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Das Königsmädchen

Das Königsmädchen

Titel: Das Königsmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Fussel
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fast alle beim Baum angekommen und begutachteten uns unverhohlen. Heute Abend würden sie sicher in der Taverne sitzen und darüber reden, wen sie wählen würden, wenn sie der Oberste wären.
    Ich wünschte mir inständig, die Zeremonie wäre endlich vorbei, denn ich hasste es, im Mittelpunkt zu stehen. Ganz anders das Mädchen zu meiner Linken, die hochnäsig zur Menge schaute und ein starres Lächeln auf ihren Lippen hielt. Immer wieder strich sie durch ihr langes Haar und ließ ihre schwarze Mähne im Wind wehen. Sie ging mir gründlich auf die Nerven.
    Dann endlich kamen die alten Jungfern aus dem Tempel zurück, Atira führte sie natürlich an.
    »Ich bin so aufgeregt, Lilia, mir bleibt die Luft weg«, sagte Hanna und ich trat näher an sie ran, um ihr die Hand zu drücken.
    »Schließ die Augen und atme langsam ein und aus.« Sie tat, was ich ihr sagte, und nach ein paar Atemzügen lächelte sie mich wieder entspannter an.
    In diesem Moment kam die Sonne hinter einer dichten Wolke hervor und ich musste unweigerlich hinsehen. Ich blinzelte. Im selben Moment trat der Oberste ins Freie und ein Raunen ging durch die Menge. Endlich konnten ihn alle erkennen, nur ich nicht! Geblendet wie ich war, sah ich kaum etwas. Doch sein Name, von vielen gerufen, flog wie ein Windzug zu mir und ich atmete erleichtert aus.
    Kinthos.
    Wir kannten uns schon lange, denn auch er lebte mit seiner Familie auf dem Plateau. Sein Vater war einst der Oberste gewesen. Eigentlich war es so offensichtlich, dass man ihn wählen würde, dass ich selbst darauf hätte kommen können.
    Er war nicht viel älter als ich und wir hatten uns immer schon gut verstanden. Auch wenn es ein ungewohnter Gedanke war, ihn mir als Ehemann vorzustellen, war ich plötzlich sicher, dass ich mit ihm an meiner Seite glücklich sein könnte.
    Niemals würde er lügen oder seine Hand erheben. Das Volk jubelte, klatschte und die Zuschauer riefen seinen Namen, während er langsam auf uns zukam, bis ich ihn richtig erkennen konnte. In seinem zarten Gesicht spiegelten sich Scham und Unsicherheit.
    Auch wenn es vielleicht keinem so auffiel wie mir, sah ich, dass die Zeremonie ihm unangenehm war. In diesem Punkt glichen wir einander, denn wir beide wollten weder im Mittelpunkt stehen noch Aufmerksamkeit erregen.
    Sein Blick erhellte sich, als er mein Gesicht unter den Mädchen entdeckte. Er zog kurz den Mundwinkel schief und ich verstand, dass er sich nicht wohlfühlte. Wer sucht sich schon gerne eine Frau aus, wenn Hunderte einem dabei zusehen! Er begann auf der linken Seite und ging langsam an den ersten Mädchen vorbei. Nun musste er die Vorauswahl treffen. Wahrscheinlich kannte er die meisten Mädchen genauso wenig wie ich. Auch wenn wir uns manchmal ins Dorf schlichen, so fühlten wir uns dort beide unwohl. Man beobachtete uns und Bekanntschaften hatten wir in all der Zeit kaum gemacht.
    Wie vielen Mädchen wurde bereits heute die Chance verwehrt, ihn näher kennenzulernen? Je weniger Abstand er zwischen uns brachte, desto schneller hörte ich Hanna tief ein- und ausatmen. Ich drückte ihre Hand und spürte, dass sie zitterte. Kinthos kam direkt auf uns zu. Wie er sich in der letzten Zeit verändert hatte! Von heute auf morgen hatte ich ihn auf dem Plateau nicht mehr gesehen, aber ich war zu feige gewesen, zu ihm nach Hause zu laufen und nach ihm zu fragen. Nun war mir klar, dass man ihn im Tempel auf seine Aufgaben vorbereitet hatte.
    Ich sah ihn zum ersten Mal in Rüstung. Sie stand ihm gut, ließ ihn größer und breiter erscheinen. Auch die Brust wirkte massiv, voller Muskeln, doch ich wusste es besser. Wir waren vor nicht allzu langer Zeit zusammen am Fluss gewesen und sein Oberkörper war normal gebaut – nun jedoch ließ ihn sein Brustpanzer unheimlich stark wirken. Schade, dass man ihm die blonden Locken abgeschnitten hatte, sein Haar stand nun nicht mehr so wild ab. Man hatte seine Haare aus der Stirn gekämmt und sie in leichte Wellen gelegt. Den leichten Bart hatte man ihm sicher stehen lassen, damit er reifer wirkte.
    Er verbeugte sich höflich vor der hochnäsigen Ziege links neben mir und sie nickte ihm leicht zu. Zwei Mädchen weiter rechts fingen sofort an zu kichern, als er in ihre Richtung schaute. Langsam ging er zu ihnen, an Hanna und mir vorbei, blieb dann aber doch abrupt vor uns stehen.
    »Alles in Ordnung?«, fragte er mit seiner samtweichen Stimme und blickte von Hanna zu mir und zurück zu Hanna. Als sein Blick zu ihren Malereien am Hals

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