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Crash

Crash

Titel: Crash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. G. Ballard
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verschwunden. Eine Stunde zuvor war die Schauspielerin mit ihrer Limousine weggefahren. Im Abendlicht sah der weiße Beton der Brücke der Umgehungsstraße über den Hochbahngeleisen wie eine geheimnisvolle Rollbahn aus, von der mysteriöse Maschinen in einen metallicblauen Himmel starten konnten. Vaughans Glasflugzeug schwebte irgendwo über den Köpfen der gelangweilten Zuschauer, die wieder zu ihren Autos gingen, über den Köpfen der müden Polizisten, die die zerschmetterten Koffer und Utensilien der Fahrgäste der Hochbahn zusammensuchten. Ich dachte an Vaughans Körper, der nun schon kälter war, seine Rektaltemperatur folgte denselben Gradienten wie die der anderen Opfer des Unfalls. In der kühlen Nachtluft sanken diese Gradienten wie Wimpel von den Bürohochhäusern und Wohnblocks der Stadt, sie kühlten aus wie die warmen Schleimhäute der Filmschauspielerin in ihrer Hotelsuite.
    Ich fuhr in Richtung des Flughafens zurück. Die Lichter entlang der Straße nach Westen beleuchteten die fahrenden Wagen, die ihrem Fest der Wunden und Verletzungen entgegensteuerten.

    Kapitel Zwei

    Nach meiner ersten Begegnung mit Vaughan begann ich erst, die wahren Wonnen des Verkehrsunfalls zu verstehen. Die barsche und rastlose Gestalt dieses verbrecherischen Wissenschaftlers trat auf zwei vernarbten und bei wiederholten Unfällen verletzten Beinen zu einer Zeit in mein Leben, als seine Besessenheit schon offensichtlich die eines Wahnsinnigen war.
    Als ich an einem regnerischen Juniabend von den Shepperton Filmstudios heimfuhr, kam mein Wagen an der Kreuzung unter der Zufahrt zur Überführung der Western Avenue ins Schleudern. Innerhalb von Sekunden fuhr ich mit einer Geschwindigkeit von achtzig Stundenkilometern den rasch näherkommenden Leitplanken entgegen. Als ich gegen eine zentrale Verankerung prallte, platzte der linke Hinterreifen. Der Wagen entglitt meiner Kontrolle und schlitterte auf den Zufahrtsweg für schnelle Fahrzeuge. Drei Wagen kamen auf mich zu, massengefertigte Salonwagen, an deren exakte Modelle, Baujahre und Farben ich mich auch heute noch mit der schmerzlichen Genauigkeit eines niemals auszulöschenden Alptraumes erinnern kann. Die den Alptraumes erinnern kann. Die beiden ersten verfehlte ich, indem ich in Intervallen die Bremse betätigte, obwohl ich kaum zwischen ihnen hindurchsteuern konnte. Mit dem dritten, in dem eine junge Ärztin und ihr Mann saßen, prallte ich frontal zusammen. Der Mann, Lebensmittelchemiker bei einem amerikanischen Nahrungsmittelhersteller, wurde auf der Stelle getötet, er wurde wie die Matratze aus einer Zirkuskanone durch die Windschutzscheibe geschleudert. Er starb auf dem Kühler meine Wagens, sein Blut spritzte durch die zerschellte Windschutzscheibe meines Autos auf mein Gesicht und meine Brust. Der Feuerwehrmann, der mich später aus dem Wrack her ausschweißte, vermutete, daß ich mit einer großen, offenen Wunde verbluten würde.
    Aber ich war glücklicherweise kaum verletzt. Ich befand mich auf der Heimfahrt von der Wohnung meiner Sekretärin Renata, die sich gerade aus einer mißglückten Affäre mit mir befreite, daher hatte ich immer noch den Sicherheitsgurt um, den ich nur angelegt hatte, um ihr die Verlegenheit zu ersparen, mich beim Abschied umarmen zu müssen. Ich hatte Blutergüsse an der Brust, wo ich gegen das Lenkrad geschleudert worden war. Meine Knie waren gegen die Unterseite des Armaturenbrettes geprallt, als mein Körper sich auf Kollisionskurs mit dem Wageninnern bewegt hatte, doch meine einzige ernsthaftere Verletzung war ein gequetschter Nerv unter der Kopfhaut.
    Dieselbe mysteriöse Macht, die mich davor bewahrt hatte, vom Lenkrad aufgespießt zu werden, hatte auch die Frau des jungen Chemikers gerettet. Sie war unverletzt, abgesehen von einer Schwellung des Unterkiefers und einigen lockeren Zähnen. Während meiner ersten Stunden im Ashford Hospital konnte ich in meinem Verstand immer nur das Bild sehen, wie wir beide von Angesicht zu Angesicht in den beiden Autos eingekeilt waren, während der Körper ihres ster benden Mannes auf meiner Kühlerhaube zwischen uns lag. Wir betrachteten uns gegenseitig durch die zerschellten Windschutzscheiben, keiner war einer Bewegung fähig. Die Hand ihres Mannes lag mit nach oben gekehrter Handfläche nur wenige Zentimeter neben dem rechten Scheibenwischer. Seine Hand war gegen einen vorstehenden Gegenstand geprallt, als er nach vorne geschleudert worden war, und während ich zusah, bildete sich dort das

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