Das Ende der Nacht: Horror-Roman (German Edition)
wir dachten."
"Gar nicht wahr, Mann", antwortete Thomas empört, "ich brauche bloß was zu rauchen."
"Baust du einen, Schwesterherz?", fragte Gabriel, "Ich werde deine Freundin zwischenzeitlich in unser Geheimnis einweihen. Ich denke, sie wartet schon darauf."
Worauf du einen lassen kannst, dachte Michelle. Gabriel war ihr sympathisch, auch wenn er anscheinend ein Kontroll-Freak war, ein Mann, der die Dinge überblickte und keine Meinung duldete außer seiner eigenen. Aber er schien trotz allem bedacht und sogar herzlich, zumindest herzlicher als seine Schwester.
Kathleen ging zu dem kleinen Schreibtisch, der ebenfalls in einer dunklen Ecke des Zimmers stand und leerte darauf den Inhalt ihrer Hosentaschen aus. Ihr Bruder stand auf und kam zu Michelle. Die Tür wurde geöffnet. Laura kam hinein, mit Kevin an der Hand, und brachte den Jungen zum Schachtisch. Sie bat ihn, sich zu setzen, dann wendete sie sich an Gabriel und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
"Darum kümmern wir uns später", sagte er zu ihr, "erst will ich ihr", er deutete auf Michelle, "den Keller zeigen."
"Hallo, ich bin übrigens Laura", sagte sie freundlich und reichte Michelle die Hand.
"Ich weiß", antwortete sie, "Ich bin Michelle."
"Willst du ihr wirklich alles zeigen?", fragte Laura, wieder Gabriel zugewandt.
"Was soll schon passieren? Außerdem hat sie meiner Schwester das Leben gerettet."
"Tu, was du nicht lassen kannst", antwortete sie, gab ihm einen Kuss auf den Mund, nahm seinen Platz vor dem Fernseher ein und trank ihren Amaretto weiter.
"Hier entlang!"
Gabriel führte Michelle durch die Tür wieder in die Eingangshalle zurück und sie betraten die Küche des Hauses durch eine Tür am Ende des kurzen Ganges links neben der Treppe. Auf dem Küchenboden befand sich eine kleine Falltür. Gabriel hob sie hoch und schuf somit einen schmalen Durchgang nach unten. Michelle sah eine Leiter, die in die Schwärze hinunter führte.
"Hat sich meine Schwester vorhin abweisend verhalten?", fragte er, während er auf die Leiter stieg.
"Manchmal, aber nicht so sehr. Wahrscheinlich, weil ich ihr das Leben gerettet habe und sie das verlegen macht."
Das Loch hatte ihn verschluckt und Michelle schaute nach unten.
"Wahrscheinlich", rief Gabriel aus der dunklen Tiefe, "Komm runter!"
Michelle stieg auf die Leiter und wunderte sich, dass sie schon wenige Stufen später endete. Sie spürte, wie ihre Haare die Decke berührten. Ein Geruch von altem Fleisch und verschimmelten Brot stieg in ihre Nase. Sie hörte ein leises Klicken und im nächsten Moment wurde der Raum von einer schwachen Lampe erhellt. Es war klein und schmal hier. Die Haken, die an der Decke hingen, deuteten auf eine ehemalige Speisekammer hin. An einer Wand war eine kleine Tür eingelassen.
"Wir müssen da durch", sagte Gabriel und zog die Tür mit einem Ruck auf.
"Okay", antwortete Michelle und stieg nach ihm durch die Öffnung.
Die Luft wurde feuchter aber auch stickiger.
"Wir sind jetzt in einem Kellergewölbe, dass ein Freund von mir vor zwei Jahren errichtet hat."
"Und was werde ich hier zu sehen bekommen?"
"Unser kleines Geheimnis", antwortete er.
Erneut konnte Michelle ein leises Klicken vernehmen. Die Lampe aus der Speisekammer leuchtete fast gar nicht mehr in diesen Bereich. Sie befanden sich auf einer breiten, aus dem Stein gemeißelten Treppe, die steil nach unten führte. An der Decke waren in knappen Abständen die gleichen Lampen angebracht, die Gabriel mit einem Schalter entzündete. Plötzlich war es hell und Michelle blinzelte.
"Komm mit!"
Gabriel ging die Treppe hinab, Michelle hielt sich an der Wand, während sie ihm folgte, langsamer als er, weil sie das Gleichgewicht nicht verlieren wollte. Plötzlich kam ihr in den Sinn, was Christina zu ihr gesagt hatte, als sie über das Ding gesprochen hatten, das ihre Eltern angriff: Das ist doch kein Horrorfilm. Aber genau in so einem befand sie sich doch. Dieser Horrorfilm war echt. Jetzt gab es keine Zweifel mehr.
Nach einer Weile führte die Treppe um eine Kurve, bis sie dann vor einer großen, schweren Eisentür ihr Ende fand. Gabriel holte ein dickes Schlüsselbund aus seiner Hosentasche, wählte einen großen, silbernen und öffnete. Knarrend und quietschend schlitterte die Tür über den Boden.
Weitere, noch tiefere, modrige Dunkelheit herrschte im Raum, in den sie gelangten.
"Hast du ein Feuerzeug?", fragte Gabriel, "Ich habe meines oben vergessen."
Sie gab ihm das, wonach er gefragt hatte. Er
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