Darfs einer mehr sein
sich der Umgangston nach und nach immer weiter verschärfen. Ist zum Beispiel Hund A gerade mit einem Kauknochen beschäftigt und Hund B kommt an und will den Knochen haben, sollte ein strenger Blick, vielleicht noch ein Knurren von A ausreichend sein, damit B von dannen zieht. Die wichtigste kommunikative Fähigkeit, die Hunde in einer Gemeinschaft beherrschen sollten, ist, zu deeskalieren, im entscheidenden Moment wegzugehen und den anderen in Ruhe zu lassen.
Insgesamt kann man sagen, dass der Familienfrieden von drei wesentlichen Faktoren abhängt: zum einen von den Umgangsformen der einzelnen Hunde untereinander, dann von der allgemeinen Grundstimmung in der Familie und letztlich vom Verhalten der menschlichen Elternfiguren. Diese haben die Schlüsselrolle, denn sie können Einfluss nehmen auf Umgangsformen, Stimmung und zusätzlich in konkreten Streitsituationen für Frieden sorgen.
Um den Familienfrieden zu wahren, sollte der Besitzer in der Körpersprache der Hunde auf Anzeichen von Spannungen achten.
Gutes Benehmen und Umgangsformen
Was bedeutet überhaupt „gutes Benehmen und Umgangsformen“ aus Hundesicht? Wie soll sich ein Hund verhalten, damit er diese Kriterien erfüllt? Wie schon erwähnt, ist die Fähigkeit zur Deeskalation ein wichtiger Bestandteil im Umgang der Hunde untereinander, der das friedliche und harmonische Zusammenleben erleichtert. Sich deeskalierend zu verhalten heißt mindestens, die Auseinandersetzung nicht zu suchen. Stattdessen sollte ein Vierbeiner Streit aus dem Weg gehen und beim Aufkommen von schlechter Stimmung einfach Abstand zum Gegenüber herstellen.
Finn (im Hintergrund) zeigt deutlich, dass er Ärger vermeiden möchte.
Ebenfalls wichtig ist eine vorsichtige Annäherung an andere Vierbeiner, indem erst einmal vorher angefragt wird, ob man gerade willkommen ist. Es geht also sozusagen darum, nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen, selbst wenn man nur freundliche Absichten hat. Auch bei Hunden ist die Individualdistanz ganz unterschiedlich ausgeprägt und zusätzlich abhängig von der aktuellen Stimmung. Den anderen richtig einschätzen zu können fällt umso leichter, je entspannter die Situation ist, und umso schwerer, je höher die Erregung.
Wenn wir von „gutem Benehmen“ sprechen, meinen wir im übertragenen Sinne, dass die Hunde miteinander flüstern, statt sich gegenseitig anzubrüllen. Alles in allem geht es also um die hohe Kunst der Kommunikation: sowohl die Signale eines Artgenossen richtig zu verstehen und angemessen darauf reagieren zu können als auch selbst gut zu kommunizieren. Wenn unter den Hunden geflüstert wird, reicht in der Regel ein Blick und es muss nicht geknurrt, gefletscht, gebellt oder geschnappt werden. Gute Umgangsformen sind nicht angeboren, sie müssen gelernt und geübt werden. Eine starke Rolle spielt dabei bereits die frühe Erziehung durch die Mutterhündin, die den Welpen im Idealfall zeigt, welche Signale die Hundesprache beinhaltet, und außerdem, dass aufmüpfiges Verhalten nicht toleriert wird. Dieses Zurechtweisen genauso wie frühe Erfahrungen mit Frustrationsbewältigung, etwa im Zuge des Abstillens, erleichtern den Welpen das Erlernen von Impulskontrolle, einer wichtigen Voraussetzung für respektvolles Verhalten. Anders ausgedrückt setzt es Frustrationstoleranz und Selbstbeherrschung voraus, einen anderen in Ruhe zu lassen, obwohl man selbst gerade Lust zum Spielen hätte.
Gemeinsam am Spielzeug zerren kann richtig Spaß machen, aber auch leicht zu Konflikten führen.
Leider sind längst nicht alle Hündinnen für die Erziehungsrolle geeignet, und so kann es passieren, dass in dieser frühen Phase bereits das Gegenteil von gutem Benehmen eingeübt wird. Auch der Züchter hat schon früh einen entscheidenden Einfluss darauf, Verhaltenstendenzen der Welpen auszugleichen und sozusagen harmonisierend zu wirken. Leider sind aber auch längst nicht alle Menschen für die Züchterrolle geeignet, und so schauen viele einfach zu, wie einzelne Welpen sich mehr und mehr zu kleinen Draufgängern entwickeln.
Mehrhundebesitzer denken häufig, dass ihr junger Hund im Rudel ja genügend erwachsene Hunde vorfindet, die seine Umgangsformen beeinflussen. Tatsächlich tun sie das auch, denn der Lernprozess ist nicht aufzuhalten. Nur in welche Richtung sich das Sozialverhalten dann entwickelt, ist nicht immer ideal. Auch hier bleibt der Mensch in der Verantwortung, denn er muss dafür Sorge tragen, dass sein Neuzugang die
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