Das dunkle Universum 04 - Evolution der Leere
sich Edeard mürrisch. Ihre Haut blieb fest und faltenfrei, und irgendwie schaffte sie es, sich selbst nach vier Kindern eine beeindruckende Figur zu erhalten. Man musste schon ganz nah vor ihr stehen und in diese hypnotischen Augen blicken, um ihr wahres Alter und die berechnende Raffinesse, die diesem Körper innewohnte, zu erkennen. Etwas, das er so gut es ging zu vermeiden suchte.
»Guten Abend«, erwiderte er gelassen.
»Interessantes neues Spielzeug, das du da hast.«
»Wie immer bin ich geschmeichelt durch deine Aufmerksamkeit.«
»Wozu brauchst du ein Teleskop?«
»Um zu beobachten, wie das Ende deiner Welt näherrückt.«
»Sehr witzig. Aber lass nur, ich find's ja sowieso raus.«
»Das wirst du bestimmt. In ein paar Tagen werde ich es laut bekanntmachen.«
»Wie faszinierend. Siehst du, Edeard, deshalb hab' ich dich immer gemocht. Du machst das Leben aufregend.«
»Wer sind denn deine neuen Freunde?«
Lächelnd blickte sich Ranalee in dem Arbeitszimmer nach den Jugendlichen um. »Komm doch vorbei und finde es selbst heraus.« Sie gab den Mädchen ein Zeichen, und sofort gingen sie zu dem jungen Burschen hinüber und fingen an, ihn zu küssen.
»Nein danke.«
»Immer noch über Kreuz mit deinem wahren Ich? Wie bedauerlich.«
»Meine Bekanntmachung wird dir gar nicht gefallen. Ich stehe im Begriff, selbst die Willensschwächsten zu einer Abkehr von deiner Lebensart zu bewegen.«
»Was bist du so verdrießlich heute Abend? Sind diese Viehzertifikate für dich denn wirklich so ungeheuer wichtig?«
Jedes Mal. Sie schaffte es immer. Jedes. Einzelne. Mal. Edeard presste die Zähne zusammen, als er versuchte, seine Wut wieder herunterzuschlucken.
»Zumindest sind die Viehmärkte ein Geschäft, das noch nicht von dir verpestet wurde«, sagte er. Es war schwach, aber ...
»Armer Edeard, immer noch neidisch. Du hättest nie gedacht, dass ich so erfolgreich sein würde, hab' ich recht?«
Er weigerte sich, den Köder zu schlucken. Aber nichtsdestotrotz hatte ihn Ranalees Geschäftstüchtigkeit in der Tat überrascht. Sie hatte klug investiert, ganz im Gegensatz zu den früheren Besitzern des House of Blue Petals, die das Geld für ihre eigenen Zwecke verprasst hatten. Gegenwärtig besaß Ranalee mehr als zwei Dutzend absolut legaler Unternehmen und eine beachtliche politische Präsenz im allgemeinen Kaufmannschaftsrat sowie in der Handelskammer von Makkathran. Inzwischen war sie vollkommen unabhängig von dem alten, strauchelnden Haus Gilmorn. Natürlich war ihm klar, dass sie sich ihre niederträchtige Dominierungsfähigkeit zunutze gemacht hatte, um ahnungslose Rivalen im günstigen Moment zu beeinflussen und unziemliche finanzielle Allianzen zu schmieden, aber er hatte ihr nie etwas beweisen können. Und natürlich waren ihre Kinder äußerst gezielt verheiratet worden und hatten weitere wohlhabende Familien unter ihre Oberherrschaft gebracht.
»So ist Makkathran, auch für dich«, erwiderte Edeard. »Gleiche Chancen für alle.«
Ranalee schüttelte den Kopf, als wäre sie dieser Behauptung unendlich müde. »Nein, Edeard. Ist es nicht. Noch sind - bevor du wieder anfängst - wir alle gleich geboren. Du bist wegen deiner Stärke da, wo du bist, genau wie ich es vorhergesagt habe. Und ich bin wegen meiner Stärke da, wo ich bin, und das passt dir nicht in den Kram.«
»Du wolltest sagen, dass du dich gesetzeswidriger Methoden bedient hast, um deinen neuen Reichtum anzuhäufen?«
»Hast du deine Position etwa auf legalem Wege erlangt? Wo ist mein Vater, Edeard? Wo ist Owain? Wieso hat es niemals eine Untersuchung wegen ihres Verschwindens gegeben?«
»Braucht es bei ihren Aktivitäten eine Untersuchung?«
»Würde es jemals eine unparteiische sein?« Sie griff nach oben und löste die mit Edelsteinen besetzten Nadeln aus ihrem Haar, sodass es frei herabfallen konnte.
»Das willst du nicht.«
»Nein«, entgegnete sie nur. »Die Vergangenheit ist Vergangenheit. Sie ist abgehakt. Vorbei. Ich schaue in die Zukunft. Das hab' ich immer getan.« Leidenschaftslos betrachtete sie die jungen Leute beim Liebesspiel. Die stürmischen Mädchen hatten dem Burschen die Unterhosen ausgezogen. Kichernd stießen sie ihn auf eine große Couch.
Edeard konnte den verzückten, anbetungsvollen Gesichtsausdruck des Burschen nicht mit ansehen, als Ranalee zu der Couch hinüberging und von oben auf ihn herabstarrte. Zu viele Erinnerungen. »Warum tust du das?«, fragte er. »Du hast doch schon so viel erreicht.«
Ein
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