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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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nehmen, was sich da auf seinem Gesicht zeigte. Und er sprach sogar auch wieder, er fragte: »Ist Em-El schon zurück …?«
    Dreifaches Kopfschütteln; man mußte durchaus nachsichtig sein als Willys Kind in dieser Stunde, und man schaffte das, man schüttelte die eigene Verwunderung weg.
    Nun guckten die Brüder zu Britta, hatte sie nicht sprechen wollen? Sie war nicht sofort dazu imstande, sie räusperte sich, was sie sonst nie tat, ja sonst warf sie doch immer gleich die Worte in die Welt. Und nun schien sie sie endlich gefunden zu haben, denn sie holte Luft – da steckte Marieluise ihr Gesicht zur Tür herein, schon jetzt, schon um Viertel Sechs. Stark gerötet war das, sie mußte sich nicht weniger beeilt haben als vor ein paar Stunden Matti.
    Die Geschwister erhoben sich und gingen raus auf den Flur. Wo sie darüber rätselten, was Willy veranlaßt haben mochte, ihnen eine solch aberwitzige Spazierfahrt abzuverlangen.
    »Nichts«, meinte Britta, »ihr habt es ja gehört. Es ist einfach eine letzte Verrücktheit. Erinnert euch, wenn er mal von früher erzählt hat, sind immer gleich ziemliche Verrücktheiten zur Sprache gekommen, und unbewußt, unbewußt will er an die anknüpfen – für mich liegt das auf der Hand.«
    »Ich weiß nicht …«, wandte Matti ein, »ich habe noch im Ohr, wie er sagte, alles sei so plötzlich geschehen. Auf einmal lag er hier im Krankenhaus. Und so war es ja tatsächlich, überlegt mal: Er konnte den Gang, auf dem er gerade war, nicht mehr beenden, vielleicht will er es auf diese Weise tun? Vielleicht will er einfach noch seine Runde beschließen? Dauert die nicht eine Stunde im Normalfall, und verlangt er jetzt nicht auch eine Stunde? Wenn man länger darüber nachdenkt – ist das sogar ein ziemlich toller Wunsch! Ein richtig widerspenstiger Wunsch! Natürlich, er will sich nochmal zeigen, egal daß er tot ist, er dreht seine Runde zu Ende und erweitert sie sogar, mit unserer Hilfe, ihr habt doch gehört, kreuz und quer herumfahren sollen wir ihn, nein nein Britta, nie im Leben ist das eine Verrücktheit, im Gegenteil, das ist was Bewußtes, was ganz Durchdachtes, er hat es nur nicht mehr adäquat ausdrücken können.« Matti strahlte beinahe, so großartig fand er Willys Antrieb, hinter den er soeben gestiegen zu sein glaubte.
    »Für mich«, erklärte nun aber Erik nachdenklich, wenn nicht skeptisch, »ist nicht die Frage, was hinter dieser Idee steckt, sondern, wie wir sie eigentlich umsetzen sollen. Ist er nämlich erstmal tot, wird es zwangsläufig Aufmerksamkeit erregen, wenn wir versuchen, ihn hier rauszutransportieren. Wir müssen ihn am Personal vorbeischmuggeln, ist euch das klar? Genaugenommen entführen wir die Leiche, und das dürfte kaum statthaft sein.«
    »Du willst ihm also seinen letzten Wunsch nicht erfüllen?« fragte Matti, kühl klang er, aber nicht drohend, eher so, als sei ihm Eriks Meinung egal und als wolle er sich nur vergewissern, wie sie laute.
    Erik wich aus: »Das habe ich nicht gesagt, ich habe nur gesagt, ich glaube, es ist nicht erlaubt, mit einer Leiche einfach so das Krankenhaus zu verlassen.«
    Auch Britta schien dieser Auffassung zu sein, sie fragte: »Wie wäre es, dem Personal reinen Wein einzuschenken? Vielleicht wäre das am besten? Man wird sich schon nicht sperren, wenn man hört, daß wir dem Patienten nur seinen letzten Wunsch erfüllen möchten, oder was meint ihr?«
    »Aber falls man sich doch sperrt, sind uns die Hände gebunden, denn man wird uns nicht mehr aus den Augen lassen«, sagte Matti. »Nein, es muß im geheimen geschehen, und das bedeutet, wir sollten uns jetzt schon Gedanken machen, wie wir es im einzelnen anstellen wollen – genau wie du am Anfang sagtest.«
    Das war zu Erik gesprochen, das band ihn voll ein in die Aktion, das ließ ihm gar keine Möglichkeit mehr zum Entfleuchen, so eine feste Umarmung war das. Und plötzlich kam Matti noch eine Idee, warum Willy auf seine alte Jawa gesetzt zu werden wünschte: Vielleicht, weil sie, die Brüder, dabei zusammenhalten mußten? Konnte das nicht sogar sein eigentlicher Wunsch sein? Daß sie nach dem vielen unerquicklichen Gerede und Gestreite endlich wieder zueinander fänden während einer gemeinsam ausgeführten Handlung, während einer heimlich begangenen Tat?
    Er überlegte noch, ob Willy womöglich das beabsichtigte, er traute seinem Vater wirklich allerhand Gutes und Gedankenreiches zu, seitdem der heimlich, still und leise das Verschlossene Kind an Kalus

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