Cato 05 - Beute des Adlers
wurde ihm aus der Hand gerissen. Als der Gegner mit wehenden Umhängen, Mähnen und Pferdeschwänzen an ihm vorbeipreschte, hörte er das dumpfe Grunzen des Mannes, den er durchbohrt hatte. Eine Schwertklinge schlug gegen seinen Schild, glitt am Messingbuckel ab und schlitzte seine Wade auf. Dann waren sie an ihm vorbei. Der Decurio riss die Zügel herum und zog das Schwert. Waffenklirren und Schreie kündigten die Ankunft seiner Männer an.
Mit hocherhobenem Schwert stürzte sich der Decurio in den Kampf. Seine Männer waren in der Unterzahl und kämpften mit dem Mut der Verzweiflung. Wer eine Attacke abwehrte, fiel ungedeckt der nächsten zum Opfer, und als der Decurio seine Männer erreicht hatte, lagen bereits zwei von ihnen blutend neben dem stöhnenden Mann, den der Decurio mit seiner Lanze durchbohrt hatte, auf dem Boden.
Er bemerkte eine Bewegung zu seiner Rechten und zog den Kopf ein, als sich eine Schwertspitze in den Metallrand seines Schildes grub. Der Decurio riss den Schild zur Seite, um so seinen Gegner zu entwaffnen, wirbelte herum und holte gleichzeitig mit dem Schwert aus. Die Klinge blitzte, und der Mann riss angesichts der drohenden Gefahr weit die Augen auf und ließ sich nach hinten fallen. Die Schwertspitze des Decurio drang durch seine Tunika, zerkratzte jedoch lediglich seine Brust.
»Scheiße!«, zischte der Decurio und gab seinem Pferd die Fersen, um näher an seinen Gegner heranzukommen. Das wilde Verlangen, den Feind zur Strecke zu bringen, machte den Decurio blind für Angriffe von anderen Seiten, und so sah er die Gestalt, die auf ihn zurannte und ihr Schwert in seine Hüfte bohrte, viel zu spät. Er bemerkte den Hieb erst, als der Mann mit bluttriefendem Schwert zurücksprang. Sofort begriff der Decurio, dass es sein Blut war, das an der Klinge klebte, doch er hatte keine Zeit, um die Wunde in Augenschein zu nehmen. Ein kurzer Blick verriet ihm, dass er der letzte Überlebende war. Seine Männer waren entweder tot oder lagen im Sterben. Ihre merkwürdigen, schweigenden Gegner, die kämpften, als wären sie für die Schlacht geboren, hatten erst zwei Verluste hinnehmen müssen.
Hände griffen nach seinem Schildarm, und der Decurio wurde erbarmungslos aus dem Sattel gerissen und fiel so hart auf den Erdboden, dass ihm die Luft aus der Lunge gedrückt wurde. Er lag auf dem Rücken, als sich eine dunkle Silhouette vor den blauen Himmel schob. Der Decurio sah sein Ende nahen, verzichtete jedoch tapfer darauf, die Augen zu schließen.
Seine Lippen verzogen sich zu einem verächtlichen Grinsen. »Nun mach schon, du Bastard!«
Doch der Schwerthieb blieb aus. Der Mann wirbelte herum und war verschwunden. Dann ein Scharren, Schnauben und sich schnell entfernendes Hufgeklapper, bis nur noch die eigentümlich friedliche Stille eines Sommernachmittags zu hören war. Das Summen der Insekten wurde nur vom Stöhnen eines Mannes unterbrochen, der verletzt im Gras neben dem Decurio lag. Der konnte kaum fassen, dass er noch am Leben war, dass der Feind ihn verschont hatte, obwohl er hilflos zu Boden gegangen war. Er schnappte nach Luft und setzte sich auf.
Die sechs überlebenden Reiter hatten die Verfolgung des Griechen wieder aufgenommen. Bitterer Groll stieg im Decurio auf. Er hatte versagt. Obwohl er seine Männer geopfert hatte, würde es den Unbekannten gelingen, den Griechen einzuholen. Schon konnte er sich die harsche Strafpredigt ausmalen, die ihm bevorstand, wenn er und die kümmerlichen Überbleibsel der Eskorte zum Lager der Kohorte zurückkehrten.
Plötzlich überkamen den Decurio Schwindel und Übelkeit, und er musste sich mit der Hand auf dem Boden abstützen, um nicht umzufallen. Die Erde unter seinen Fingern fühlte sich warm, klebrig und feucht an. Er sah an sich herab und bemerkte, dass er in einer Blutlache saß. Sein Blut, wie ihm benommen klar wurde. Dann erinnerte er sich an die Wunde in seiner Hüfte. Eine Hauptschlagader war durchtrennt worden. Dunkles Blut spritzte stoßweise zwischen seinen ausgestreckten Beinen hervor. Sofort presste er eine Hand auf die Wunde, doch er konnte den warmen Strom, der durch seine Finger floss, nicht aufhalten. Es wurde kälter, und mit einem traurigen Lächeln wurde ihm bewusst, dass er die Abreibung durch den Präfekten der Kohorte nicht länger fürchten musste. Nicht in diesem Leben zumindest. Der Decurio hob den Kopf und sah zu dem Griechen und seinen Leibwächtern hinüber, die nur noch winzige Punkte in der Entfernung bildeten.
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