Chili und Schokolade
auch als schwierig. Denn erst, wenn meine geniale Friseurin es geschafft hat, dass ich wie immer aussehe, bin ich zufrieden. Ein neuer Schnitt oder gar eine andere Haarfarbe wären eine zu extreme Veränderung. Auf jeden Fall eine, die sich so schnell nicht rückgängig machen ließe, wenn es Konrad nicht gefällt. Daher bleibt es bei meinem gewohnt klassischen Look: Kinnlang und Seitenscheitel.
Trixi greift zur Schere, dreht mein Haar am Oberkopf partienweise zu kleinen Schnecken hoch, fixiert sie mit Klips und fängt am Hinterkopf an zu schneiden.
«Eines versteh ich aber nicht», sagt sie nachdenklich und unterbricht für einen Moment ihr Werk, um mich im Spiegel anzusehen. «So ein Buffet ist doch kalt. Da brauchen Sie doch nur Aufschnitt und Käse auf Platten zu verteilen. Wo ist denn da der Stress?»
Trixi und ich haben uns schon oft über mein Lieblingsthema Kochen unterhalten, daher weiß ich, dass sie höchstens mal eine Tiefkühlpizza in die Mikrowelle schiebt.
«Nun ja, ich werde auch warme Gerichte reichen. Es gibt unter anderem drei verschiedene Suppen als Vorspeise, ein Spargelgericht und als Hauptspeise in Speckstreifen gewickelte Rinderfilethappen und zum Dessert Schokotörtchen.»
Staunend lässt Trixi Kamm und Schere sinken. «Die Törtchen auch selbstgebacken?»
Ich nicke.
Der Azubi serviert den Kaffee und legt die neuesten Modezeitschriften daneben. Bevor ich anfange zu blättern, erkläre ich ihr: «Diese schokoladige Köstlichkeit können auch Sie zaubern. Das ist wirklich kinderleicht.»
Nachdenklich wuschelt sie in meinen Haaren herum. «Wenn es wirklich so einfach ist, sollte ich es vielleicht mal probieren. Für Schokolade macht mein Freund nämlich alles – vielleicht sogar einen Heiratsantrag!»
Eine Stunde später bürstet Trixi mein Haar ein letztes Mal durch, zupft noch einige Strähnen zurecht und verteilt zum Abschluss einen Hauch Glanzspray über ihr Werk.
Beeindruckend: Ich sehe aus wie immer! Vielleicht kann Trixi nicht kochen, aber sie ist eine Weltmeisterin, wenn es um die Erfüllung meiner Frisurwünsche geht.
«Also dann, bis zum nächsten Mal, Frau Meyer.» Zufrieden lächelnd steckt sie die zehn Euro Trinkgeld ein. «Vielleicht probieren wir es erst mal mit einem warmen Honigblond. Das würde Ihnen sicher gut stehen und der Unterschied zu Ihrer Naturfarbe wäre nicht so krass.»
Honigblond klingt wirklich schön, denke ich auf der Fahrt Richtung Feinkostladen. Möglicherweise wage ich beim nächsten Besuch dieses Abenteuer.
Bei «Feinkost Käfer» angelangt, dauert die Parkplatzsuche ewig. Nirgendwo eine Lücke, nicht mal eine, in die ich meinen kleinen Smart quer stellen könnte. Das Problem habe ich bei meinem Supermarkt, wo ich normalerweise einkaufe, nicht. Dort gibt es einen riesigen Kundenparkplatz. Aber wenn wir Gäste haben, wünscht Konrad 1a-Qualität, und die wird hier garantiert.
Ich ärgere mich, die Bestellung nicht schon vor dem Friseurtermin abgeholt zu haben. Heute Morgen war hier bestimmt weniger los. Nach diversen Runden um den Block finde ich endlich einen Platz – zehn Minuten von «Käfer» entfernt. Aber mir machen ein paar Schritte mehr oder weniger nichts aus. Ich bin lange Strecken von den Spaziergängen mit meinem Hund gewöhnt.
Wie der kurze Spaziergang sich allerdings auf meine 100-Euro-Frisur ausgewirkt hat, sehe ich in der Gemüseabteilung des Feinkostladens. Dort verdoppeln Spiegelwände das erlesene Angebot aus aller Welt. Ein Blick, hinweg über Flug-Ananas aus Hawaii, sonnengereifte Erdbeeren aus Chile und Avocados aus Israel, und ich stelle frustriert fest: Trixis kunstvolle Arbeit ist vollkommen zusammengefallen. Und das ausgerechnet heute!
Aber Dr. Preysing, dem neuen wichtigen Auftraggeber meines Mannes, wird mein Haar wohl egal sein, wenn ihm das Schokotörtchen auf der Zunge schmilzt. Schließlich lädt Konrad seine Kunden wegen meiner Kochkünste zu uns ein und nicht wegen meiner Frisur.
Zu Hause angekommen erkenne ich schon an der Gartentür, dass der Weinhändler die von Konrad ausgewählten Weine und den Champagner bereits geliefert hat. Fünf Kartons stapeln sich vor der Haustür. Dahinter bellt Oscar, als müsse er Einbrecher vertreiben. Mein weißer West-Highland-Terrier ist zwar klein, aber laut wie ein großer Wachhund. Erst als er meine Stimme hört und ich den Schlüssel im Türschloss drehe, verstummt sein Kläffen. Freudig wedelnd springt er dann zur Begrüßung an mir hoch.
«Schon gut,
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