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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Ratschläge gibst!« Sie streckte die Arme aus, um Deoris das Kind abzunehmen. »Gib mir den kleinen Plagegeist, ich muss zurück.«
    »Wir kommen mit«, sagte Domaris, aber Elis klemmte sich Lissa unter den Arm, winkte der Kinderfrau zu und eilte davon.
    Besorgt blickte Domaris ihr nach. Bis zu diesem Augenblick hatte sich ihr Leben in ordentlichen, vorgezeichneten Bahnen abgespielt, so vorhersehbar wie der Lauf eines Flusses. Jetzt kam es ihr vor, als habe die Welt sich verändert. Gerede über Schwarzmäntel, der Fremde aus Ahtarrath, dessen Anblick sie so sehr bewegt hatte - ihr ruhiges Leben schien plötzlich von seltsamen Geschehnissen und Gefahren bedroht zu sein. Sie wusste nicht, warum Micon einen so tiefen Eindruck auf sie machte.
    Deoris sah sie an, im Blick der veilchenfarbenen Augen lagen Unruhe und Zweifel. Erleichtert kehrte Domaris in die Welt ihr vertrauter Pflichten zurück. Sie musste sich darum kümmern, den Aufenthalt ihrer Schwester im Haus der Zwölf vorzubereiten.
    Später am Tag erhielt sie eine höflich formulierte Bitte von Micon. Sie möge doch den Skriptor noch an diesem Abend zu ihm bringen.
     
    In der Bibliothek saß Micon allein im Schatten einer Fensterbrüstung. Sein weißes Gewand leuchtete schwach in der Dämmerung. Seine ruhige Gestalt ausgenommen, war die Bibliothek verlassen, und es gab keine andere Lichtquelle als dieses schwache Leuchten.
    Domaris sang einen niedrigen Ton, und ein flackerndes goldenes Licht glühte rings um sie auf. Ein weiterer Ton, leiser gesungen, vertiefte das Licht zu einem milden Strahlen ohne erkennbare Quelle.
    Der Atlanter drehte sich beim Klang ihrer Stimme um. »Wer ist da? Bist du es, Tochter Talkannons?«
    Domaris trat vor. Deoris' kleine Hand hatte sich scheu in die ihre geschoben. »Herr Micon, ich bringe dir die Skriptor-Schülerin Deoris. Sie hat Anweisung, dir jederzeit zur Verfügung zu stehen und wird dir dienen.« Ermutigt durch Micons freundliches Lächeln, setzte sie hinzu: »Deoris ist meine Schwester.«
    »Deoris.« Micon wiederholte den Namen mit seinem weichen atlantischen Akzent. »Ich danke dir. Und wie wirst du genannt, Akoluthin Rajastas?« Noch ehe sie antworten konnte, erinnerte er sich. »Domaris...« Seine weiche, schwingende Stimme verweilte auf den Silben. »Und die kleine Skriptorin ist deine Schwester? Komm zu mir, Deoris.«
    Domaris zog sich zurück, während Deoris scheu vortrat und vor Micon niederkniete. Der Atlanter sagte betreten: »Du darfst nicht vor mir knien, Kind!«
    »Es ist so Brauch, Herr.«
    »Als Priestertochter bis du zweifellos gut erzogen«, lächelte Micon. »Aber wenn ich es verbiete?«
    Deoris erhob sich gehorsam und stand nun vor ihm.
    »Bist du mit dem Bestand der Bibliothek vertraut, kleine Deoris? Du scheinst noch sehr jung zu sein, und ich muss mich völlig auf dich verlassen, beim Schreiben ebenso wie beim Lesen.«
    »Warum?« platzte Deoris unvorsichtig heraus. »Du sprichst unsere Sprache, als seist du hier geboren! Kannst du sie nicht ebenso gut lesen?«
    Nur für einen Augenblick huschte ein gequälter Ausdruck über das dunkle, angespannte Gesicht. »Ich dachte, deine Schwester hätte es dir erzählt«, sagte er ruhig. »Ich bin blind.«
    Deoris war so überrascht, dass sie kein Wort hervorbrachte. Ein Blick auf Domaris, die ein paar Schritte hinter ihr stand, zeigte ihr, dass ihre Schwester kreidebleich geworden war. Auch sie hatte es nicht gewusst.
    Eine Weile herrschte verlegenes Schweigen. Dann griff Micon nach einer Schriftrolle, die in seiner Nähe lag. »Rajasta hat das hier für mich dagelassen. Ich würde dich gern lesen hören.« Er reichte Deoris die Rolle mit einer höflichen Geste. Das Kind setzte sich auf den Skriptorschemel, der zu Füßen von Micons Sessel gestellt worden war, und begann mit der gleichmäßigen, schwebenden Stimme zu lesen, die einen trainierten Skriptor nie im Stich ließ, ganz gleich, welche Gefühle ihn beherrschen mochten.
    Sich selbst überlassen, gewann Domaris ihre Gemütsruhe zurück. Sie trat in eine Mauernische und summte den leisen Ton, der diese strahlend hell erleuchtete. Sie versuchte, sich auf eine Textseite zu konzentrieren. Aber soviel Mühe sie sich auch gab, ihre Gedanken auf ihre eigenen Aufgaben zu richten, ihre Augen wanderten immer wieder, als besäßen sie einen eigenen Willen, zu dem Mann hinüber, der bewegungslos dasaß und dem monotonen Murmeln der Kinderstimme lauschte. Domaris hatte keine Ahnung gehabt! So normal waren seine

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