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Brunetti 09 - Feine Freunde

Brunetti 09 - Feine Freunde

Titel: Brunetti 09 - Feine Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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passierte, nie an diese Frau oder ihren Bruder herankommen würde. Die Volpatos würden weiter wie die Geier am Campo San Luca herumstehen, und jede Chance, Marcos Mörder zu finden, war durch die gedruckten Lügen vertan, mit denen er Pattas Sohn aus der Gefahrenzone geholt hatte.
    Obwohl er wußte, daß Signorina Dolfin an letzterem keine Schuld hatte, war sein Verlangen, sie büßen zu lassen, so stark, daß er fortfuhr: »Die Zeitungen werden sich alles zusammenreimen: Rossis Tod, und ein Verdächtiger mit einer Bißwunde, die das ermordete Mädchen ihm beigebracht hat, kann nicht belangt werden, weil er von Gerichts wegen für unzurechnungsfähig erklärt wurde; und die mögliche Verwicklung von dal Carlos Sekretärin, einer älteren Frau, una zitella«, sagte er, selbst erstaunt über die tiefe Verachtung, die er in die Bezeichnung »alte Jungfer« legte. »Una zitella nobile« - er spie das letzte Wort fast über den Tisch -, »die sich hoffnungslos in ihren Chef verguckt hat, einen jüngeren und zudem verheirateten Mann«, ließ er die beschämenden Beiwörter auf sie hinabdonnern, »und die zufällig einen Bruder hat, der zufällig von Gerichts wegen für unzurechnungsfähig erklärt wurde und folglich derjenige sein könnte, der des Mordes an Rossi verdächtigt wird.« Er hielt inne und sah sie an, wie sie in ungespieltem Entsetzen vor ihm zurückwich. »Und dann werden sie annehmen, daß dal Carlo bis zum Kragen in diese Morde verwickelt ist, und er wird von diesem Verdacht nie mehr frei sein. Und Sie«, sagte Brunetti, wobei er über seinen Schreibtisch hinweg den Finger auf sie richtete, »Sie werden ihm das angetan haben. Es wird Ihr letztes Geschenk an Ingeniere dal Carlo sein.«
    »Das können Sie nicht tun«, sagte sie mit einer Stimme, die sie kaum noch in der Gewalt hatte.
    »Ich werde gar nichts tun, Signorina«, antwortete er, abgestoßen von dem Vergnügen, das es ihm bereitete, dies alles zu sagen. »Die Zeitungen werden es behaupten oder andeuten, aber egal woher diese Mutmaßungen alle kommen werden, Sie dürfen sicher sein, daß die Leute, die das lesen, sich alles zusammenreimen und es glauben werden. Und den größten Spaß werden sie dabei am Schauspiel einer alternden zitella nobile mit ihrer mitleiderregenden Verliebtheit in einen jüngeren Mann haben.« Er lehnte sich über den Tisch und rief, daß es schon fast ein Brüllen war: »Und sie werden nicht genug davon bekommen.«
    Sie schüttelte den Kopf, ihr Mund stand weit offen; wenn er sie geschlagen hätte, sie hätte es würdevoller getragen. »Aber das können Sie nicht tun. Ich bin eine Dolfin.«
    Brunetti war so verdutzt, daß er nur noch lachen konnte. Er legte den Kopf an die Rückenlehne seines Stuhls und gönnte sich die Befreiung eines irren Lachens. »Ich weiß, ich weiß«, sagte er und brachte kaum die Worte heraus, weil immer neues Lachen ihn schüttelte. »Sie sind eine Dolfin, und die Dolfins tun nie etwas für Geld.«
    Als sie aufstand, war ihr Gesicht so rot und ihr Ausdruck so gequält, daß es ihn schlagartig ernüchterte. Sie krallte ihre Finger so fest um die Handtasche, daß sie knackten, und sagte: »Ich habe es aus Liebe getan.«
    »Dann stehe Gott Ihnen bei«, sagte Brunetti und griff zum Telefon.

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