Cugel der Schlaue
wie Bohrasseln und blieben einen Tag und eine Nacht totengleich liegen. Schließlich streckten sie sich aus, erhoben sich langsam und beschmutzten den Hof auf unbeschreibliche Weise, ehe sie sich davonschleppten. Sie sind seither nicht mehr wiedergekommen. Vielleicht hat meine kleine Predigt sie zur Mäßigkeit bekehrt.«
Cugel legte den Kopf schräg und schürzte die Lippen. »Eine interessante Geschichte.«
»Danke.« Faucelme nickte und lächelte wie in angenehmer Erinnerung. »Cugel, Ihr seid ein guter Zuhörer, auch schlingt Ihr Euer Essen nicht fast mit dem Kinn im Teller hinunter und schaut Euch dann gierig nach mehr um. Ich weiß gute Manieren zu schätzen. Um ehrlich zu sein, Cugel, Ihr gefallt mir. Wollen wir sehen, was wir tun können, um Euch auf Eurem Lebensweg weiterzuhelfen. Wir werden unseren Tee im Salon zu uns nehmen. Den feinsten Bernsteinfalterflügel für einen verehrten Gast! Geht Ihr schon voraus?«
»Ich warte und leiste Euch Gesellschaft«, antwortete Cugel. »Anders wäre es unfein.«
Herzlichen Tones sagte Faucelme: »Eure Manieren sind die einer früheren Generation. Ihresgleichen findet man unter den jungen Leuten heutzutage nicht mehr, die nichts als Genußsucht kennen.«
Unter Cugels wachsamem Blick brühte Faucelme Tee auf und goß ihn in Tassen aus eierschalendünnem Porzellan. Er verneigte sich und bedeutete Cugel voranzugehen. »Und jetzt in den Salon.«
»Geht Ihr voraus, wenn Ihr die Güte hättet«, bat Cugel.
Faucelmes Miene verriet Erstaunen, doch er zuckte die Schulter und schritt vor Cugel in den Salon. »Setzt Euch, Cugel. Der grüne Samtsessel ist sehr bequem.«
»Ich habe kein Sitzfleisch«, lehnte Cugel ab. »Ich ziehe es vor stehenzubleiben.«
»Dann nehmt zumindest Euren Hut ab«, sagte Faucelme eine winzige Spur nörglerisch.
»Aber gern.«
Mit vogelgleicher Neugier beobachtete Faucelme ihn. »Was macht Ihr da?«
»Ich nehme die Spange ab.« Die Finger mit einem zusammengelegten Taschentuch schützend, steckte Cugel sie in seinen Beutel. »Sie ist hart und scharfkantig, da könnte sie leicht Eure schönen Möbel zerkratzen.«
»Ihr seid wahrhaftig äußerst rücksichtsvoll und habt Euch ein Geschenk verdient. Dieses Seil beispielsweise: Lazhnascenthe, der Lemurier, flocht es, und es hat magische Kräfte. Es gehorcht beispielsweise Befehlen; es ist dehnbar und streckt sich soweit man es braucht, ohne daß seine Stärke darunter leidet. Ah, ich sehe, Ihr tragt da ein edles altes Schwert. Die Filigranarbeit des Knaufes läßt auf Kharay des achtzehnten Äons schließen. Der Stahl dürfte bester Qualität sein, aber ist die Schneide auch scharf?«
»Natürlich«, versicherte ihm Cugel. »Ich könnte mir damit das Gesicht schaben, wollte ich es.«
»Dann schneidet Euch ein Stück des Seiles ab, sagen wir zehn Fuß. Das könnt Ihr gut in Eurem Beutel unterbringen, trotzdem wird es sich auf Euren Befehl bis zu zehn Meilen ausstrecken.«
»Das ist wahre Großzügigkeit!« freute sich Cugel und maß die erwähnte Länge ab. Er schwang sein Schwert, doch das Seil blieb unbeschädigt. »Wie seltsam«, murmelte er.
»Tsk, und Ihr dachtet, Eure Klinge sei scharf!« Faucelme grinste verschmitzt. »Vielleicht können wir etwas dagegen tun.« Aus einem Schränkchen holte er eine längliche Schatulle, die, wie sich herausstellte, silbrig glänzendes Pulver enthielt. »Steckt Eure Klinge in das Glimmister«, forderte Faucelme ihn auf. »Doch seht zu, daß nichts an Eure Finger gerät, denn sonst würden sie zu starren Silberbarren.«
Cugel befolgte seine Anweisung. Als er das Schwert zurückzog, blätterte ein wenig des glitzernden Glimmisters ab. »Ihr müßt es gut abschütteln«, riet Faucelme. »Zuviel würde die Scheide beschädigen.«
Cugel schüttelte die Klinge sauber. Die Schneide glitzerte wie Sternchen, und die Klinge selbst schien zu leuchten.
»Jetzt schneidet das Seil!«
Das Schwert durchtrennte es, als wäre es dünner Tang.
Vorsichtig rollte Cugel das Seilstück zusammen. »Und wie lauten die Befehle, denen es gehorcht?«
Faucelme griff nach dem losen Seil. »Wünsche ich etwas damit zu packen, werfe ich das Ende in die Luft und rufe das Zauberwort Tzip! auf diese Weise ...«
»Halt!« rief Cugel und hob das Schwert. »Ich will keine Vorführungen!«
Faucelme schmunzelte. »Cugel, Ihr seid mißtrauisch wie ein Tittel. Doch verüble ich es Euch nicht. In dieser dahinsiechenden Welt leben die Unbesonnenen nicht lange. Habt keine Angst vor dem Seil,
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