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Das magische Schwert

Titel: Das magische Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Rutkoski
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Tomik nahm ihr den Stein ab, ballte die Faust um ihn und drückte fest zu. Als er sie wieder aufmachte, strahlte das Glas vor Licht. »Ich habe ihn Glühstein genannt. Du musst ihn nur fest drücken, dann aktiviert die Wärme deiner Hand das Blei im Glas. Je länger du den Glühstein hältst, desto stärker wird das Licht. Zum Erforschen von Höhlen ist das toll, glaubst du nicht auch? Hier.« Er gab ihr den Glühstein. »Behalte ihn. Ich mach neue.«
    Petra steckte ihn in die Tasche.
    Atalanta kam wieder auf Petra und Tomik zugerannt. Als sie beim Tisch ankam, schlug ihr langer wedelnder Schwanz gegen das Zinnblech, das auf den Boden schepperte.
    Tomik bemerkte es jetzt erst. »Was ist das?«
    »Mein Vater hat gesagt, ich soll es herbringen. Ihr würdet es brauchen.«
    »Wozu?« Er hob es auf und betrachtete es. »Für Flachglas?«
    »Ich denke mal.«
    »Aber Flachglas braucht man für Fenster.«
    »Aha.«
    »Unsere Fenster haben sich in der letzten Zeit nicht sehr gut verkauft.Wir haben einen riesigen Vorrat dahinten.Vorerst müssen wir eindeutig keine mehr machen.«
    Petra runzelte verwirrt die Stirn.
    Dann plötzlich meinte sie, einen schrecklichen Schrei zu hören. Er kam von weit weg, doch er durchfuhr sie von oben bis unten.
    Die Grauen Männer heulten vor Vergnügen. Mühelos hatten sie den einen Teil ihrer Beute erwischt, und sie waren sicher, dass der andere nicht weit sein konnte.
    Petra keuchte.
    »Was ist los?«, fragte Tomik. Petras Gesicht war leichenblass.
    »Hast du das nicht gehört?«, schrie sie.
    »Was gehört?«, fragte Tomik.
    »Ich habe nichts gehört«, sagte Astrophil mit ernstem Gesicht.
    Atalanta winselte verunsichert.
    Petra taumelte auf die Beine. Das Heulen hatte aufgehört. In diesem ersten Moment der Stille starrte Petra auf das Blech und wusste schlagartig: Ihr Vater hatte sie angelogen.
    Sie rannte zur Tür.
    Als sie aus dem Haus zum Feuer stürzte, zog sich ein silbriger Faden von ihrem Rücken. Astrophil hing an seinem Ende, zog ihn so schnell er konnte ein und hoffte, dass sie zu spät kamen.

    Noch bevor Petra den Ortsrand erreichte, sah sie den Rauch. Sie drängelte sich durch die Leute auf der Straße. Und als sie endlich den letzten Ring Häuser hinter sich hatte, sah sie das Haus zum Kompass. Es brannte.
    Sie war nur noch wenige Meter von ihrem Zuhause entfernt und rief nach ihrem Vater, als der Erste der Gristleki sich auf seine zwei Beine aufrichtete. Drei weitere Graue Männer erhoben sich aus ihrer zusammengekauerten Position. Petra hatte nur die Flammen gesehen. Sie bemerkte die Gristleki erst, als sie sich bewegten.
    Schlitternd hielt sie an. Die vier Kreaturen glitten auf sie zu, ihre Klauen kratzten auf den Pflastersteinen. Sie hätten das Mädchen sofort ergreifen können, doch sie bewegten sich langsam, weil sie das liebten. Sie liebten es, die Angst auszukosten, die ihr Gesicht erstarren ließ, wenn sie näher kamen.
    Die Gristleki waren aschgrau und mit Schuppen bedeckt. Sie hatten eine trockene Haut, die knackte, als hätte irgendetwas
jede Flüssigkeit aus ihren Körpern gesaugt. Aber das Erschreckendste an den Gristleki war ihre Gestalt. Sie war menschlich. Auch wenn sie aussahen wie Skelette mit einer Schlangenhaut, die über die Knochen gespannt war, auch wenn ihnen Klauen von Händen und Füßen ragten, sahen diese Kreaturen doch so aus, als wären sie einmal Menschen gewesen.Vier schuppige Schädel schoben sich näher auf Petra zu. In ihren Gesichtern gab es keine Lippen. Sie hatten keine Augenbrauen oder Wimpern, als wären die abgeflämmt worden. Doch ihre Augen waren die von Menschen.
    Einer von ihnen machte den zahnlosen Mund auf. Petra starrte in das schwarze Loch. Sie versuchte, sich zu bewegen, doch ihre Füße waren wie in der Erde verwurzelt.
    »Petra!«, schrie ihr Astrophil ins Ohr. »Hör mich! Du musst rennen! Hörst du mich? Petra!« Er packte ihr Ohrläppchen so fest, dass ihr Blut auf den Hals tropfte.
    Sie trat einen Schritt zurück. Der zweite Schritt war einfacher.
    Einer der Gristleki grinste und zeigte sein Zahnfleisch.
    Der andere Graue Mann hatte bereits die erste Beute fortgeschleppt. Das war viel zu einfach gewesen. Die vier hofften, dass dieses Mädchen hier doch etwas mehr kämpfen würde. Sie lächelten jetzt alle und ermutigten sie.
    Für Petra gab es nur zwei Möglichkeiten: der Wald oder die Stadt. Selbst in ihrer Angst konnte sie diese Monster nicht zu den Menschen führen, die sie schon ihr ganzes Leben lang kannte.
    Sie

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