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Das Insekt

Das Insekt

Titel: Das Insekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
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ausprobiert, sagte Doris Feinman, und die hätte danach wie eine Wasserleiche ausgesehen.
     

 
    Das Goodman-Apartment
     
     
    Sie war gerade auf dem Weg zu Hoffman Drugs, als ihr Pieper losging. Auf dem Display las sie die Nachricht: »Munoz 8210 De Longpre eilig«.
    »Scheiße«, sagte sie und bog links auf die Spaulding, dann rechts auf die De Longpre und sah schon aus der Entfernung zwei Streifenwagen und einen silbernen Oldsmobile mit aufgesetztem Blaulicht. Nachbarn und Passanten, die üblichen Hyänen, hatten sich schon eingefunden, als würden sie die unterhaltsamen Reste einer menschlichen Tragödie schon von weitem riechen.
    Sie stieg aus dem Wagen.
    Einer der Polizisten hob das Absperrungsband hoch, damit Bonnie darunter durchschlüpfen konnte. »Ah«, sagte er, »die Putzfrau, stimmt’s? Na, den Job will ich nicht für alles Geld, Süße.«
    Bonnie zeigte ihm den Finger.
    Eine steile Asphaltrampe führte zur Garage des Hauses. Das Haus selbst war ein ockerfarbenes zweistöckiges Gebäude mit stuckverzierter Fassade. Eine mit roten Platten ausgelegte Treppe führte zum Haupteingang. Am Geländer vor der Tür lehnte Lieutenant Dan Munoz, rauchte eine grüne Zigarre und unterhielt sich mit Bill Cliff vom Büro des Untersuchungsrichters.
    Bonnie stieg die Treppe hinauf und wurde von Dan begrüßt. »Hallo, Bonnie. Das ging aber schnell.«
    Dan war ein sehr gut aussehender Mann. Fast lächerlich gut aussehend für einen Polizisten: mit dichten haselnussbraunen Locken und dem Kinn eines Leinwandhelden. Und Bonnie fürchtete sich geradezu vor seinen braunen, glänzenden Augen. Diese Augen schienen sie vollkommen zu durchschauen, sahen alles – von dem Rezept, dass sie für das Abendessen im Kopf hatte, bis zur Waschanleitung in ihrem Höschen.
    Dan trug einen blauen Seidenanzug und dazu eine rot-gelbe Krawatte. Er duftete nach Giorgio-Aftershave. Ein piekfeines Dinner wäre dem Aufzug angemessener gewesen als eine Tatortbesichtigung. Bill Clift war das Gegenteil von Dan: sommersprossig und schmuddelig. Sein grauer Leinenmantel hing wie ein Sack an seinem Körper, und seine Brille war offenbar so oft zerbrochen, geklebt, wieder zerbrochen und wieder geklebt worden, bis er einfach so viel Heftpflaster um die Brücke gewickelt hatte, dass nichts mehr passieren konnte.
    Dan legte einen Arm um Bonnie und drückte sie herzlich. »Wenn du dich noch ein bisschen mehr beeilst, kannst du das nächste Mal die Teppiche schon aufrollen, bevor sie sich gegenseitig umbringen.«
    Bonnie deutete zur Haustür, die einen Spalt offen stand. »Um was geht’s?«
    »Komm rein. Ich zeig’s dir.«
    »Lieber nicht. Eigentlich hab ich gerade keine Zeit. Ich hab nur vorbeigeschaut, weil ich sowieso in der Nähe zu tun hatte.«
    »Das ist ein richtiger Schocker, ehrlich. Drei Kinder. Vier, sieben und neun. Das Ganze lief wohl so: Die Mutter fährt zu ihren Eltern in San Clemente. Das Kindermädchen hat frei. Der Vater nimmt seine Schrotflinte, geht ins Kinderzimmer und erschießt sie aus nächster Nähe. Danach geht er wieder ins Wohnzimmer, steckt sich die Flinte selbst in den Mund und streicht die Tapete mit seinem Hirn neu.«
    »Du lieber Gott«, sagte Bonnie. »Gibt es irgendeinen Hinweis darauf, warum er es getan hat?«
    »Wahrscheinlich ist ihm einfach die Sicherung durchgebrannt. Er hat keinen Abschiedsbrief oder so was hinterlassen.«
    »Wo ist die Mutter?«
    »Immer noch da drin.« Er schlug sein Notizbuch auf. »Mrs Bernice Goodman, sechsunddreißig. Darum hab ich dich auch angerufen. Heute Nacht geht sie zwar erst mal zu Freunden, aber es ist ihr ziemlich wichtig, dass die Wohnung schnellstmöglich sauber gemacht wird.«
    Bonnie zögerte. »Okay«, sagte sie dann, »dann seh ich mir das einmal an. Und du und deine Leute, ihr seid hier fertig?«
    »Klar. Wir sind fertig. Bist du fertig, Bill?«
    »Alles in Tüten. Von mir aus können wir.«
    Dan schob Bonnie durch die Haustür in eine L-förmige Diele. An den Wänden hingen gerahmte Gruppenbilder von Bowling-Teams, die Mitglieder mit vom Blitz geröteten Werwolfaugen. Eine Ecke wurde von einem großen, eingetopften Kaktus eingenommen. Daneben stand ein Tisch mit einer Briefbeschwerersammlung aus Messing.
    »Hier rein«, sagte Dan. »Das Wohnzimmer – oder Sterbezimmer, wenn du so willst.«
    Bonnie blickte sich um. Die Wände des großen Raumes waren cremefarben gestrichen. Die waagerechten Lamellen der Jalousie waren geschlossen, sodass nur gedämpftes Licht hereinkam. Die

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