Das Jesus Sakrileg, Teil 1: Thriller (German Edition)
aufrichtige Liebe. Eine Liebe, die ihr sagte: schön, dass es dich gibt. Schlaf ruhig, denn es ist jemand da, der über dich wacht.
Wie gerne würde sie die Rollen tauschen und für ihre Tante sorgen?
Wie oft hatte sie diese angefleht , sie nach London zu begleiten, wo sie seit sechs Jahren beruflich tätig war. Ihre Tante hatte ihr das ermöglicht.
Vor 20 Jahren hätte sie sich niemals träumen lassen, dass aus einem einfachen Mädchen einmal eine Akademikerin werden könnte. Sie hatte in Jerusalem und London studiert, mit summa cum laude ihren Abschluss gemacht und einen sehr guten Job gefunden. Als sie nun finanziell abgesichert war, begann sie alle Hebel in Bewegung zu setzen, um ihre Tante zu sich zu holen.
Nur ließ sich diese nicht umstimmen: Jerusalem sei ihre Heimat und diese könne sie niemals verlassen. Sie war eine sehr bescheidene Frau. Weltliche Dinge bedeuteten ihr nichts. Das Einzige, was ihr etwas bedeutete, war ihre Nichte. Und jetzt, da sie diese gut versorgt wusste, sprach nichts dagegen, dass der Herr sich ihrer annahm. Sie war bereit. Sie hatte schon viel zu viele Jahre auf dem Buckel und sehnte sich nach dem Abschied. Einem Abschied, der für sie ein Wiedersehen bedeutete.
So sehr sie sich diesen auch herbeisehnte, so sehr fürchtete ihn ihre Nichte. Ihre Tante war alles, was sie hatte. Wenn sie ging, wen hätte sie dann noch? Niemanden.
Daher kam es ihr gelegen, dass ihr Unternehmen ihr anbot, für ein Jahr nach Jerusalem zu wechseln. Sie nahm die Stelle sofort an, denn so konnte sie bei ihrer Tante sein.
Die Firma bot ihr eine noble Firmenwohnung an, die sie dankend ablehnte.
Sie schämte sich nicht für ihre Herkunft. Sie war sich ihrer Wurzeln bewusst und liebte es, in der kleinen Hütte zu wohnen, auch wenn dies täglich über eine Stunde Anfahrtsweg zur Arbeit bedeutete.
Das war nicht wichtig. Wichtig war, dass sie bei ihrer Tante war.
Jedoch hatte sie große Sorgen, dass die Tage zusammen mit der alten Frau schneller vergehen würden, als die Bäume ihre Blätter verlieren.
Kapitel 4
Nick Adams war kein gläubiger Mensch. Dennoch betete er, als er das Flugzeug betrat, dass der Flug schnell vorübergehen möge. Er hasste Fliegen. Der einfache Grund war seine Flugangst, gepaart mit der Panik, die ihn immer in geschlossenen Räumen überkam. Fliegende Container waren somit das Letzte, was er sich wünschte. Aber dieser Auftrag war sehr wichtig, daher hatte er keine andere Wahl , sowohl seine Flugangst als auch die Klaustrophobie fürs Erste zu verdrängen und in die Lufthansa Maschine LH401 nach Frankfurt einzusteigen.
Wenigstens Business Class, versuchte er sich zu beruhigen , nachdem ihm die Stewardess seinen Platz zugewiesen hatte.
Die Türen wurden geschlossen, der Kapitän meldete sich und die üblichen Startmanöver wurden durchexerziert.
Kleine Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn.
„Flugangst?“, fragte der alte Mann, der neben ihm saß.
„Ja“, gab Nick unumwunden zu.
„Der Start ist das Schlimmste. Denken Sie dabei an etwas anderes“, versuchte ihm der alte Mann Mut zuzusprechen. An etwas anderes denken, der hat gut reden, dachte Nick, der sich verfluchte, wieder einmal eine so vorlaute Klappe gehabt zu haben. Niemand hatte ihn gedrängt gehabt , diesen Auftrag anzunehmen, da alle in der Firma von seinen Ängsten wussten, aber Nick hatte mal wieder den Mund zu voll genommen und musste die Suppe nun auslöffeln.
„Danke.“
„Hier nehmen Sie das“, sagte der alte Mann und gab ihm ein Buch.
„Die Bibel?“, fragte Nick überrascht.
„Was soll ich denn damit?“, fügte er hinzu und nahm sie nicht wirklich mit Freuden.
„Sind Sie nicht gläubig?“
„Nicht wirklich.“
„Schade, mir hat dieses Buch sehr viel gegeben und nun will ich ein Versprechen einlösen.“
„Fliegen Sie auch nach Tel Aviv?“, fragte Nick nun interessiert. Der alte Mann hatte, als er die letzten Worte sprach, demütig zur Seite geblickt. Eine Demut, die ein Kribbeln in Nick Adams auslöste.
„Ja, wir haben es dem Herren versprochen.“
„Dem Herren? Sie meinen, Sie haben es Gott versprochen“, sagte Nick und dachte, der Alte müsse wohl einer dieser Pilger sein. Er verstand die tiefgläubigen Menschen nicht, die ihr Leben nach irgendwelchen Religionen oder Bräuchen richteten. Er glaubte nicht an das Überirdische. Er glaubte einzig und allein an das Hier und Jetzt. In diesem Augenblick musste er daran denken, dass er beim Einsteigen ins Flugzeug auch
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