Darkover 24 - Die Schattenmatrix
Augenblick fast überall lieber gewesen. Nein, das stimmte nicht. Er wäre am liebsten bei Marguerida in Neskaya gewesen, auch wenn er wusste, dass der Winter dort längst hereingebrochen war. Seine Base hatte sich noch bei ihrem letzten abendlichen Kontakt darüber beklagt. Wann war das eigentlich gewesen? Er konnte sich nicht einmal mehr erinnern, wann er zuletzt mit ihr gesprochen hatte.
Der Gedanke an Neskaya wuchs in seinem Kopf und erfüllte ihn schließlich mit Verlangen. Mikhail hätte am liebsten umgehend das Haus, die Elhalyn-Kinder, einfach alles verlassen. Er wünschte, er wäre ein ganz gewöhnlicher Mann oder Marguerida eine ganz gewöhnliche Frau, und ihrer beider Los wäre völlig ohne Belang für Darkover. Dann müsste er sich nämlich auch nicht in diesem trotz aller Reparaturen noch immer zugigen Haus unter die Decke kuscheln. Einem gewöhnlichen Mann hätte man diese kaum zu bewältigende Aufgabe bestimmt nicht aufgebürdet.
Mikhail Hastur seufzte leise und schmiegte den Kopf ins Kissen, da fielen ihm auch schon die Augen zu. Er hätte so gern mit Marguerida gesprochen, aber er brachte nicht die Energie auf, sich zu konzentrieren, seinen Matrixstein herauszuholen und ihr seine Gedanken zu senden. Er wollte nur noch schlafen. Wenn ihm doch nur wieder einfiele …
Nach wenigen Augenblicken schlief er tief und fest und träumte von Marguerida Alton. Sie spazierten über eine Sommerwiese und hielten sich an den Händen. Er roch die Blumen und die trockene Erde unter ihren Füßen. Marguerida wandte ihm das Gesicht zu und hob ihren Mund zu einem Kuss. Mikhail näherte seine Lippen den ihren …
Ein Schrei riss ihn aus dem Schlaf, als hätte man ihm einen Kübel Eiswasser übergegossen. Es klang schrecklich, ein gurgelnder Angstschrei aus tiefster Kehle. Mikhail bekam eine Gänsehaut, auch wenn er wusste, dass nur wieder eins der Kinder einen Albtraum hatte.
Schlaftrunken schob Mikhail die Füße in die pelzgefütterten Hausschuhe und zog den Morgenmantel an. Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und riss dabei so heftig an einer verfilzten Stelle, dass es wehtat. Als er sich im Spiegel erblickte, verzog er das Gesicht. Er sah abgezehrt und hager aus, weil er einiges an Gewicht verloren hatte. Unter den Augen hatte er dunkle Ringe, und er wirkte irgendwie gehetzt. Wann hatte er bloß so viel abgenommen? Vor der Tür setzte sich Mathias erschrocken auf und rieb sich die Augen. Mit einem raschen Blick erfasste Mikhail, dass der Mann keinen viel besseren Eindruck machte als er selbst. Auch der Gardist hatte Gewicht verloren, und seine Haare sahen im Licht der Fackeln spröde und trocken aus. Warum war ihm das nicht schon früher aufgefallen?
Er unterdrückte einen Seufzer und trottete über den Flur auf die Quelle der Schreie zu. Entweder Emun oder Alain hatten mal wieder einen bösen Traum, er war sich nur nicht sicher, wer von den beiden. Vincent schien nie Albträume zu haben. Bei diesem Gedanken blieb Mikhail abrupt stehen. Das war wichtig, aber bevor er der Sache weiter nachgehen konnte, hatte er sie auch schon wieder vergessen.
Er hörte, wie eines der alten Kindermädchen aus ihrem Zimmer stürzte und sich wie üblich beschwerte. Vor seiner Ankunft waren die Frauen nicht einmal aufgestanden, sondern hatten die Kinder einfach schreien und weinen lassen. Erst durch Mikhails Beharrlichkeit bequemten sie sich widerwillig zu diesen immer wiederkehrenden Schauspielen. Als Mikhail sie gefragt hatte, weshalb sie sich nicht um die Kleinen kümmerten, hatte ihn Becca aus ihren vom beginnenden grauen Star getrübten Augen angesehen und verkündet: »Sie müssen aus diesen Dingen herauswachsen - es hilft nichts, wenn man sie verhätschelt!«
Die Antwort war ihm damals sehr merkwürdig vorgekommen, und da die beiden Alten vor vielen Jahren auch Priscillas Kindermädchen gewesen waren, hatte er sie gefragt, ob sie als kleines Mädchen in der gleichen Weise vernachlässigt worden war. Das würde zumindest Priscillas eigentümliches Verhalten erklären. Da Mikhail während seiner gesamten Kindheit die volle Aufmerksamkeit von liebevollen und stets besorgten Bediensteten genossen hatte, fiel es ihm schwer, sich die Vernachlässigung auszumalen, die er nur vermuten konnte.
Er hörte ein Murmeln und wusste, es musste Becca sein. Wena war fast immer schweigsam, während Becca scheinbar nie zu reden aufhörte. Beide hatten ihre beste Zeit längst hinter sich und sollten eigentlich ihren Ruhestand genießen. Aber da
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