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Das fliegende Klassenzimmer.

Das fliegende Klassenzimmer.

Titel: Das fliegende Klassenzimmer. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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beängstigend schön auf einer großen Pappe aufgemalt. Man brauchte die Pappe nur vor ein Hochreck zu schieben, damit der Vesuv nicht umfiel - und schon konnte Sebastian, der Herr Studienrat, seinen gereimten Vortrag über das Wesen der Vulkane abhalten und die Schüler über Herkulaneum und Pompeji, die von der Lava verschütteten römischen Städte, ausfragen. Schließlich brannte er sich an der von Martin gemalten Flamme, die aus dem Krater emporschoss, eine Zigarre an, und dann fuhren sie weiter.
    Im dritten Akt gingen sie bei den Pyramiden von Gizeh nieder, spazierten vor die nächste bemalte Pappwand und ließen sich von Sebastian über die Erbauung dieser riesigen Königsgräber aufklären. Dann kam Johnny, mumienbleich bemalt, als Ramses II. aus einer der Pyramiden hervor. Dabei musste er sich freilich bücken, denn die Pappe war zu klein. Ramses hielt zunächst eine Lobrede auf die fruchtbaren Fluten des Nils und auf den Segen des Wassers im Allgemeinen. Später erkundigte er sich nach dem Verlauf des Weltunterganges, den ihm sein Sterndeuter geweissagt hatte. Er war sehr aufgebracht, als er vernahm, dass die Erde noch immer existiere. Und er drohte, er werde den Sterndeuter fristlos entlassen. Uli, der das Mädchen spielte, musste den alten ägyptischen Pharao auslachen und sagen, der Sterndeuter sei doch längst tot. Daraufhin machte Ramses II. ein geheimnisvolles Zeichen, und Uli hatte ihm, völlig behext, in die sich langsam schließende Pyramide zu folgen. Die Zurückbleibenden mussten erst traurig sein, sich dann aber doch losreißen.
    Im vierten Akt landete das »Fliegende Klassenzimmer« am Nordpol. Sie sahen die Erdachse aus dem Schnee herausragen und konnten mit eigenen Augen feststellen, dass die Erde an den Polen abgeplattet ist. Sie sandten eine Funkfotografie davon ans Kirchberger Tageblatt, hörten von einem Eisbären, den Matthias, in ein Fell gehüllt, darstellte, eine ergreifende Hymne auf die Einsamkeit zwischen Eis und Schnee, schüttelten ihm zum Abschied die Pranke und flogen weiter.
    Durch ein Versehen des Studienrats und weil das Höhensteuer versagte, kamen sie, im fünften und letzten Akt, in den Himmel. Und zwar zu Petrus, der vor einem Tannenbaum saß, das Kirchberger Tageblatt las und Weihnachten feierte. Er erzählte ihnen, dass er ihren Rektor, den Oberstudiendirektor Prof. Dr. Grünkern, gut kenne. Und wie es ihm gehe. Und hier oben sei nicht viel zu sehen. Denn der Himmel sei ja unsichtbar. Und fotografieren dürften sie auch nicht.
    Der Studienrat fragte, ob ihnen Petrus das kleine Mädchen, das Ramses II. in die Pyramiden entführt habe, nicht wiederbeschaffen könne. Petrus nickte, sagte einen Zauberspruch, und prompt kam Uli aus einer gemalten Wolke herausgeklettert! Sie freuten sich kolossal und sangen »Stille Nacht, heilige Nacht«.
    Das würden dann zur Weihnachtsfeier die Zuschauer, Lehrer und Schüler, alle mitsingen. Und so musste die Aufführung bestimmt ein gutes Ende nehmen.
    Heute probten sie also den letzten Akt. Petrus, nämlich Matthias, saß auf einem Stuhl vor einem gemalten Lichterbaum, und die anderen - außer Uli, der ja noch in der Pyramide war - umstanden ihn ehrfürchtig. Matthias kraulte sich in seinem weißen Umhängebart und sagte mit möglichst tiefer Stimme:
    »Der Himmel ist für euresgleichen ja doch nur scheinbar zu erreichen. Ihr fliegt herauf in Apparaten. Ihr blickt herein durchs Okular. Doch glaubt es mir: Trotz solcher Taten bleibt euch der Himmel unsichtbar. Er ist für euch verbaut mit Mauern. Ihr seht nur mich. Sonst seid ihr blind.
    Martin: Das ist aufs Tiefste zu bedauern.
    Sebastian: Wir wollen nicht darüber trauern, sondern so bleiben, wie wir sind.
    Petrus: Den Himmel, wie er ist, sehn nur die Toten.
    Johnny: Darf ich von Ihnen ein paar Fotos machen ?
    Petrus: Fotografieren ist hier streng verboten. Wir haben keinen Sinn für solche Sachen. Forscht, wo ihr was zum Forschen findet. Das Unerforschbare…«
    Matthias stolperte über das letzte Wort. Es war ihm zu schwierig, und dabei vergaß er den Text. Er starrte, stumm um Entschuldigung bittend, zu Johnny, dem Dichterfürsten, hinüber. Johnny trat zu ihm und sagte ihm leise vor.
    »Stimmt. Hast ganz Recht«, meinte Matz. »Aber weißt du, ich hab so einen Hunger. Und das schlägt mir immer enorm aufs Gedächtnis.« Dann nahm er sich aber zusammen, hustete und fuhr fort: »Forscht, wo ihr was zum Forschen findet. Das Unerforschbare lasst unergründet. Wir kennen euch.

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