Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das leere Grab im Moor

Das leere Grab im Moor

Titel: Das leere Grab im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
Feriengebiet! Gibt’s hier
eigentlich Schlangen?“
    „Nur Kreuzottern“, sagte Tarzan
über die Schulter.
    „Nur? Da bin ich ja beruhigt.
Vor Blindschleichen hätte ich Angst“, flachste er.
    „Wohin führst du uns
eigentlich?“ fragte Gaby.
    „Zum Leeren Grab. Das liegt
etwas erhöht. Von dort haben wir einen tollen Rundblick übers Moor. Über einen
Teil jedenfalls.“
    „Uih!“ meinte Klößchen. „Da bin
ich noch nie gewesen. Aber ich habe schon davon gehört.“
    Das Leere Grab hieß so, weil es
tatsächlich leer war. Es handelte sich um einen nur wenige Meter hohen Hügel,
um eine Anhäufung von Felsgestein. Einer dieser mächtigen Brocken war
ausgehöhlt wie ein Trog. Gut einen Meter tief war die Mulde, einen halben breit
und etwa zwei Meter lang, je nach Phantasie konnte man sagen: wie eine
Badewanne. Aber auch wie ein Grab. Und einmal — vor 30 Jahren — hatte die
Vertiefung im Felsen tatsächlich als Grab gedient. Ein Verbrechen war der
Anlaß, ein Mord. Ein Wilddieb hatte einen Jagdaufseher erschossen, den Toten in
der Felsvertiefung verborgen und mit drei mächtigen Natursteinen die Öffnung
verschlossen. Dennoch — schon Tage später entdeckten Polizeihunde den Leichnam.
Er wurde zum Friedhof übergeführt, und auch die Ermittlungen der Polizei hatten
Erfolg. Der Mörder wurde gefaßt.
    Seitdem hieß die Stätte das
Leere Grab. Allerlei Spukgeschichten rankten sich darum. Abergläubische
Kräuterweiblein behaupteten, dort gäbe es Gespenster. Und nachts wagte sich
wohl niemand dorthin.
    „Vielleicht“, sagte Klößchen,
„ist die Schatzkiste ins leere Grab gefallen.“
    „Da müßte sie erst durch die
Steine schlagen“, sagte Tarzan. „Die liegen immer noch drauf — wie eine
Grabplatte.“
    Endlich hatten sie das Gestrüpp
überwunden. Vor ihnen tat sich die weite Moorlandschaft auf. Moose und
Heidekraut bedeckten den Boden. Gruppen von Erlen und Birken wuchsen überall.
Dazwischen verstellten Gestrüppinseln den Blick. Auch einige Baumriesen hatten
sich erhalten — dort, wo der Boden nicht so sumpfig, sondern fester war.
    Das Soiner Moor gehörte zu den
Hochmooren. In der Ferne wuchsen Berge empor. Zwischen ihnen und dem Moor
bildete Tannenwald einen blauschwarzen Gürtel.
    „Diese verdammten Mücken!“
fluchte Klößchen und schlug um sich. Er rannte ein paar Schritte. Aber der
Schwarm folgte ihm. Von jetzt an hörten die andern regelmäßiges Klatschen —
wenn Klößchen sich seiner Haut wehrte.

    „Da sind wir“, meinte Tarzan.
„Sie sehen, meine Herrschaften, das Leere Grab. Die bekannte Spukstätte des
Soiner Moors.“
    „Wie ein Mückenstich in der
Landschaft“, meinte Klößchen und ächzte die winzige Erhebung hinauf. Vier
Schritte reichten. Dann ließ er sich auf dem länglichen Felsbrocken nieder.
    Gaby blieb davor stehen.
    „Sieht aus wie ein Sarkophag (Steinsarg )“,
flüsterte sie ehrfurchtsvoll. „Und... das war er ja auch. Unfreiwillig,
sozusagen. In Grüften, wo Kaiser und Könige ihre letzte Ruhe haben, bin ich
schon ein paarmal gewesen. Die Sarkophage dort sind natürlich von
Steinbildhauern reich verziert. Aber die Form ist die gleiche wie bei diesem
Fels hier.“
    Tarzan deutete zu dem
Gedenkkreuz. Es war aus Schmiedeeisen und stand etwas hinter dem Leeren Grab,
im Schatten eines Busches.
    „Ich find’s toll hier“, sagte
Karl. Er holte ein Päckchen Kaugummi aus der Tasche und bot reihum an.
    Tarzan hatte die Daumen in den
geflochtenen Ledergürtel seiner Jeans gehakt. Nachdenklich blickte er auf die
drei länglichen Steine, mit denen die Öffnung des Leeren Grabes verschlossen
war. Es handelte sich um große flache Steine, fast wie Platten. Sie waren etwa
einen Meter lang, einen halben breit und unregelmäßig geformt.
    „Man könnte glauben“, sagte er
halblaut, „hier spukt es wirklich.“
    „Wieso?“ fragte Karl.
    „Vielleicht bilde ich’s mir nur
ein. Trotzdem — ich möchte fast wetten: Jedesmal, wenn ich hierher komme,
liegen die drei Steinplatten anders.“
    „Einbildung“, stellte Karl
fest. „Gespenster gibt’s nicht. Und Wind und Sturm rücken an den Dingern
bestimmt nicht. Da ist doch einer mindestens zentnerschwer.“
    Tarzan sagte nichts, zuckte
aber die Achseln.
    „Wie oft bist du denn hier?“
fragte Gaby.
    „So oft nun auch wieder nicht“,
antwortete er lächelnd. „Hast schon recht. Jedesmal liegen Wochen dazwischen.
Und da kann man sich natürlich täuschen.“
    „He, wo ist Oskar?“ fuhr
Klößchen

Weitere Kostenlose Bücher