisebekannten vor, mit dem er einmal viel zusammen gewesen sei, und von dem er sich schmeichle, daß er nun von einem Bekannten in einen Freund über zu gehen im Begriffe sei. Ich erlebte die Freude - und es war mir wirklich keine unbedeutende - daß sie fast alle Dinge wußte, die sich auf mein früheres Zusammensein mit ihm bezogen, daß er ihr also viel von mir erzählt haben mußte, daß er noch mit Vorliebe bei jenen Tagen verweile, und daß sie es der Mühe werth hielt, sich diese Sachen zu merken.
Sie sagte, sie wolle mich nicht in ihrem Schlosse und in ihren Feldern herum führen, ich werde das gelegentlich sehen, wenn wir spazieren gehen, und wenn ich oft genug von Uwar werde herüber gekommen sein, wozu sie mich höflich einlade.
Dem Major machte sie einen Vorwurf, warum er denn so lange nicht herüber gekommen sei. Er entschuldigte sich mit den vielen Geschäften, und hauptsächlich damit, daß er ohne mich nicht herüber reiten wollte, und daß er doch vorher erst sehen wollte, wie sehr oder wie wenig ich zu seiner Freundin passe.
Wir gingen in einen großen Saal, in dem wir ein wenig ausruhten. Der Major zog eine Schreibtafel hervor und fragte sie um mehrere Dinge, die sie klar und einfach beantwortete, und von denen er sich manche aufzeichnete. Auch sie fragte dann um Verschiedenes, was sich auf manchen Nachbar, auf die Geschäfte des Augenblickes, oder auf den künftigen Landtag bezog. Ich sah bei dieser Gelegenheit, mit welch tiefem Ernste sie die Dinge behandelten, und welche Aufmerksamkeit der Major auf ihre Meinungen legte. Wo sie in etwas unsicher war, gestand sie ihre Unwissenheit und bat den Major um Berichtigung.
Als wir ausgeruht hatten, und der Major die Schreibtafel einsteckte, standen wir auf, um in den Besitzungen einen Spaziergang zu machen. Hier redete man häufig von den Veränderungen, die erst jüngst in ihrem Hause entstanden waren. Wenn sie hiebei auf Dinge seines Hauses kam, war es mir, als läge eine Art Zärtlichkeit darinnen, wie sie sich um dieselben
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